Скачать книгу

emotionalen Erleben lässt uns die geheimnisvolle Zauberin viel über die Geheimnisse der Leidenschaft und sexuellen Sphäre erahnen, auch wenn wir daraus nicht immer die definitiven spirituellen Erkenntnisse ziehen. Es kommt halt sehr darauf an, wie stark unsere eigene Magie in der die Frage betreffenden Situation ausgebildet ist, denn davon hängt die Tiefe unserer Lösung ab. In Beziehungen vertritt sie Empfängnis, Verschmelzung und kontemplative Versenkung (zu den Quellen der Mütter), und für Singles ist sie ein innerer Wegweiser zu intuitiver Erkenntnis, Nähe und Energie-Austausch. Wir streben aber nicht nur danach, uns in den Fata Morganen glitzernder Sirenengesängen zu verlieren, sondern sind auch gewillt, zu den Urquellen zurückzukehren. Wir möchten die tiefe innere Erfüllung in uns und durch die anderen spüren, weil die Karte nicht nur das Symbol einer seelischen Verschmelzung darstellt, sondern auch für die Ziele des Unbewussten steht, die unsere Seele in ihren Träumen visualisiert. Denn wir sind tief in Geheimnisse der Seele involviert und haben intuitiven Zugang zu allen Funktionen des Lebens.

      Die Hohepriesterin im Lebensbaum

      – Tiefergehende Erkenntnisse –

      Ich starrte auf die Mauer, in deren Mitte mir plötzlich eine leuchtende Vagina wie ein halluzinogener Fleck entgegenraste, und dann verdampfte das Bild und hinterließ im Boden ein Loch, durch das ich wie ein Stein hindurch fiel. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, das Wesen des Loches zu erfassen, denn es lud mich ein, mich mit ihm restlos zu verschmelzen. Aber in der Sekunde, in der ich versuchte, die Unterschiedlichkeit unserer Wahrnehmungen miteinander in Einklang zu bringen, verlor ich alle Fähigkeit, meine Anschauungen zu unterscheiden. Ich sah nur, dass ich da mit irgendetwas in mir in Verbindung trat, das mich überall umgab und von dem ich wusste, dass es eine Frau war, obwohl ich auf der anderen Seite gleichzeitig erkannte, dass ihre Silhouette wiederum nur ein Loch in der Mauer war.

       Dantes Inferno – Akron, 2000

      Die Hohepriesterin als Glyphe des höheren Selbst

      – Die geistige Sphäre –

       JHVH = Jahwe

      Die Hohepriesterin ist die erste Karte der Trümpfe, die eine Verbindung der Göttlichen Trinität (Kether, Chokmah, Binah) mit dem Solarplexus (Tiphareth) unterhalb des Abyssos darstellt. Wenn wir diese vier Punkte miteinander verbinden, entsteht ein Kreuz, das im übertragenen Sinn dem kabbalistischen Namen Gottes entspricht, dem göttlichen Jehova, der in die Herzen der Menschen einfließt (Jahwe = JHVH = Jod Heh Vau Heh). Die Kabbalisten teilen sowohl die Schöpfung als auch die Seele in vier Abschnitte ein, von denen jeder einem Buchstaben des Großen Namens entspricht. Im Tarot stehen die Stäbe für das Feuer = Jod, die Kelche für das erste Heh = Wasser, die Schwerter für das Vau = Luft und die Scheiben für das zweite Heh = Erde (von rechts nach links gelesen):

       Der vollkommene Mensch

      Man kann Tiphareth auch durch die Achse Chesed-Geburah ersetzen und die fünf Punkte übers Kreuz miteinander verbinden, dann erhalten wir ein Pentagramm. Dieses Zeichen wurde mit seinem goldenen Schnitt sowohl zur Grundlage vieler Kirchenbauten als auch zum Symbol für den vollkommenen Menschen (= Gott).

       JHVH + Shin = Jeheshua, der erlöste Gott

      Durch die Verbindung von Pentagramm und Kreuz gesellt sich zu den Grundstoffen Feuer, Wasser, Luft und Erde das Element Shin oder Geist hinzu. Shin ist das Feuer des Geistes, das herabsteigt und das Tetragrammaton erleuchtet. Aus JHVH wird das erweiterte Tetragrammaton oder Pentragrammaton JHShVH (Jod Heh Shin Vau Heh), und das steht im hebräischen Alphabet für den Namen Jesus, des Gottessohns. Er ist der göttliche Funken ewiggültiger Vitalität:

      – Die materielle Sphäre –

       Die Hure Babalon (christlich: Maria Magdalena)

      Wenn wir das Pentagramm an den Punkten Chesed und Geburah umklappen und nach unten biegen, dann kommt die Spitze von Kether nach Jesod zu liegen und wir haben einen Drudenfuß. Durch Crowleys Sicht, der darauf stigmatisiert zu sein scheint, in allen traditionell-christlichen Bezügen eine sexuell verdrängte Haltung zu sehen, können wir das Kreuz als Symbol des Phallus verstehen, der in die Vagina der Scharlachhure Babalon als Symbol des Sündenpfuhls Babylon eindringt, um damit die Schöpferquelle an der Wurzel zu berühren. Sexuell gesprochen wäre Tiphareth dann der Scheideneingang, durch denn der Penis (das aufrechte Kreuz) in das Innere der Materie eindringt. Aus christlicher Sicht können wir das Kreuz aber auch als Erlöserinstrument betrachten, das in den Sündenmorast des umgedrehten Pentagramms »sticht«, um den Geist darin zu wecken und zur Spitze nach Kether zurückzuführen (Beispiel: Maria Magdalena). In der Gnosis ist diese die Gefährtin von Jesu, die ihm ein Kind gebiert, und in der Bibel die Prostituierte, die Jesu die Füße wäscht.

       Der »onanierende« Eremit mit der Laterne

      Oder wir stellen das Kreuz auf den Kopf (Jesod), dann berührt es die Scheide des Göttlichen am umgestülpten, implodierten Punkt Daath. Motto: Die empfangende Materie zieht den männlichen Geist an sich heran. Dann wäre der Phallus die Spitze des Wissens, die an der Schwelle des Unfassbaren anklopft.

       Der Schwarzmagier (Das Gründeln in der Hölle)

      Wir können aber auch beides nach unten klappen. Dann schwingt die abwärtsgerichtete Energie auf der Grundlage von Daath oder Daäth12, der falschen Sephira, Wohnsitz des Erzdämons Choronzons, der die Seele mit unseligen Verlockungen in den Verstrickungen des Ego festhält.

      – Die kombinierte Sphäre –

       Der persönliche Schutzengel (Holy Guardian Angel)

      Fassen wir zusammen: Die an der Achse Chesed-Geburah gespiegelten Symbole Pentagramm und Kreuz verkörpern die Idee dessen, was wir unser ineinander verschränktes geistiges und materielles Weltbild nennen. Es ist die Urprägeform oder der schöpferische Topf, aus dem wir die Welt nach unserer Vorstellung nachbilden. Die obere Hälfte sendet den geheimnisvollen Ruf aus den Wassern des Unbewussten aus, die Sehnsucht nach Gott, die uns zur Schöpfung antreibt, während der untere Teil die Libido verkörpert, der instinktive Wunsch, über die sexuelle Ekstase die materielle Gebundenheit zu sprengen. Wo Crowley die Wasser des Abyssos durch einen sexuellen Akt mit spirituellem Orgasmus zu überwinden sucht (für seinen Orden Argenteum Astrum war Pfad 13 die Startbahn zum Ipsissimus über den Magister Templi), erlöst Parzival den sündigen Amfortas mit der heilenden, die Wunde schließenden Berührung des Schwerts.

      Um die spirituelle Tiefe dieser Karte zu verstehen, müssen wir wissen, dass es sich bei der Hohepriesterin

Скачать книгу