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an Backbord der beiden Schiffe die Riemen im Wasser blieben. Mit wenigen Ruderschlägen an Steuerbord wurden die Galeeren gedreht. Mit der Galeone hätte Hasard für das gleiche Manöver sicher die doppelte Zeit benötigt.

      Ben Brighton tauchte neben ihm auf.

      „Alle Kanonen bereit zum Feuern!“

      Hasard nickte gelassen, obwohl er sich darüber im klaren war, welch ausgezeichnete Leistung der Bootsmann mit seinen Männern vollbracht hatte. Hasard hatte auf den Schiffen des alten Killigrew gelernt, mit dem Lob zu geizen.

      „Teil die Leute ein, Ben“, sagte er. „Ich brauche sechs Männer für die Segel. Sechs Männer müssen genügen, um die Geschütze auf dem Hauptdeck abzufeuern. Du und Ferris, ihr bedient die Kanonen auf dem Quarterdeck.“

      „Das schaffe ich allein“, sagte der Schiffszimmermann Ferris Tucker. Der rothaarige Riese blickte Hasard herausfordernd an.

      „In Ordnung, Ferris“, sagte Hasard. „Ben, laß alles Zeug setzen, was du an die Rahen kriegst.“

      „Sollen wir das Dinghi noch an Bord nehmen?“ fragte der Bootsmann.

      Hasard schüttelte den Kopf.

      „Kapp das Tau“, sagte er. „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“

      Ben Brighton nickte und jagte sechs Männer an die Schoten und Brassen der Rahen.

      Hasard beobachtete die beiden Galeeren, die sich immer weiter voneinander entfernten. Zuerst war er sich nicht darüber im klaren, was sie damit bezweckten, aber als eine der Galeeren an Backbord schräg auf sie zugepullt wurde, wußte er, daß die Galeere die „Isabella“ an ihrer schwächsten Stelle, am Heck, rammen wollte. Gleichzeitig entging die Galeere damit dem Schußfeld der Kanonen.

      Hasard preßte die Lippen aufeinander. Die Segel hingen schlaff von den Rahen. Nur das Großmarssegel bauschte sich etwas in der schwachen Brise. Die schwerfällige Galeone nahm kaum Fahrt auf.

      Die Galeere achteraus näherte sich ziemlich schnell. Hasard blickte in die drohenden Mündungen der schweren Kanonen, die nebeneinander am Bug der Galeere aufgebaut waren.

      Verdammt, wo blieb der Wind, der sie aus dieser hoffnungslosen Situation befreite?

      Hasard hörte die heiseren Rufe seiner Männer. Er spürte die Furcht, die in ihnen steckte, und er konnte es ihnen nicht verdenken.

      Immer näher schob sich die Galeere von achtern heran. Sie hatte eine wesentlich höhere Geschwindigkeit als die zweite, die sich von vorn näherte. Hasard hörte den dumpfen Trommelschlag, mit dem das Tempo der Riemenschläge angegeben wurde. Die sanfte Brise trieb einen fürchterlichen Gestank über das Deck der „Isabella“.

      Hasard zog die Nase kraus. Er hatte davon gehört, daß die Rudersklaven ihre Notdurft auf ihren Bänken verrichten mußten. Er bedauerte die armen Kerle, die angekettet schwerste Arbeit verrichten mußten, bis sie vor Erschöpfung starben oder beim Kampf getötet wurden.

      Hasard haßte alle Arten von Sklaverei. Er wußte, daß auf den Galeeren viele Mörder und Verbrecher waren, aber selbst diesen Männern mochte er ein solches Schicksal nicht gönnen. Dann war ein schneller Tod immer noch besser.

      Auf der Galeere, die sich von achtern näherte, wurden die Groß- und Fockrah heruntergelassen und weit nach vorn gestreckt. Auf dem breiten Steg zwischen den Ruderbänken stand eine Schar von Männern. In den Klingen ihrer Degen brachen sich die Strahlen der morgendlichen Sonne.

      Hasard war sich darüber im klaren, daß sie verloren waren, wenn es den Männern von der Galeere gelang, über das Achterkastell der Galeone zu entern.

      Er rief dem Rudergänger einen Befehl zu. Die Galeone drehte sich unmerklich. Hasard merkte, wie die Erregung ihn packte. Die Galeere war nur noch eine Schiffslänge vom Heck der Galeone entfernt. Gleich würden die Spitzen der Rahen die Heckgalerie streifen.

      In diesem Augenblick handelte Hasard.

      „Hartruder!“ brüllte er. „Steuerbordgeschütze feuerbereit!“

      Innerhalb von Sekunden änderte sich die Situation. Die Männer auf der Galeere, die den Sieg schon in der Tasche zu haben glaubten, mußten mitansehen, wie die Galeone plötzlich abdrehte. Der spitze Bug der Galeere schoß am Heck der „Isabella“ vorbei. Ehe die Ruderer ihre Riemen einziehen konnten, wurden sie von der Steuerbordseite der Galeone zertrümmert. Holzsplitter flogen durch die Luft.

      Hasard beugte sich über das Schanzkleid der Quarterdecks. Er sah, wie die Ruderer auf der Galeere von den wild herumschwenkenden Riemen von den Bänken gefegt wurden. Die Männer brüllten. Einem Ruderer wurde von einem splitternden Riemen der Arm vom Körper getrennt. Blut spritzte über die anderen Männer.

      Hasard wußte, daß diese Leute für den Angriff auf die „Isabella“ nicht verantwortlich waren, doch er konnte keine Rücksicht auf sie nehmen, wenn er das Schiff und seine Männer heil nach England bringen wollte.

      „Feuer!“ brüllte er.

      Die drei Kanonen an Steuerbord des Hauptdecks spuckten ihre tödlichen Ladungen auf das Deck der Galeere, das dem Feuer völlig ungeschützt preisgegeben war.

      Innerhalb von Sekunden war auf der Galeere die Hölle los. Verwundete Männer wälzten sich in ihrem Blut. Die Ruderer schrien vor Verzweiflung. Sie zerrten an ihren Ketten, mit denen sie an den Ruderbänken gefesselt waren. Doch es war hoffnungslos.

      Hasard wandte den Blick von dem Inferno ab. Er sah, wie seine Männer die sechs Kanonen an Steuerbord hastig nachluden. Ferris Tucker hatte nicht gefeuert. Die Galeere war zu dicht an der „Isabella“ gewesen, so daß die Kugel seiner Kanone wirkungslos über sie hinweggestrichen wäre.

      Dafür hatte Ferris Tucker mit seinen Bärenkräften die Lafette geschwenkt. Hasard verfolgte die Laufrichtung der Kanone und erkannte, daß der Schiffszimmermann die andere Galeere im Visier hatte.

      „Eine Flasche vom Wein des Capitans, wenn du triffst, Ferris“, sagte Hasard.

      „Das ist ein Wort, Hasard!“

      Ferris Tucker riß die Wollmütze von seinem rothaarigen Schädel und visierte noch einmal, bevor er die Lunte an das Zündloch hielt.

      Mit ohrenbetäubendem Krachen entlud sich das Geschütz. Die Lafette rumpelte auf den kleinen, massiven Holzrädern über die Planken des Quarterdecks. Die Brooktaue zerrten in den Verankerungen im Schanzkleid.

      Eine Pulverdampfwolke hüllte Hasard und Ferris Tucker ein. Hasard trat ein paar Schritte zur Seite. Als er die Galeere wieder sah, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Die Kugel aus Ferris Tuckers Kanone hatte den Bug der Galeere in ein Chaos verwandelt.

      Die Männer auf dem Hauptdeck brüllten vor Begeisterung.

      Hasard schaute sich nach Ferris Tucker um. Der rothaarige Riese tat, als sei dieser Schuß das Selbstverständlichste auf der Welt. Nur an dem Zucken der Augenbrauen erkannte Hasard, wie sehr sich der Zimmermann über den erfolgreichen Schuß freute.

      „Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf“, sagte Ferris Tucker heiser, „ich habe für zwei Flaschen geschossen.“

      „Genehmigt, Mann.“ Hasard wollte noch etwas sagen, als es in der Takelage der „Isabella“ leise zu singen begann. Das Großsegel und die Fock füllten sich mit dem steifer werdenden Wind, und die „Isabella“ legte sich sanft nach Backbord, als Ben Brighton die Segel trimmen ließ.

      „Kurs Nordwest, Ben!“ rief Hasard. „Auf nach Old England!“

      4.

      Die beiden schwer beschädigten Galeeren blieben schnell hinter der „Isabella“ zurück, und nach einer Stunde waren nicht einmal mehr ihre Mästspitzen zu sehen. Philip Hasard Killigrew hatte den Weinvorrat des Capitans, den er wieder in die Offizierskammer hatte sperren lassen, geplündert und jedem seiner Männer eine Flasche zugeteilt. Sie hatten schließlich nicht weniger Verdienst an dem Sieg über die beiden Galeeren

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