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aus großer Höhe unglücklich aufschlug.

      Aber Dan O’Flynn riß die Arme nach vorn, steckte den Kopf dazwischen und tauchte in die Wasseroberfläche, geschmeidig wie ein Delphin.

      Hasard beobachtete den Schatten Dans unter Wasser. Der Junge schoß auf die Stelle zu, auf der das kleine Paket aufs Wässer geklatscht war und nun langsam zu sinken begann.

      Batuti schwamm wie ein Verrückter. Das Wasser spritzte um ihn herum hoch auf. Er hatte noch nicht einmal bemerkt, daß O’Flynn von der Großrah gejumpt war.

      Dann tauchte der Blondschopf des Jungen auf. Sein rechter Arm stieß triumphierend in die Luft. Die Hand hielt das kleine Paket, für das der spanische Capitan sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte.

      Romero Valdez hatte die Aktionen der Engländer bewegungslos verfolgt, aber jetzt reagierte er wild. Das Dinghi trieb an Dan O’Flynn heran. Valdez hob den schweren Riemen und schlug mit Voller Wucht zu.

      Der Junge erkannte die Gefahr erst im letzten Augenblick. Er versuchte sich herumzuwerfen, doch es gelang ihm nicht mehr ganz. Der Riemen traf seine linke Schulter und rutschte ab. Wasser spritzte hoch auf.

      Valdez brüllte spanische Flüche. Wieder hob er den Riemen, um ihn abermals auf Dan O’Flynn niedersausen zu lassen.

      Hasard befahl Ferris Tucker hastig, eine Muskete herzuschaffen. Ehe es dem Capitan gelang, Daniel O’Flynn zu erschlagen, wollte Hasard lieber den Spanier töten.

      Valdez schlug abermals zu. Doch diesmal klatschte der Riemen fast einen Yard von Dan entfernt aufs Wasser.

      Der Capitan torkelte. Er hatte den Halt verloren. Seine Arme ruderten wild durch die Luft. Der Riemen kippte über Bord und schwamm in Sekundenschnelle davon.

      Valdez krachte mit dem Rücken gegen die Ducht. Er schüttelte benommen den Kopf und wollte sich aufrichten, als das Dinghi wieder zu schwanken begann und die Steuerbordseite sich der Wasseroberfläche zuneigte.

      Dem Gesicht des Capitan war das Entsetzen anzusehen, als der schwarze Wollkopf Batutis über dem Dollbord auftauchte. Ehe Valdez reagieren konnte, hatte sich der Schwarze ins Dinghi gezogen, den Capitan am Wams gepackt und ihm eine kräftige Ohrfeige verpaßt, die ihn beinahe über Bord befördert hätte.

      Batuti konnte ihn gerade noch an den Pumphosen packen und zurückzerren.

      Prustend tauchte Dan O’Flynn am Heck des Dinghis auf. Seine Finger hatten sich in die Lederkassette gekrallt. Mit dem rechten Arm versuchte er, sich hochzuziehen. Der linke Arm hing an seinem Körper hinunter. Valdez schrie auf, als er die Lederkassette in der Hand O’Flynns entdeckte. Die Wut verlieh ihm ungeheure Kräfte. Er stieß Batuti die Faust ins Gesicht, daß der Neger zurücktaumelte, über die Ducht stolperte und sich krachend auf die Bodenbretter setzte. Aber er hatte es noch geschafft, im Fallen mit dem rechten Fuß nach Valdez zu treten und ihn ebenfalls zu Fall zu bringen.

      Valdez war wie eine Katze wieder auf den Beinen. Er bückte sich und riß den Steuerbordriemen hoch. Um den fluchenden Neger, der sich hinter ihm hochrappelte, kümmerte er sich nicht. Sein Augenmerk war einzig und allein auf den blonden Jungen gerichtet, der am Heck des Dinghis hing und die kostbare Kassette in den Fingern hielt, die den Engländern um keinen Preis der Welt in die Hände fallen durfte.

      Valdez stieß mit dem Riemen zu. Er spürte einen heftigen Schlag gegen seinen linken Arm. Sekundenbruchteile später hörte er den dumpfen Knall, und dann setzte ein fürchterlicher Schmerz ein.

      Valdez schrie. Er wollte die Lippen aufeinanderpressen, aber es ging nicht. Der Schmerz schien seinen Arm in zwei Stücke zu zerreißen. Er blickte an sich hinunter und sah, wie Blut den zerfetzten Ärmel seines Wams tränkte. Valdez sackte auf die Knie. Sein Schreien ging in ein Wimmern über. Er nahm nicht wahr, wie Batuti den benommenen Dan O’Flynn ins Dinghi zog.

      Aus verschwommenen Augen blickte Valdez zum Achterkastell der „Isabella“ hoch, auf dem der schwarzhaarige Engländer mit einer rauchenden Muskete im Arm stand.

      Knarrend bewegte sich das Ruder, und die „Isabella“, deren Segel inzwischen von der Besatzung aufgegeit worden waren, drehte ihren Bug langsam auf das Dinghi zu.

      Batuti hatte sich aufgerichtet und hielt dem vierschrötigen Blacky, der bäuchlings auf der Backgräting lag, den Riemen entgegen. Blacky packte ihn und zog das Dinghi hinter die Back der Galeone.

      Vom Vorkastell flogen Taue hinunter ins Boot. Batuti fing sie auf. Das erste wickelte er Dan O’Flynn um den Bauch. Der Junge konnten seinen linken Arm immer noch nicht bewegen. Mit lauten Rufen hievten die Männer O’Flynn an Bord.

      Als zweiter war Valdez an der Reihe. Der Capitan schien aus einem Trancezustand zu erwachen, als Batuti ihm das Tau um die Taille schlingen wollte. Er drehte sich abrupt um und wollte dem Schwarzen abermals seine Faust ins Gesicht setzen.

      Diesmal war Batuti auf der Hut. Er verpaßte dem Spanier eine Kopfnuß, daß er in die Knie ging. Danach konnte Batuti ihm in aller Ruhe das Tau umbinden.

      Das dritte Tau befestigte der Neger am Dinghi. Er schob den Riemen in die Halterung am Dollbord und wollte dann am Tau zum Vorkastell hochklettern.

      Die helle Stimme von Dan O’Flynn ließ ihn zusammenzukken: „Zwei Galeeren Steuerbord voraus!“

      Philip Hasard Killigrew hatte von der Poop aus beobachtet, wie Dan und der Capitan an Bord geholt worden waren. Noch vor dem Warnruf des Blondschopfes hatte er die beiden schlanken Schiffe entdeckt, die mit gleichmäßigem Riemenschlag auf sie zuruderten.

      Hasard fand keine Zeit mehr, den schwachen Wind zu verfluchen, der dem schwerfälligen Schiff wenig Bewegungsfreiheit verschaffen konnte. Die Gedanken jagten sich in seinem Hirn. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Batuti über das Schanzkleid des Hauptdecks kletterte. Ben Brighton hastete den Niedergang zum Quarterdeck hoch und blickte Hasard fragend an.

      „Sie halten seewärts an uns vorbei“, rief der Bootsmann. „Sie wollen uns den Weg auf See hinaus abschneiden.“

      Hasard nickte. Er hatte es bereits bemerkt. Er wußte, daß Ben Brighton von ihm den Befehl erwartete, sämtliche verfügbaren Segel zu setzen, um mit dem bißchen Ostwind, der nicht einmal die kleinsten Wellen brachte, auf See zu entwischen.

      „Alle Mann an die Kanonen, Ben“, sagte Hasard kalt. „Ich möchte, daß sie innerhalb von einer Viertelstunde feuerbereit sind.“

      Ben Brightons Unterkiefer klappte nach unten. Der Bootsmann blickte demonstrativ zu den aufgegeiten Segeln hoch. Hasard wußte genau, was dieser Blick besagen sollte. Er drehte sich abrupt um und ging daran, die Muskete nachzuladen, die er auf Valdez abgefeuert hatte.

      Dan O’Flynn hatte Ben Brighton die kleine Lederkassette zugeworfen, und der Bootsmann reichte sie an Hasard weiter. Die eisblauen Augen des jungen Killigrew schienen den Bootsmann zu durchbohren.

      „Es bleibt dir nicht mehr viel Zeit, Bootsmann“, sagte er scharf.

      „Aye, aye, Sir!“ Ben Brighton stieß die Worte durch zusammengepreßte Zähne hervor. Er drehte sich um und krallte die Hände um die Balustrade des Quarterdecks.

      „Klarschiff zum Gefecht!“ brüllte er.

      Mit kurzen Handbewegungen und knappen Befehlen teilte er die Leute ein. Ferris Tucker und zwei weitere Männer luden die Geschütze auf dem Quarterdeck. Der Mann, der den bewußtlosen Valdez in die Offizierskammer gesperrt hatte und nun wieder am Niedergang auftauchte, wurde der Mannschaft an Steuerbord zugeteilt. Ben Brighton jagte auch noch die beiden Männer, die Ferris Tucker auf dem Quarterdeck halfen, hinunter aufs Hauptdeck. Als er sah, daß alle Männer wußten, was sie zu tun hatten, packte er mit an und lud die beiden Kanonen des Quarterdecks.

      Hasard Killigrew hatte die Lederkassette in die Kapitänskammer gebracht und ins Geheimfach gesteckt. Gleich darauf stand er wieder auf dem Quarterdeck.

      Die beiden Galeeren waren nur noch ein paar Kabellängen entfernt. Hasard hatte solche großen geruderten Schiffe noch nie gesehen. Er hatte immer gedacht, daß sie plump aussehen müßten. Jetzt war er überrascht, wie elegant sich diese schlanken

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