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die passende Kleidung?“

      „Ja, das möchte ich auch mal wissen“, sagte Sam.

      Al lachte grimmig. „Die besorgen wir uns schon, und zwar im Hafen von Benghasi. Wenn wir jetzt mit unserem kleinen Beiboot dorthin zurückkehren, fällt das nicht weiter auf.“

      Sie hielten noch eine Weile Kriegsrat, und auch Pete, Smoky, Bob und Will meldeten sich zu dem Unternehmen, schließlich aber überließ es Ben Brighton doch Sam und Al, die Sache in die Hand zu nehmen.

      Kurze Zeit darauf trafen sie erneut im Hafen ein und sahen sich nach einer Möglichkeit um, sich passende Kleidung zu beschaffen. Sie stießen auf einen ambulanten Händler, der, voll bepackt mit Tüchern und Gürteln, schweren Schrittes am Kai entlangmarschierte und nach Kundschaft Ausschau hielt, und plötzlich grinste Al und stieß Sam mit dem Ellbogen an.

      „Das ist unser Mann“, zischte er. „Los, nichts wie hin.“

      Für nur eine Münze erstanden sie zwei Kaftans, die sie sich schleunigst überstülpten, und auch Kopftücher erhielten sie, die sie nach Art der Beduinen um ihre Köpfe wickelten. Einigermaßen gut getarnt verabschiedeten sie sich von dem Händler, der nicht aufhörte, sich tief vor ihnen zu verneigen, und begaben sich zu dem Palast von Uluch Ali, über dessen Lage Sam ja durch Hassan genau unterrichtet war.

      8.

      Uluch Ali liebte öffentliche Auftritte über alles. So saß er auf dem freien Platz vor seiner Residenz unter einem Baldachin, der die Sonnenstrahlen von ihm fernhielt, eine Messingkanne mit Tamarindensaft in Reichweite, und schaute böse auf Old O’Flynn, der vor ihm stand.

      Man hatte dem alten O’Flynn einen Strick um den Hals gebunden, und einer von Uluch Alis Schergen, ein bulliger negroider Typ mit Ohrringen, hielt das andere Ende des Seiles fest, damit der Gefangene ja nicht weglaufen konnte. Hinter Ali standen zwei weitere Muselmanen mit finsteren Mienen, und im Hintergrund konnte man die Segler beobachten, die im Hafen von Benghasi vor Anker lagen oder an den Piers vertäut hatten.

      Nur einer der hinter Uluch Ali stehenden Männer war ein Leibwächter wie der Schwarze, der andere war gerufen worden, um bei dem nun beginnenden Verhör als Dolmetscher zu fungieren. Viele Menschen hatten sich inzwischen auf dem gepflasterten Vorplatz der Residenz versammelt, und alles wartete gespannt auf das, was sich abspielen würde.

      Sam Roskill und Al Conroy gelang es, sich unter die Neugierigen zu mischen. Sie drängelten sich so weit nach vorn vor, wie es ihnen möglich war, und konnten nun von der zweiten Reihe der Schaulustigen aus alles genau verfolgen.

      Old Donegal Daniel O’Flynn ahnte bereits, was ihm bevorstand, und gab sich über sein Schicksal keinen Illusionen hin. Der Kerl da mit dem Bart und der großen Nase war Uluch Ali, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte, aus dieser üblen Lage gab es vorerst keinen Ausweg. Ali würde Rache üben für die Schmach, die sie, die Seewölfe, ihm seinerzeit zugefügt hatten. Gewiß, das alles lag lange zurück, aber ein Mann wie Ali vergaß nichts, er konnte über Jahrzehnte hinaus seine Rache nähren.

      Dennoch waren Old O’Flynns Mut und Widerstandsgeist ungebrochen. Er nahm sich in diesem Augenblick fest vor, nichts zu verraten, nicht einmal etwas darüber, ob er nun allein nach Benghasi gekommen war oder ob er Begleiter hatte, die auf ihn warteten.

      Er hatte außerdem noch eine Trumpfkarte im Ärmel, von der er selbst seinen Kameraden gegenüber nie etwas hatte verlauten lassen. Nicht mal Hasard hatte er eingeweiht. Das Geheimnis hatte er stets für sich behalten. Das war so eine Marotte von ihm, gewiß nicht seine einzige, aber doch wohl seine wertvollste, wie er jetzt selbst erkannte. Diese Trumpfkarte also, die er wie seinen Augapfel hütete, konnte über Leben und Tod entscheiden, und er beschloß, sie erst im Moment höchster Gefahr auszuspielen.

      Uluch Ali betrachtete seinen Gefangenen mit einem Ausdruck triefenden Hohns. Er hob die Hand, winkte seinem Dolmetscher zu und sagte: „Befiehl ihm, vor mir niederzuknien.“

      Der Dolmetscher verneigte sich vor seinem Herrn, trat dann einen Schritt näher an Old O’Flynn heran und wiederholte auf englisch, was Ali angeordnet hatte.

      „Dein Englisch ist miserabel“, sagte Old O’Flynn. „Laß dir dein Lehrgeld zurückgeben, Kerl.“

      „Was sagt er?“ fragte Uluch Ali.

      „Daß mein Englisch schlecht ist“, erwiderte der Übersetzer.

      „Dein Kopf wird rollen und noch heute abend ins Hafenwasser fallen, wenn du dich nicht verständigen kannst!“ schrie Ali, und seine Schläfenadern schwollen bedrohlich an. Er hatte ohnehin schon Schwierigkeiten gehabt, einen Mann zu finden, der der englischen Sprache einigermaßen mächtig war. Was nun, wenn eine Verständigung unmöglich war?

      „Knie nieder!“ fuhr der Dolmetscher Old O’Flynn an.

      „Dir huste ich was!“ gab der Alte nicht weniger laut zurück.

      „Mein Herr und Fürst“, wandte der Dolmetscher sich nun wieder an Ali. „Ich bin überzeugt, daß er den Sinn meiner Worte voll erfaßt. Doch er weigert sich, den Befehl zu befolgen.“

      Uluch Ali sah seinen Gefangenen aus zornblitzenden Augen an. „Auf die Knie mit dir, du Bastard von einem Giaur!“ brüllte er.

      „Knie nieder!“ schrie auch der Dolmetscher.

      Old O’Flynn verzog ein wenig den Mund, dann ruckte sein Kopf nach vorn, und er spuckte genau auf den Rand des Teppichs, der unter dem erhabenen Beylerbey ausgebreitet worden war – zum Entsetzen Alis und seiner Gefolgschaft und zur Erheiterung der Menschenmenge. Jemand lachte laut, verstummte aber sofort, als Alis Leibwächter mit ihren Speeren zu fuchteln begannen.

      Uluch Ali war auf seiner Sitzbank zurückgezuckt, jetzt aber schoß sein Kopf wieder vor, als wolle er mit seiner Nase nach dem Alten hacken.

      „Auf die Knie!“ rief er noch einmal, obgleich ihm das Blut zu Kopfe stieg und er Old O’Flynn am liebsten hätte niederstechen lassen. „Zwingt ihn dazu!“

      Er wollte durchsetzen, daß sich der Alte vor ihm auf das Pflaster warf, und das war eine doppelt gemeine Demütigung, weil Old O’Flynn mit seinem Holzbein ohnehin Schwierigkeiten hatte, sich hinzuknien.

      Noch einmal forderte auch der Dolmetscher den Gefangenen dazu auf, die Anweisung des großen Ali endlich zu befolgen, doch Old O’Flynn dachte nach wie vor nicht daran, ihr Folge zu leisten. Also blieb er stur stehen und setzte obendrein auch noch ein herausforderndes Grinsen auf.

      Das war zuviel. Uluch Ali gab dem Schwarzen einen Wink, und dieser fing sofort an, wie verrückt an dem Strick zu zerren. Da konnte der alte O’Flynn um sein Gleichgewicht kämpfen, soviel er wollte, alles Sträuben und Fluchen nutzte ihm nichts mehr, denn der Strick schnürte sich um seine Kehle und raubte ihm die Atemluft. Stöhnend krümmte er sich.

      Dann benutzte der Leibwächter das andere Ende des Seiles auch noch dazu, um ihn zu züchtigen. Heftig knallte es auf den Rücken des Gefangenen. Schlimmer hätte auch eine Bestrafung durch die neunschwänzige Katze an Bord eines Segelschiffes nicht ausfallen können. Old O’Flynn knickte mit seinem gesunden Knie ein und ging zu Boden. Uluch Ali und seine Untergebenen begannen amüsiert zu lachen.

      Sam Roskill hatte seine rechte Hand bereits unter den Kaftan geschoben und fing an, an seiner Pistole herumzunesteln. Er erstickte fast vor Wut und wollte die Waffe zükken, um Uluch Ali ein Stück Blei zu verpassen.

      Zum Glück hatte das Al Conroy rechtzeitig genug bemerkt. Er schob sich dicht neben den Kameraden und legte ihm die Hand auf den Unterarm.

      „Mann, Sam“, flüsterte er. „Dreh jetzt nicht durch. Wenn du schießt, ist hier im Nu der Teufel los, und wir kriegen ihn überhaupt nicht mehr frei. Glaubst du etwa, wir beide könnten gegen diese Übermacht ernstlich was ausrichten?“

      „Ich glaube gar nichts“, zischte Sam. „Ich weiß nur, daß ich nicht zulasse, daß diese Schweine unseren Donegal so dreckig behandeln.“

      „Er

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