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Seewölfe Paket 14. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 14
Год выпуска 0
isbn 9783954397723
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
„Wir kriegen eine ‚Isabella IX.‘“, erwiderte Old O’Flynn. „Ich spüre das, und mein Holzbein tut heute nicht weh. Ich meine, ich habe nicht dieses verdammte Reißen in meinem Beinstumpf, das immer dann einsetzt, wenn was nicht geheuer ist.“
„Schon gut“, sagte Pete Ballie. „Wir kennen uns mit deinem Bein ja genausogut aus wie du. Die Frage ist nur, ob wir unsere mühsam erbeuteten Kisten hier und auch das Geld und die Perlen, die wir in unseren Ledergürteln haben, sicher bis nach England raufbringen.“
Sam Roskill grinste und winkte ab. „Mach dir deswegen doch keine Sorgen, Mann. Unser Kahn ist schnell, wir fahren damit ganz fix nach Gibraltar und dann raus auf den Atlantik, pirschen uns an Cadiz vorbei und husten den Dons was, segeln an Portugal und Frankreich vorbei bis zum Ärmelkanal, und dann wartet der dumme Plymson in seiner ‚Bloody Mary‘ schon darauf, daß wir ihm mal wieder die Perücke zurechtstutzen.“
„Na fein“, sagte Ben Brighton. „Keine Probleme also bis nach Plymouth, was, Sam? Hoffentlich behältst du recht.“
Natürlich hatte er da seine Bedenken, schließlich war er nach wie vor der vorsichtige, besonnene Ben Brighton, der jede Gefahr und alle üblen Überraschungen in seine Planungen einzubeziehen versuchte, aber er ließ jetzt keine weiteren Äußerungen fallen, weil er die Begeisterung seiner Männer nicht dämpfen wollte.
Immerhin, dies war der erste Lichtblick, seit sie ihre „Isabella VIII.“ im Kanal der Pharaonen, der zu einem Kanal des Todes geworden war, hatten zurücklassen müssen. Auch drei Viertel ihrer in Ägypten erbeuteten Schätze hatten sie in den gesprengten Bergkavernen liegenlassen müssen, und so war die ganze Expedition den Nil hinauf und wieder hinunter gescheitert – wegen Ali Abdel Rasul, dem Verräter, dem Schnapphahn, Galgenstrick und Verkleidungskünstler, der sie auf hinterhältigste Weise hereingelegt hatte.
Philip Hasard Killigrew hatte einen Seeweg durch das Rote Meer nach Indien entdecken und erforschen wollen, nur deshalb hatte er sich auf dieses Abenteuer eingelassen. Doch am Ende war alles schiefgegangen. Die „Isabella“ war stekkengeblieben und vom Sand der Wüste zugeweht worden. Nur noch die Beiboote hatten der Seewolf und seine Männer retten können, und Will Thorne hatte schleunigst das Geld und die Perlen, die sie noch mitnehmen konnten, in die Ledergürtel eingenäht, die sie jetzt um die Hüften trugen.
Hasard hatte seine Crew in Damiette in drei Gruppen aufgeteilt, nur so konnte eine Heimreise nach England gelingen. Ferris Tucker, Carberry, Stenmark, der Kutscher, Blacky, Jeff Bowie, Bill und Luke Morgan befanden sich inzwischen an Bord der „Mercure“, einer französischen Handelsgaleone, die nach Brest unterwegs war. Hasard und Ben waren mit ihren Gruppen nach Alexandria weitergesegelt, hatten dort die Jollen aufgegeben und zwei kleine Schiffe erstanden, eine Feluke und eine Sambuke.
An Bord der Feluke, die nun den Seeweg nach Westen fuhr, befanden sich Hasard mit seinen Söhnen, Dan O’Flynn, Big Old Shane, Gary Andrews, Batuti und Matt Davies. Ben indes hatte mit seiner Sambuke den Kurs entlang der nordafrikanischen Küste vorgezogen. Vorsichtig wie immer, hielt er diese Route für die bessere, doch es sollte sich erst in der Zukunft herausstellen, wer nun den richtigen Weg gewählt hatte, Hasard oder er.
So waren die Seewölfe in Gruppen zu je acht Mann versprengt, und erst in Plymouth würden sie sich – wenn alles gutging – wiedersehen und bei Doc Freemont oder bei Nathaniel Plymson wie verabredet treffen.
Die Sambuke war ein schnelles Schiffchen, sie schaffte, wie Ben inzwischen errechnet hatte, hundertundsechzig Seemeilen in vierundzwanzig Stunden, ein Etmal also, das über dem einer Galeone lag. Sie hatte zwei Pfahlmasten, von denen der achtere kleiner war und auch ein dementsprechend kleineres Segel führte. Beide Segel waren Lateinersegel, die an langen Gaffelruten gefahren wurden. Die Bugpartie war ausgesprochen schlank mit einem spitz zulaufenden, hochgezogenen Steven. Nach achtern zu verbreiterte sich der Rumpf, das Heck war platt und etwas konvex gewölbt. Das Achterdeck lag höher als das Vorschiff. Abgetakelt ruhten die weggefierten Rahruten auf zwei holzbockähnlichen Gestellen, die mittschiffs und dahinter über die ganze Rumpfbreite angebracht waren.
Die Sambuke segelte bei allen Winden, war flink und wendig, kurzum, leicht zu handhaben. Sie hatte keinen großen Tiefgang, ihr Ruder wurde mittels einer langen Pinne bedient, das Achterdeck war ausgeschottet und bot Unterschlupf, das Vorschiff hingegen war offen. An Back- und Steuerbord des Achterdecks war eine Holzreling angebracht, die zwischen dem vorderen und dem achteren Mast endete.
Mit solch einem Schiff konnte man durchaus die Rückreise nach England vollziehen, doch Ben Brighton war sich auch der Nachteile bewußt, die man bei aller Schnelligkeit der Sambuke nicht vergessen durfte. Beispielsweise war der Zweimaster im Sturm nicht sehr widerstandsfähig, ein Umstand, der größte Beachtung verdiente. Aus Gründen der Vorsicht segelte Ben ohnehin nur tagsüber. Nachts wurde unter der Küste an einer günstigen Stelle geankert, meist hinter der Deckung eines vorgeschobenen Kaps, um gegen den auflandigen Wind geschützt zu sein.
Bei aller Achtsamkeit war aber auch Ben, der an Bord der „Isabella VIII.“ die Funktion des Ersten Offiziers und Bootsmanns versehen hatte, sehr stolz darauf, die Schatzkisten der See abgerungen zu haben. Er hatte sich fest vorgenommen, sie heil bis nach England zu bringen.
Wie seine sieben Kameraden ahnte auch er nicht, daß diese vier Truhen so gefährlich wie vier Pulverfässer waren, zu denen die Lunten bereits brannten.
Hamehd, der Araber, zügelte sein Dromedar, ein schnellfüßiges Mehari, dicht unterhalb der Kuppe einer Düne, so daß die Anhöhe ihm genügend Deckung bot. Er richtete seinen Blick über den leicht abgerundeten Buckel hinweg auf die See und konnte die Sambuke auf ihrer Reise nach Westen ganz genau beobachten, war gleichzeitig aber auch überzeugt, daß die, die er in seinen Gedanken nur die „Giaurs“ nannte, ihn auf keinen Fall entdecken würden.
Sein hageres, von Sonne, Wind und Sand gegerbtes braunes Gesicht hatte sich verzerrt. Allahs Zorn wird euch treffen, ihr ungläubigen Christenhunde, dachte er immer wieder, Blitze werden euch zerspringen lassen, denn ihr habt eine große Schuld auf euch geladen. Ihr habt es gewagt, euch gegen uns zu wehren. Der Tod ist euch gewiß. Alle Giaurs müssen früher oder später sterben, nur Allahs Kinder dürfen leben.
Der Himmel verdunkelte sich jedoch nicht, und die Blitze, die die Sambuke der Engländer in tausend Stücke sprengten, blieben vorläufig auch aus. So blieb Hamed nichts anderes übrig, als sein Mehari wieder anzutreiben und dem Feind weiterhin zu folgen. Der Weg der Seewölfe war auch sein Pfad, dort zu Wasser, hier zu Land, unter der glühenden Sonne durch die Wüste.
Noch einmal ging Hamed alles durch den Kopf. Wie war es zu dem mörderischen Zusammenstoß an der Bucht bei Ras el Kanais gekommen? Alles war Kismet, Schicksal, das dem Menschen zugeteilte Los, und doch lohnte es sich, darüber nachzugrübeln, denn aus Fehlern sollte man auch lernen. Bügelte man sie nicht aus, so konnten Köpfe rollen. Unwillkürlich fuhr sich Hamed mit der Hand über den Hals.
Die venezianische Galeone „San Marco“, die von Ben Brighton und dessen Männern nur zu einem Teil ausgenommen worden war, als sie in der Bucht danach getaucht hatten, war vor zwei Wochen von nordafrikanischen Piraten aufgebracht und lahmgeschossen worden – von jener Bande skrupelloser Schlagetots, die ihre Beute auf dem Mittelmeer rissen. Bevor die Piraten jedoch von Bord ihrer Schiffe aus hatten entern können, war ein Sturm losgebrochen und hatte die Galeone in die Bucht von Ras el Kanais getrieben.
Dort war sie gesunken. Für die Piraten hatte die Bucht ein gleichsam „diebessicheres Versteck“ bedeutet, denn nur sie selbst wußten ja, wo das Wrack lag, und kein anderer hätte es zu orten vermocht. Sie hatten den Untergang der „San Marco“ verfolgt und hatten also ihrer Meinung nach genug Zeit gehabt, sie in aller Ruhe auszuplündern.
Ihr Stütztpunkt lag östlich der Untergangsstelle in El Amaid an der Araber-Bucht, und sie wollten von dort aus die Bergung der Schätze in die Wege leiten. Daß die Galeone tatsächlich große Reichtümer in ihrem Rumpf barg, wußten sie genau, und zwar von dem Mann, der die Küsten von Tunis bis Alexandria seit Jahren beherrschte – als größter und verwegenster Oberschnapphahn, aber auch als der