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Untersuchung deshalb wertvolle Einsichten generieren, wie diese Art von CLIL-Unterricht modulartig auf der heterogenen Primarstufe bestmöglich umgesetzt werden kann. Ziel ist es, ein geeignetes unterrichtliches Angebot mit hohem Lernpotential zu schaffen, auf das sich die verschiedenen Lernenden für ihr duales Lernen einlassen. Von grossem Interesse ist demnach in Erfahrung zu bringen, ob sich die in diesem Hauptkapitel dargestellten mehrheitlich positiven Befunde im Zusammenhang mit dem Lernen im bilingualen Unterricht auch in der geplanten empirischen Umsetzung bewahrheiten. Insgesamt steht jedoch nicht der Kompetenzzuwachs in den verschiedenen CLIL-Lernbereichen (Fremdsprache, Sachfachinhalte, kulturelles Lernen) im Vordergrund. Dieser liessen sich in diesen sporadisch angesiedelten CLIL-Modulen schlecht nachweisen. Stattdessen soll erforscht werden, wie CLIL-Module in diesem Setting als erfolgsversprechendes Unterrichtsangebot aufbereitet werden können und wie diese schliesslich von den unterschiedlichen Primarschullernenden genutzt werden. Daraus lassen sich dann zusammenfassend Chancen und Herausforderungen für diese Unterrichtspraxis ableiten.

      Der Anspruch an Good Practice, die im Lehrplan 21 geforderte Kompetenzorientierung und der konsequente Fokus auf die heterogenen Lernenden stellen hohe Ansprüche an die Umsetzung dieser CLIL-Module. Das nachfolgende dritte Hauptkapitel befasst sich deshalb mit den relevanten methodisch-didaktischen Ansätzen, die es bei der Implementierung von solchen bilingualen Modulen zu beachten gilt. Die vertiefte Auseinandersetzung mit einer passenden CLIL-Didaktik wird schliesslich dazu verhelfen, die hier begonnene aber noch nicht abgeschlossene Darlegung des Forschungsdesiderats fortzuführen.

      3 Methodisch-didaktische Ansätze im heterogenen CLIL-Unterricht

      Dieses Hauptkapitel widmet sich unterschiedlichen methodisch-didaktischen Themen. Gerade weil es sich bei dieser vorliegenden Untersuchung um ein fachübergreifendes Projekt handelt, ist es bedeutsam, die damit verbundenen verschiedenen didaktischen Ansätze darzulegen. Als erstes wird deshalb das Grundlegende sozial-konstruktivistische Lehr-Lernverständnis und dessen Eignung für vorliegende Untersuchung dargestellt. Darauf aufbauend werden anschliessend wichtige Aspekte einer CLIL-Didaktik aufgezeigt. Dies gelingt am besten, entlang eines konkreten Modells, weshalb in einem nächsten Schritt das einflussreiche 4Cs framework mit seinen vier Facetten content, communication, cognition und culture ausführlich vorgestellt werden. Lernaufgaben als kleinstes didaktisches Element im Unterricht bilden anschliessend einen nächsten umfassenden Themenblock in diesem Hauptkapitel. Zuerst wird dabei das Interesse für die erhöhte Aufgabenorientierung im Unterricht allgemein ergründet, um schliesslich den Fokus erneut auf die Fächerfusion Englisch und BG zu richten. Schliesslich werden relevante Qualitätsmerkmale von Lernaufgaben spezifisch für diesen CLIL-Kontext mehrperspektivisch vorgestellt. Da Lernaufgaben alleine keinen guten Unterricht ausmachen, wird das Augenmerk abschliessend auf die Lernbegleitung gerichtet. Aufgrund des Forschungsinteresses der vorliegenden Untersuchung für CLIL-Unterricht auf der heterogenen Primarstufe, ist eine intensive Auseinandersetzung mit möglichen Scaffolding unumgänglich. Das Hauptkapitel schliesst mit einem Fazit mit konkreten Erkenntnissen für die Umsetzung des spezifischen CLIL-Unterrichts und legt das Forschungsdesiderat abschliessend dar.

      3.1 Grundlegendes Lehr-Lernverständnis

      Auch wenn die Fachdidaktiken an Selbstständigkeit gewonnen haben (Terhart 2009, S. 13) und inzwischen als eigenständige Disziplin anerkannt sind, trägt die allgemeine Didaktik dazu bei, ein fächerübergreifendes Konzept von Lernen zu etablieren (vgl. Meyer & Meyer 2009). Deshalb wird an dieser Stelle ein kurzer Exkurs in die Erziehungswissenschaft gemacht, um das Lehr-Lernverständnis zu definieren das dieser Arbeit zugrunde liegt.

      Lernen im Zeitalter der Kompetenzorientierung bedeutet nicht nur tiefverstandenes Wissen zu erlangen, sondern beinhaltet ebenfalls situativ passendes Können aktiv zu nutzen (Baer 2016, S. 39). Um kompetent Handeln zu können, müssen sich Lernende dieses Wissen und Können aktiv konstruieren. Der Begriff ‘Konstruktivismus’ hat in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts an Beachtung gewonnen (Diesbergen 2012, S. 46). Trotz teils uneinheitlichen Definitionen wird beim Konstruktivismus Lernen als ein aktiver Prozess angesehen, bei dem die Hauptakteure eigenaktiv handelnd ihr Wissen basierend auf subjektiven Konstruktionsleistungen erschliessen (Diesbergen 2012, S. 54). Dabei geht es weniger, wie oft fälschlicherweise angenommen, um das Selber-Entdecken von Inhalten, sondern um deren inneren Nachvollzug durch ein «Sich-Einlassen» zum Beispiel beim aktiven Zuhören von Erklärungen, beim Lesen von Texten, beim mitdenkenden Beobachten, beim Problemlösen oder beim Bearbeiten von Lernaufträgen (Reusser 2016, S. 45). Wie bei jeder Theorie gibt es auch beim Konstruktivismus verschiedene Ausprägungsformen und Sichtweisen. Das breite Gebiet des Konstruktivismus wird deshalb oft in zwei Stränge unterteilt, zum einen in den individuellen Konstruktivismus und zum anderen in den sozialen Konstruktivismus (Woolfolk 2015, S. 399).

      Der erste Strang, mit seinem prominenten Vertreter Jean Piaget, beschäftigt sich, wie individuelles Wissen durch Einwirkungen der Umwelt konstruiert und organsiert wird (Woolfolk 2015, S. 400). Gemäss Piaget ist die Intelligenz in der Lage die Austauschprozesse zwischen den Subjekten und Objekten in ihrer Umwelt konstruktiv zu strukturieren. Dies geschieht entweder durch eine Anpassung der Objekte an das Subjekt (Assimilation), oder durch die Veränderung des Subjekts an die äusseren Umständen (Akkommodation) (Piaget 1948, S. 206–9). Konkret bedeutet das, dass für die Bewältigung einer intellektuellen oder praktischen (Problem-)Situation die entsprechenden mentalen Schemata mobilisiert und die Einflüsse aus der Umwelt in die bestehenden Assimilationsschemata integriert werden. Reichen die verfügbaren Assimilationsschemata nicht aus und liegt somit ein kognitiver Konflikt vor, wird es unumgänglich die vorhandenen Schemata zu erweitern oder zu differenzieren. Dieser Prozess der Akkommodation, welcher die strukturelle Veränderung der Schemata bedeutet, bildet die Grundlage des Verstehens, des Erweitern des Wissens und somit des Lernens (Baer 2016, S. 41).

      Der zweite Strang, der Sozial-Konstruktivismus, wurde von Lew Vygotskys Theorie stark geprägt. Auch er interessiert sich für die individuelle Entwicklung des Lernens als interner Prozess, jedoch geschieht dieser für ihn massgeblich in sozialen Interaktionen, welche in kulturelle Kontexte eingebettet sind (Woolfolk 2015, S. 400–401). Entgegen der von Piaget dargestellten Abfolge der Entwicklung des kindlichen Denkens vom Individuellen zum Sozialen, geschieht für Vyogtsky dessen Entwicklung in umgekehrter Reihenfolge. Demnach sind es anders als bei Piaget für Vygotsky nicht die inneren kognitiven Konflikte, die das Lernen ermöglichen, sondern die Prozesse ausgelöst im sozialen Austausch mit einem mehrwissenden Interaktionspartner (Hasselhorn & Gold 2013, S. 305).

      Was bedeutet das nun für die Unterrichtspraxis? Konstruktivismus wird immer wieder in Verbindung mit einem Paradigmenwechsel von einem herkömmlichen, traditionellen zu einem aktiven, konstruktivistischen Verständnis von Unterricht gebracht (Diesbergen 2012, S. 46). Eine solche Gegenüberstellung von traditionellem Lernen im Sinne von Instruktion, Darbieten und Erklären versus fortschrittliches, konstruktivistisches Lernen ist jedoch etwas zu vereinfacht dargestellt, weil hier die Ebenen von Lerntheorie und Didaktik vermischt werden (Diesbergen 2012, S. 51). Hattie (2009, S. 243) verdeutlicht diese Problematik mit den folgenden Worten: «Constructivism is a form of knowing and not a form of teaching, and it’s important not to confuse constructing conceptual knowledge with the current fad of constructivism.» Auch Reusser (2016, S. 45) stört sich an dieser Vermischung von lernpsychologischer und didaktischer Ebene. Konstruktivistisches Lernen bezieht sich auf die Tiefenstruktur des Unterrichts und kann mit jeglicher methodisch-didaktischer Unterrichtsform gelingen. Gedanklich bei der Sache zu sein, demnach Lernen, geschieht oft auch ohne äusserlich sichtbare Aktivität und passiert somit ebenso während des Zuhörens im lehrgesteuerten Klassenunterricht als bei selbstgesteuerten Lernphasen. Diese Tatsachen haben bereits Piaget als auch sein Schüler Hans Aebli betont, indem sie Denken als einen rein innerlichen Prozess beschreiben und diesen nicht an äusserliche, behaviorale Aktivitäten binden.

      Eine direkte, systematische Ableitung von didaktischen Prinzipien basierend auf der konstruktivistischen Lernauffassung ist somit aus Sicht dieser Experten problematisch. Trotzdem wird genau immer wieder versucht und gewagt für die Unterrichtspraxis eine ‘konstruktivistische Didaktik’ zu definieren. Der nachfolgend vorgestellte Versuch eine solche hergeleitete Didaktik zu definieren, entspricht somit eher einer weitverbreiten Überzeugung,

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