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den Maschinenbau. 1840 umfasst das deutsche Eisenbahnnetz 420 km, 1860 bereits ca. 5875 km (Staehle, 1999).

      Im Zuge besonderer Erfindungen und Entdeckungen haben sich im 19. Jhd. folgende Industriezweige herausgebildet (Staehle, 1999):

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      Wir befinden uns mit der Entstehung der ersten Organisationstheorien bereits in der Zeit der zweiten industriellen Revolution. Die erste Revolution bezieht sich auf die Erfindung der Dampfmaschine (1712) und die Mechanisierung der Textilindustrie ab ca. 1780 (s. o., Bauernhansl, 2014; Dombrowski & Wagner, 2014; Monostori, 2014; Sendler, 2013).

      Die zweite industrielle Revolution (ab ca. 1870), beginnt mit der Einführung der arbeitsteiligen Massenproduktion nach dem Babbage-Prinzip (s. u.) und mit Hilfe elektrischer Energie. Die Energie trieb dabei nicht nur Maschinen an, sondern lieferte auch Energie für Beleuchtung, die es ermöglichte, nicht mehr nur in den hellen Stunden des Tages mit Tageslicht zu arbeiten, sondern »rund um die Uhr« (Pierenkemper, 2009). In dieser Zeit entwickelt sich die Lohnarbeit als dominante Form des Beschäftigungsverhältnisses.

      Wie arbeiteten die Menschen vor der industriellen Revolution und vor der »Lohnarbeit«?

      Vor der industriellen Revolution, zu Beginn des 19 Jahrhunderts, waren etwa drei Viertel aller Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig und jeweils ca. 15 % im Gewerbe und im Dienstleistungssektor (Schissler 1978, S. 72–74; Pierenkemper, 2009).

      Betrachtet man die in der Landwirtschaft Beschäftigten, so arbeitete nur eine sehr geringe Anzahl als »leitendes Personal« (Gutsbeamte, Verwalter) und die wenigsten als sog. Lohnarbeiter. Auch sog. Vollbauern galten als Selbstständige, ebenso wie die Kleinbauern, die eine große Gruppe der in der Landwirtschaft Beschäftigten ausmachte (Pierenkemper, 2009). Der Landbesitz der Kleinbauern reichte oft nicht aus, um eine Familie zu ernähren. Als Zuerwerb arbeiten sie deshalb in einem Dienstverhältnis als Eigenversorger oder als kontraktlich gebundene Arbeitskraft auf den Gütern oder bei den Vollbauern. Andere wiederum arbeiteten als Landhandwerker oder Heimgewerbetreibende in quasi selbstständiger Tätigkeit. Menschen, die kein Land besaßen, die sog. »Landlosen«, waren als Hilfskräfte (Deputatsempfänger, Dienstleute) in der Land- und Güterwirtschaft tätig, genauso wie das »Gesinde«, das gegen Kosten und Logis im Haushalt der Bauern oder der Gutsherren arbeitete (Pierenkemper, 2009). Es dominierten somit stark feudal geprägte Arbeitsformen (Pierenkemper, 2009).

      Der gewerbliche Sektor bestand zu Beginn des 19 Jhd. aus handwerklichen Tätigkeiten (Wehler 1987). Die Gesellen blieben meist in einem traditionellen Arbeitsverhältnis, d. h. sie unterstanden der hausherrlichen Gewalt des Meisters sowie den Regelungen der jeweiligen Zünfte (z. B. dem Wanderzwang, wie man das heute noch von Zimmerleuten kennt). Kost und Logis stellten einen beachtlichen Teil ihrer Entlohnung dar (Pierenkemper, 2009).

      Quasi-Selbstständige mit eigenen Produktionsmitteln, wie z. B. einem Spinnrad oder Webstuhl und weiteren Familienmitgliedern als Hilfskräften, arbeiteten zeitlich begrenzt für überörtlich tätige sog. Verleger. Diese Verleger waren die Auftraggebenden, die Geld und Material »vorlegten«.

      Im damaligen »Dienstleistungssektor« waren z. B. Schiffer oder Fuhrleute tätig, die ihre Dienste unregelmäßig anboten, oder es waren Dienstboten beschäftigt, die als Diener, Köchinnen oder Kindermädchen ebenfalls Kost und Logis erhielten und keinen Barlohn.

      So finden sich Lohnarbeiter/innen zu Beginn des 19 Jhd. lediglich in den ersten entstehenden Eisenhütten und den frühen Textilfabriken (Kocka 1990b; Pierenkemper, 2009).

      Die gedanklichen Grundlagen der Massenproduktion

      Die gedanklichen Grundlagen der arbeitsteiligen Massenproduktion sind die Arbeiten von Adam Smith (1723–1790) und Charles Babbage (1792–1872). Smith, der Ihnen ggf. aus den Wirtschaftswissenschaften auch in Bezug auf den Markt bekannt vorkommen könnte, gilt als der »Vater« des Gedankens der Arbeitsorganisation, durch die durch Spezialisierung Arbeit effizienter ausgeführt werden kann. Indem Arbeit in einfache Tätigkeiten heruntergebrochen wird, würde es möglich werden, Fertigkeiten gezielter zu entwickeln, Zeit bei der Ausführung zu sparen und spezialisierte Werkzeuge herzustellen und zu nutzen.

      Auszug aus Adams Smith »The wealth of nations« (1776, in Anlehnung an Kwok, 2014)

      • each individual strives to become wealthy;

      • productivity will increase with division of labour;

      • the free market provides the best environment for wealth accumulation; and

      • property rights are vital to the concept of free market.

      Mit der Frage der optimalen Allokation (Einsatz) der menschlichen Arbeit im Industriesystem – als eine wesentliche Voraussetzung für die Steigerung der Effizienz und der weiteren Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums – waren gravierende Veränderungen in der gesamten Organisation der gesellschaftlichen Arbeit durch die Entstehung der sog. »Lohnarbeit« verbunden (Pierenkemper, 2009).

      Mit der Annahme, dass jeder Mensch nach Reichtum strebt, erleben wir damit eines der Menschbilder, die in den folgenden Jahrzehnten und inzwischen Jahrhunderten bis dato die »Natur« von Organisationen maßgeblich prägt. Charles Babbage, als Ingenieur, Philosoph und Wissenschaftler bezeichnet (Kwok, 2014), befasste sich auf Ebene einzelner produzierender Industrieunternehmen (und nicht auf der Ebene ganzer Nationen wie Adam Smith) mit dem Zusammenhang zwischen Produktion, Organisation und Wirtschaftlichkeit. Mit seiner Betrachtungsweise der Kosten auf Ebene der spezialisierten, heruntergebrochenen Teiltätigkeiten wurde es möglich, potenzielle Einsparungen bei Investitionen für Ausbildung und Training, beim Arbeitsprozess und den Arbeitsmethoden zu quantifizieren.

      Das Babbage-Prinzip (nach Charles Babbage, 1792–1872)

      »Dass nämlich der industrielle Unternehmer durch Aufspaltung der auszuführenden Arbeit in verschiedene Arbeitsgänge, von denen jeder einen anderen Grad an Geschicklichkeit oder Kraft erfordert, gerade genau jene Menge von beiden kaufen kann, die für jeden dieser Arbeitsgänge notwendig ist; wogegen aber, wenn die ganze Arbeit von einem einzigen Arbeiter verrichtet wird, dieser genügend Geschicklichkeit besitzen muss, um die schwierigste, und genügend Kraft, um die anstrengendste dieser Einzeltätigkeiten, in welche die Arbeit zerlegt worden ist, ausführen zu können.« (nach dem 1832 in London erstmals erschienenen Werk »On the economy of machinery and manufactures«)

      Arbeitsteilung gab es bereits in der Antike beim Bau der Pyramiden (Kieser, 1999a), aber erst Adam Smith verschriftlichte die Effizienzvorteile der Arbeitsteilung, die folgende Ursachen haben:

      1. die erhöhte Geschicklichkeit der einzelnen Arbeiter/innen (durch mehr Übung und Routine in Bezug auf eine Tätigkeit),

      2. die ersparte Zeit, die bisher bei den Übergängen von einer zur anderen Tätigkeit erforderlich war, und

      3. die Erfindung zahlreicher Maschinen, die die Arbeit erleichtern und es einem/r Arbeiter/in ermöglichen, die Arbeit schneller zu erledigen (Kieser, 1999a).

      Das »Verdienst« von Charles Babbage war dagegen, zu erkennen, dass man nicht nur Zeit spart, sondern dass der Fabrikbesitzer auch seine Personalkosten senken kann, wenn er für die verschiedenen Tätigkeiten nur die Qualifikation »einkauft« (Lohn bezahlt), die auch gebraucht wird (Babbage, 1835). Sowohl Smith als auch Babbage sahen zudem den Vorteil bei der Nutzung »der Maschinen« in der Disziplinierung der Arbeiter/innen, und dem Schutz vor »Unachtsamkeit, Trägheit und Spitzbüberei« der Arbeiter/innen (Babbage, 1835). Obwohl Adam Smith die Märkte bereits thematisiert, werden Organisationen zu dieser Zeit in erster Linie als geschlossene Systeme verstanden. Es wird dabei eine »Rational System Perspective« eingenommen (Huber, 2011). Mit der Perspektive der Organisation als rationales System wird die Zweckgebundenheit und die Zielausrichtung von Organisation betont (z. B. die Profitabilität) sowie die Formalisierung und Rationalisierung der Arbeitsprozesse und -strukturen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

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