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gegen den Sofasitz. Ihr Leib blähte sich unter wuchtendem Atem auf und fiel ein. Er füllte und leerte sich bebend wie ein vielgegliederter, willenloser Schlauch, durch den das Stoßen eines wilden Gebläses ging.

      Und aus ihren geschlossenen Augen fühlte sie Ströme von Feuer gehen, daß die Augäpfel wie glühende Kohlen brannten.

      Dabei murmelte sie in heißer Verwirrung:

      „Wer kann sagen, ich hab einen Schatz — ich? — ich hab einen Schatz — einen Schatz? — Schatz? – Schatz?“

      Der zurückströmende Atem schlug sengend in ihr Gesicht. Es war, als wohne ein süßer Duft darin, und sie murmelte das wunderbare Wort weiter, immer leiser, süßer, inniger und trank den Duft, mit dem es ihren Atem füllte. Ihr zitternder Busen trank ihn, ihre lechzende Seele, ihr ganzer fiebernd-blühender Leib.

      Endlich erhob sie sich und sank in Aufgelöstheit auf einen Stuhl. Mit geschlossenen Augen, das Haupt nach hinten hängend, saß sie, und ihre bebende Rechte strich mit leisen Fingern die Stirn nach der linken Schläfe hin.

      Ihre Seele war wie ein sommerliches Feld, über dessen lodernder Blütenpracht das Licht einer senkrechten Sonne in flimmernder Glut brennt, bis hinaus an den verschwindenden Horizont. Ihr Blick wurde von innen her versengt, und als sie die Augen öffnete, sah sie alle Gegenstände durch einen grauen Schleier hindurch, mit fließenden Umrissen, hin und her schwebend, von blassem Schimmer umgeben. Plötzlich kam es wie die Wollust der Empfängnis über sie: Bewegungen aus ihr und um sie flossen zusammen; ein Leib löste sich von ihrem Leib; ihr Gesicht ward Antlitz vor ihr; ein Strahl wandelte aus ihrem Auge und ward sich fremd und ein Wesen entstand.

      Noch sah sie es nicht, fühlte aber seinen guten, umfangenden Blick auf sich gerichtet. Dort von der Ecke neben dem Schrank her. Mit ihrem Leibe ihn trinkend, saß sie und wagte nicht aufzuschauen in demütigem Glück.

      Ein weiches Gleiten ließ sie endlich den Kopf wenden. Doch sie konnte nichts deutlich unterscheiden. Nur wenn das pochend arbeitende Herz einen neuen Blutstrom ausstieß, glommen die Umrisse eines männlichen Wesens schärfer auf aus dem dämmrigen Winkel neben dem Kleiderschrank, wo der Kleiderständer sich befand, an dem ein Herrenüberzieher und darüber ein Hut hingen. Auch tiefe Atemzüge hoben auf Momente seinen Leib aus dem Nichts. Als sie sich aber zu einem durchdringenden Blick aufraffte, um sich Gewißheit zu verschaffen, fühlte sie es in ihrem Innern wie den jähen Zusammenbruch einer schönen Welt. Das blühende Großfeld ihrer Seele verschwindet hinter der engen Schranke ihres Bewußtseins und die Gegenstände ihrer Umgebung welken zu den gewöhnlichen Umrissen ein.

      „Nu Schatz, wo bist du denn?“ frug Leonore mit bitterem Spott und konnte es doch nicht hindern, daß die Wehmut der Leere in den Worten wohnte. Sie erhob sich und schritt, um sich zu sammeln, durchs Zimmer. Jedes Gerät, an dem sie vorüberkam, berührte sie mit der Hand. Dabei sagte sie tonlos:

      „Da ein Stuhl — der Tisch — der Nähtisch — der Wäscheschrank — noch ein Stuhl — — — immer so, dasselbe heite . . . morgen . . . in einem Monat . . . ibers Jahr — bis ich sterbe —“

      Plötzlich brach sie am Tisch, auf den sie sich bei den letzten Worten gestützt hatte, zusammen, warf die handverschlungenen Arme steif darüber hin und ließ ihr Haupt unter die Platte sinken.

      So verharrte sie wie leblos.

      Der leere Winterabend ließ seinen Nebelschutt immer dichter an den Fenstern niederrieseln.

      Als sie den Schritt ihres Mannes hörte, sprang sie erschrocken auf.

      „Wås muß er denken, dåß ich noch kein Licht hå?“ fuhr es ihr durch den Kopf mit der Schärfe eines unruhigen Gewissens. Und während sie in der finsteren Stube immer ängstlicher nach Streichhölzern suchte, hörte sie ihren Mann die Küchenthür öffnen und hineinfragen:

      „De Frau nie då?“

      „O ja“, antwortete Anna.

      „Nu, s‘is jå fenster ei dr Wohnstube!?“

      „Ne, de is doch nie fortgeganga. Vrhin amål, ‘s wår Nåchmettig, kam se ei de Kiche und fragte nach em Månne.“

      Leonore wurde starr vor Schreck, als sie diese Worte des Dienstmädchens hörte. Sie mußte sich an das Fensterbrett anhalten. Dabei griff sie die Streichholzschachtel.

      Im Nu war Licht.

      Da trat auch ihr Mann schon ein.

      „Gu’n Amd!“ grüßte er verstimmt und hing seinen Hut an den Ständer. „Na, wo host‘n a Mån?“

      „Ich? Was een‘n Mån?“

      „Nu, de Anna säte doch, du hättst een‘n Mån gesucht?“

      „Die Anna, d i e ! will die etwa noch Unfriede ins Haus bringen? Is noch nie genung, dåß se grob is wie Schrotmehl! die muß nu aus dem Hause. Soll ich etwa folgen, bin ich Herrin oder Dienstmädel?“

      „Etze fang du mir noch å und mach mr a Kop vul. Iberal Ärger, ei der Werkstelle un derheeme!“

      „Kånn ich drfier, wenn du aso anfängst und schimpfst, eh du ‚Gu‘n Amd’ gesagt hast?“

      „Jesses Lorla, is‘ dås eene Trosel wert oder a Salende? Ma kå doch een‘n Spaß macha!“

      Er griff neckend nach ihr; aber sie wich aus und verließ gekränkt die Stube.

      Als dann Anna das Abendbrot aufgetragen hatte und das Zimmer verlassen wollte, begann Leonore wieder hartnäckig:

      „Bleib mal da, Anna! — Nu sags vorm Herrn hab ich ee’n Mann gesucht?“

      „Een Månn? — Sie freta doch, ob er ei dr Kiche is?“

      „Nach wem hätt’ ich denn gefragt, wenn dås wahr is?“

      „Maria rein och a! Dås weeß i c h nie, wan Sie sucha. Dås missa Sie åm besta wessa. Ich hå keen’n Schåtz,“ erwiederte das Mädchen grob und verließ das Zimmer.

      Leonore riß die Hand vors Gesicht, um die Schamröte vor ihrem Manne zu verbergen und brach in Thränen aus.

      „Då håsts,“ rief sie schluchzend, „se weeß nischt und sprecht ein Mann, sogar ein Schatz. Hå ich dich a mal belogen, hä?“

      „Nu, Lorla, du weßt doch, dåß se sich nie halfa kån. Se meents doch nie aso. Bis och ruh’ch! Låß dås Flerrn sein un sag mrsch lieber.“

      Durch gütiges Zureden besänftigte er sie endlich, daß sie ihm den Sachverhalt erzählte. Von dem Zustande ihres Innersten erfuhr er nichts, denn dieser war Leonore selbst ein Geheimnis.

      Als sie geendet hatte, schüttelte er seinen Kopf und sprach dabei mit plumpüberlegenem Lächeln:

      „Jesses nee, ma verhört sich halt månchmål. Då braucht doch nie a solches Lutterment gemacht wer’n. Meglich wårsch jå, dåß a Mån dågewåst wår. Denn der Reisende aus Frankfurt, dar mich met dam Indigo neigelegt håt, wollte jå komma. — — Åber etze, Schwåmm drieber, well mr sahn, wås dar grobe Teixel, de Anna, viergerecht håt.“

      Dann machte er es sich mit umständlicher Behaglichkeit am Tische bequem.

      Während er bedachtsam und eifrig zulangte, saß Leonore einsam da und rührte kaum etwas an. Plötzlich legte sie heftig Messer und Gabel hin und sagte ein abschüttelndes „Nein!“

      „Na?“ frug Griebel, ohne aufzusehen.

      „Kenntst du mich haun, recht aus Wut?“

      Griebel ließ die Hand sinken, mit welcher er eben ein Stück Wurst zum Munde führen wollte, und blickte sein Weib erstaunt an. „Die håt heite wieder ihren schlechten Tag,“ dachte er. Dann antwortete er:

      „Lorla, kendsche Lise, a so a Fråge!“

      „Nein, du sollst sagen: ja oder nein.“

      „Nu, wenn das wessa wellst: nee.“

      „Ich

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