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einer Decke steckt!“

      „Ich sollte schon um die Zeit des vierten Kreuzzugs verbrannt werden! Doch meine Unschuld kam rechtzeitig zutage.“ Don Caretto wandte den Kopf mit den grossen abstehenden Ohren ungeduldig nach dem Damasushof. „Und nun gebe man mir Raum!“

      „Verkauft Eure Liebestränke drüben überm Tiber!“ rief unwillig der päpstliche Kavalier. „Behext die jungen Weiber und verschachert den Alten Euer weisses Lebenselixier!“

      „Der rote Stein der Weisen ist noch heilsamer! Dank ihm kann ich nicht sterben!“ Der mystische Zug um den bleichen Mund Theopompo Carettos änderte sich in weltläufige Lässigkeit. „Aber nicht des Sterndeutens wegen kam ich nach Rom!“

      „Man kennt Eure schwarzen Künste! Ihr spreizt den Leuten die Finger vor den Augen und blickt sie an und macht sie willenlos, dass sie alles tun, was Ihr sie heisst! Euer buckeliger Knecht da hinten kann fliegen und Eure Aufträge ausführen. Ihr . . .“

      „Seht Ihr die zarte Schöne, die auf den kleinsten Füsschen der Welt dort drüben steht und aus ihrem Spitzenbeutelchen die Sesselknechte entlohnt? Sie ist hoffärtig und abweisend gegen Männer, aber doch eine zu unerfahrene, junge Magd Christi, um allein von Versailles nach Rom zu reisen. Ich begleite sie als ihr Freund —; das — nicht Zaubertränke — ist der Grund meiner Anwesenheit hier. Drum gebt uns die Ehre, die uns gebührt!“

      „Der Marquise von Giou dort drüben wird man den Respekt, der ihrem blauen Blut zukommt, nicht verweigern. Was Euch betrifft, Don Theopompo“, der Kammerherr lächelte spitz, „nun — Ihr seid ja tausend Jahre alt! Was schiert es Euch, wenn Unwissende Euch für einen entlaufenen sizilianischen Mönch halten?“

      „Das sind Verleumdungen anderer Goldmacher, denen ihre Kunst missglückte!“

      „Böswillige sprechen sogar von einem ehemaligen Galeerensträfling“, endete der Kämmerling kalt. „Verzieht nicht das Gesicht zu solch unheimlicher Grimasse! Ich selber sage das nicht. Ich weiss von nichts. Gehabt Euch wohl, Don Caretto!“

      Der Alchymist zuckte verächtlich die Achseln. Er wandte sich ohne Gruss von dem Bronzeportal und seinen schwarzgelben Türhütern ab. Er schritt, schwarz in schwarz, immer den Zwerg im Fledermausmantel wie einen Schatten hinter sich, steifbeinig, in der Haltung eines hochmütigen grossen Herrn, auf den Petersplatz hinaus. Spitzhütige wilde Campagnahirten standen da, die in ihren Fellhosen wie bocksbeinige Satyre aussahen, und erörterten mit rollenden Augen und leidenschaftlichem Händegefuchtel den Türkenkrieg. Quinette von Giou hatte ihnen unauffällig zugehört. Jetzt trippelte sie hastig auf ihren Stöckelschuhen in weitgebauschtem schwarzem Rock dem Schwarzkünstler entgegen.

      „Wir werden schlechten Dank in Versailles ernten!“ flüsterte sie hinter dem kleinen Straussenfächer, mit dem sie sich Kühlung in das selbstbeherrscht lächelnde zarte Marquisengesicht wehte. „Wir sollen im geheimen in Rom gegen den Kaiser arbeiten . . .“

      „Kaiser Leopold muss ohne Verbündete und ohne Geld den Türken preisgegeben werden!“ sprach Theopompo von Caretto feierlich. „Dann haben die französischen Heere freie Hand am Rhein und im Reich!“

      „Und statt dessen herrscht hier eine Kreuzzugsstimmung!“ sagte die Marquise. „Eben hörte ich es hier selbst unter dem gemeinen Volk. Und es ist eine Gefahr, dass diese Stimmung auf ihn selber, auf Ludwig den Grossen, zurückwirkt und unserer Kriegspartei am Rhein die Rechnung verdirbt!“

      „Er erfährt nichts davon! Niemand, der für den Kaiser und für Wien ist, kommt vor sein Angesicht!“

      „Es wird einer kommen!“

      Quinette wies leidenschaftlich mit der gepuderten Kinderhand nach dem Bronzetor. Aus der ersten der Karossen, die vor seiner Wölbung hielten, war der Grossmeister des Malteserordens gestiegen und schritt in seinem langen, schwarzen Mantel, den breitgewölbten steifen Hut auf dem Haupt, an den zum Gruss seitlings gestemmten Hellebarden der Schweizerwache vorbei zur Audienz im Königssaal des Vatikans. Die Marquise von Giou zeigte auf sein Gefolge von Palastkavalieren, Kaplänen, Auditoren von Malta.

      „Siehst du den schönen sonnenverbrannten Ritter, der hinter Seiner Eminenz geht? Es ist ein Deutscher. Mutig und abenteuerlich. Man darf ihm nur in die Augen schauen. Er ist jetzt eben aus der Gefangenschaft in der Barbarei entsprungen. Er hat gesehen, wie erschreckend sich der Grosstürke gebärdet. Er wird von dem Grossmeister vor den Heiligen Vater geleitet werden und niederknien und berichten!“

      „Hast du es selbst gehört?“ Es lag eine lähmende Macht in dem starren Blick einer Schlange, mit dem sich die kleinen grauen Augen des Zauberers Caretto auf die Marquise richteten. Sie antwortete hastig, Angst vor ihm in der Stimme.

      „Eben jetzt im Palast des Kardinals!“

      „Du warst meinen Befehlen gehorsam?“

      „Ja.“ Quinette von Giou atmete schwer. Ihr Gesicht war leer geworden, von innen unbelebt. Durch eine fremde Macht, von aussen, willenlos beherrscht.

      „Und hast ausgehorcht, was es nur zu hören gab?“

      „Mehr, als ich jetzt schon sagte. Dieser Ritter von Rimburg wird vom Grossmeister ein Empfehlungsschreiben an Herrn Philippus von Vendôme, den Malteser Grossprior von Frankreich, erhalten. Der Herzog von Vendôme ist ein Vetter des Königs. Durch ihn wird der deutsche Ritter Zutritt und Gehör bei König Ludwig finden. Es ist gefährlich, wenn er redet! Er reisst hin! Es geht ein Feuer von ihm aus. Man kann nicht widerstehen! Ich weiss es selbst!“

      „Schau mir ins Auge!“

      „Ja.“

      „Er hat dir nichts angetan! Er hat keinen Einfluss auf dich gewonnen!. Ich will es nicht! Verstehst du mich? Ich will es nicht!“

      „Ja.“

      „Und du wirst tun, was ich befehle?“

      „Ja.“

      Quinette von Giou sprach es geistesabwesend. Sie hatte keinen Willen unter dem unheimlichen Bann der kleinen grauen Augen drüben.

      Auf dem mächtigen Gemälde über der Eingangswölbung zum Königssaal des Popstpalastes versenkten die vereinten päpstlichen und spanischen Armaden die Türkenflotte bei Messina auf den Meeresgrund. Das Bild zur Rechten zeigte die donnernden und enternden Galeeren des päpstlichen Admirals Fürsten Marc Anton Colonna in dem grossen Seesieg über den Halbmond bei Lepanto. Es war, als zitterte die Kampfstimmung auf der Leinwand zu den Gruppen der Gesandten Europas hinab, die den Audienzsaal füllten, und flakkerte in ihren Gesprächen mit den purpurnen und violetten und schwarzgewandeten Würdenträgern des Vatikans.

      „Der König von Spanien hat eines seiner Hausgüter verkauft und sendet das Geld wider die Türkennot. Alles in Spanien — die Kirche, die Klöster, die Städte folgen seinem Beispiel!“

      „Don Pedro von Portugal schickt grosse Summen einer Volkssammlung im ganzen Land! Alles strömt ihm zu!“

      „Der Herzog Karl von Lothringen ruft den ganzen christlichen Adel Europas unter die Waffen Habsburgs!“

      „Kurfürst Max Emanuel von Bayern spendet allein dreihunderttausend Gulden und zieht selbst ins Feld!“

      „Savoyen schickt Soldaten und Geld!“

      „Genua leert die Rassen der Republik!“

      „Der Heilige Vater selber“, sprach ein Würdenträger; „hat in seiner Jugend noch als Markgraf Odescalchi mit der Waffe gegen die Ungläubigen gekämpft! Er kennt ihre Macht!“!

      „Er erliess darum jetzt eben das eigenhändige Breve an König Ludwig den Vierzehnten von Frankreich: „Du werdest in einer solchen Gefahr Deinem Titel des Allerchristlichsten Königs entsprechend handeln und mit Deinem starken Arm, dessen Kraft und Tapferkeit und Ruhm über den ganzen Erdkreis gefeiert wird, zur Hilfe in dieser Bedrängnis nicht fehlen!“

      „Und inzwischen ist bereits eine Gesandtschaft des Grosstürken nach Frankreich unterwegs!“

      „Ich muss vor der Gesandtschaft in Versailles

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