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großen Ziegelsteinen erbaut und besaß eine Veranda mit Holzgeländer. Eine Treppe führte hinauf zu der breiten Eingangstür. Ein Mann saß mitten auf den Stufen, als Jaden in die Einfahrt einbog. Er trug Jeans und Stiefel. Seine langen Beine hatte er ausgestreckt, mit den Ellbogen stützte er sich auf der Stufe hinter sich ab. Eine sehr lässige Pose.

      Jaden schluckte den Knoten in seiner Kehle hinunter. »Was glaubst du, welcher meiner Brüder ist das?«, fragte er an Magneto gewandt.

      Der Hund saß auf dem Beifahrersitz und sabberte das Armaturenbrett voll. Er leckte sich über die Lefzen, als würde er Jadens Frage überdenken.

      Jaden wartete eine Sekunde und nickte dann. »Ja, ich habe auch keine Ahnung.«

      Er könnte noch den ganzen Tag in seinem Auto sitzen und warten oder er könnte sich ein Paar Eier wachsen lassen und den Fremden treffen, der die Hälfte seiner DNA teilte. Es war sehr verlockend, einfach hierzubleiben, bis die Hitze ihn am Ende umbringen würde.

      Magneto spürte sein Zögern und legte mit sanftem Druck eine riesige Pfote auf Jadens Oberschenkel. Er starrte Jaden würdevoll an.

      »Für einen Hund bist du aber ganz schön überkritisch«, sagte Jaden und zog eine Schnute. Es war kein gutes Zeichen, wenn sein Hund es schaffte, ihm ein schlechtes Gewissen zu machen. Er atme tief ein. Und dann zittrig wieder aus. Schließlich öffnete er die Tür und hievte sich aus dem Auto. Magneto folgte ihm, stieß Jaden mit der Schnauze in den Rücken und schubste ihn vorwärts.

      Der Mann auf den Stufen stand auf und ging mit langen, schnellen Schritten auf Jaden zu. Seine Jeans war ausgeblichen und zerrissen, sein T-Shirt schlicht, wie diejenigen, die man im Multipack im Discounter kaufte. Die Stiefel waren braun und schlammüberzogen. Je näher er kam, desto besser konnte Jaden ihn erkennen. Automatisch suchte er nach Ähnlichkeiten zwischen ihnen. Dieser Mann, sein Halbbruder, hatte schulterlanges, braunes, welliges Haar mit blonden Strähnen. Und einen Bart. Einer von diesen gepflegten Bärten, lang, aber modisch. Er sah aus, als könnte er in einer Shampoowerbung mitspielen.

      Jaden konnte sich keinen Bart wachsen lassen. Drew hatte ihn einmal dazu überredet, es zu versuchen. Herausgekommen war nur ein ungleichmäßiger, zotteliger Mopp. In der Mitte seiner Oberlippe wuchsen einfach keine Haare und es sah bescheuert aus, wenn sein Schnurrbart in der Hälfte geteilt war. Die langen Haare würden ihm sicher auch nicht stehen. Er ballte die Hand zur Faust, um sich nicht in einer verlegenen Geste durch seinen langweiligen Kurzhaarschnitt zu fahren.

      »Hey«, sagte Mister Shampoowerbung. »Du musst Jaden sein.« Er streckte ihm die Hand entgegen. »Es ist wirklich schön, dich kennenzulernen. Ich bin Elliot.« Sein Lächeln war freundlich und offen. Elliots Augen waren genauso dunkelblau wie Jadens und auch ähnlich geformt. Im Gegensatz zu Jadens dunklen Wimpern waren Elliots jedoch blond. Wenn Jaden aus einem bestimmten Winkel hinsah, konnte er sie kaum erkennen.

      »Hi. Ich bin Jaden.« Er krümmte sich. Das wusste Elliot ja schon. Natürlich machte er sich gleich zum Idioten. »Ich freue mich auch, dich kennenzulernen.« Dann fiel ihm nichts mehr ein. Sein Kopf war wie leer gefegt. »Ähm.«

      Elliot räusperte sich, kratzte sich unter dem Bart und trat von einem Bein auf das andere. »Ein Freund von mir hat angerufen und mir gesagt, dass du kommst. Wirst du hierbleiben? Ich kann dir das Haus zeigen.« Er lächelte verlegen. »Wir haben Strom und Wasser nicht abdrehen lassen, es ist also bewohnbar.«

      Um ehrlich zu sein, hatte Jaden geplant, in einem Hotel zu wohnen. Er öffnete den Mund, um Elliot das mitzuteilen. Doch schlussendlich sagte er nur: »Ähm, klar.« Eilig schloss er den Mund wieder. Wie sagte man auf höfliche Art, dass man verrückt geworden war und seine Worte gerne zurücknehmen würde?

      Elliot strahlte und wandte sich schon dem Haus zu. Jaden war seine verkrampfte Haltung bisher gar nicht aufgefallen, sondern erst jetzt, wo Elliot die Schultern sinken ließ. »Das ist großartig. Wir haben alles so gelassen, wie es war. Es ist genauso wie früher. Irgendwie war nie der richtige Zeitpunkt und wir wissen nicht wirklich, was wir mit all dem Kram machen sollen. Du kannst dich ganz wie zu Hause fühlen. Ich kann dich zum Einkaufen fahren, wenn du willst. Oder du könntest zu mir zum Abendessen kommen. Ich weiß, dass Phoenix und Zane dich auch gerne kennenlernen wollen. Aber ich kann verstehen, wenn du müde bist und dich den Rest des Tages ausruhen willst.«

      Jaden blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, mit schnellen Schritten, um Elliots Tempo zu halten. Er würde Elliot unterbrechen müssen, um auch etwas zu sagen. »Ähm«, sagte er erneut, unsicher und vollkommen überwältigt. »Ich bin wirklich etwas müde.«

      »Kein Problem. Ich zeige dir alles und um den Rest kümmern wir uns morgen. Mach dir keine Sorgen.« Elliot öffnete die Eingangstür und deutete mit einer ausladenden Geste in die geflieste Diele. »Nach dir.«

      Jaden fragte sich, ob Alice sich so gefühlt hatte, als sie dem Kaninchen in den Bau gefolgt war. Er trat ein.

      Kapitel 2

      Das Problem am Kleinstadtleben war, dass man keinerlei Privatsphäre hatte. Chase stand erst seit zehn Minuten hinter der Theke seines kleinen Smoothieladens Healthy Blends, bis ihn jemand nach dem Neuankömmling fragte. Er hob die Augenbrauen und sah Lanie Kingsleigh fragend an.

      »Wie hast du von ihm erfahren?«

      Lanie war zwischen sechzig und achtzig. Sie nannte jedem, der fragte, ein anderes Alter, und war eine gigantische Klatschtante. Wenn das Leben eine Runde Stille Post wäre, dann wäre Lanie immer diejenige, die das Spiel beginnen würde. Ihr braun gefärbtes Haar war heute in Locken gestylt. Sie hüpften, sobald sie sich bewegte. »Jacob hat mich angerufen. Er hat aber nicht viele Details verraten.« Sie lehnte sich nach vorn. »Du gibst zu viel Mango rein.«

      Chase hielt dabei inne, ihren Smoothie einzugießen. »Du hast einen Mango-Smoothie bestellt«, erinnerte er sie.

      »Aber mit wenig Mango. Also, wirst du mir erzählen, wer er ist?«

      Chase war sich nicht sicher, wie man einen Mango-Smoothie mit wenig Mango mixte. Er drehte sich um und tat so, als würde er den Smoothie auskippen, um einen neuen zu machen. Lanie verlangte das jedes Mal. »Nein, werde ich nicht«, sagte er freundlich und reichte ihr den Smoothie. »Einen wunderschönen Tag wünsche ich dir.«

      Sie schnaubte, zog aber von dannen. Chase betrachtete es als einen Sieg.

      Drei Minuten später wurde er wieder nach dem Neuen gefragt, diesmal von einer Mutter aus dem Elternverein, und ab da verselbstständigte sich die Sache. Langsam fragte er sich, ob Jacob, der Tankstellenwart, einen Aushang über Jaden Matthews Ankunft ans schwarze Brett gehängt hatte. Sie wollten wissen, wie er sprach. Hatte er einen Akzent, klang er kultiviert? Was wollte er in Serenity? Sobald alle herausfanden, wer er war, würde der Klatsch explodieren. Denn Jaden … Jadens Ankunft war eine wichtige Neuigkeit. Lily-Anne war in Serenity so etwas wie eine Berühmtheit gewesen. Sie war hier geboren und hatte ihr ganzes Leben hier verbracht. Außerdem hatte sie die Stadtversammlungen geleitet. Es gab hier niemanden, der sie nicht kannte und respektierte. Alle hatten Geschichten über ihren Sohn gehört. Chase war zu spät gekommen, um ihm noch zu begegnen. Lily-Anne hatte ihn als flatterhaft beschrieben. Kaum ist er da, ist er auch schon wieder weg, hatte sie gesagt. Andere waren nicht so nett, beschrieben ihn als Unruhestifter und Loser. Er blieb nicht gerne lange an einem Ort. Als seine Söhne vor all den Jahren eingetrudelt waren, war Lily-Anne ganz aus dem Häuschen gewesen. Genauso wie alle anderen in der Stadt. Nun, da jeder über den Schock hinweggekommen war, war Jadens Ankunft ein gefundenes Fressen. Es gab wieder einen Neuen, den man analysieren konnte. So, wie Chase es verstanden hatte, war Jaden der älteste Enkel. Seine Mutter stammte aus Serenity und war mit Sack und Pack verschwunden, wobei sie Jaden mitgenommen hatte. Er war der einzige Enkel, von dessen Existenz Lily-Anne gewusst hatte. Sie hatte immer gesagt, dass die Ankunft der anderen drei eine freudige Überraschung, ein Geschenk Gottes gewesen war. Eines dieser Geschenke Gottes betrat in diesem Moment den Laden. Die Glocke über der Tür klingelte fröhlich.

      Phoenix hatte sein langes, blau gefärbtes Haar zu einem Dutt hochgebunden, sodass man die Piercings in seinen Ohren gut sehen konnte. Sein Nasenring leuchtete im fluoreszierenden Licht auf

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