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Fenstern die Straße entlang, sodass der Wind sein Haar zerzauste und ihm direkt ins Gesicht wehte. Um die Musik über das Rauschen des Windes hinweg zu hören, stellte er sie laut. So, wie er es mochte. Er trommelte den Takt auf dem Lenkrad mit und sang aus voller Kehle. Adele hatte einfach etwas für sich. Immer, wenn sie im Radio lief, konnte er nicht anders, als mitzusingen.

      Die Fahrt zum Strand schien immer Ewigkeiten zu dauern, aber in Wirklichkeit waren es wohl fünfzehn, höchstens zwanzig Minuten. Kam ganz darauf an, wie oft er halten musste, weil irgendwelche Tiere die Straße überquerten. Einmal war er von einem Pferd aufgehalten worden, das von der Miller-Farm entkommen war. Das war ein denkwürdiges Ereignis gewesen. Betsey, die Stute, war unglaublich stur und hatte sich schlicht geweigert, sich vom Fleck zu rühren. Außerdem hatte sie ihn gebissen, als er sie hatte berühren wollen. Seitdem hatte Chase einen gesunden Respekt vor Pferden.

      Heute brauchte er fünfzehn Minuten. Als er in die Straße zum Strand einbog, erblickte er Phoenix‘ silbernen Corolla, der am Straßenrand parkte. Normalerweise hätte ihn das nicht überrascht. Phoenix kam oft zum Strand, um sich zu entspannen und zu erden. Chase begegnete ihm fast jeden Tag hier. Aber er hatte gedacht, dass Phoenix heute Zeit mit seinen Brüdern verbringen würde, um Jaden besser kennenzulernen.

      Chase knabberte an seiner Unterlippe und starrte aus dem Fenster. Es war sicher zu viel des Guten, wenn er wieder mit Abendessen vor Jadens Tür auftauchte. Die ganze Stadt würde ihm dann Löcher in den Bauch fragen. Außerdem war es die Aufgabe von Jadens Brüdern, ihn zu verköstigen. Es war nicht Chases Job, dafür zu sorgen, dass Jaden sich in Serenity willkommen fühlte. Egal, wie sehr er Jadens Gesellschaft mochte. Nein, er mochte sie nicht nur, er genoss sie. Jaden war wirklich witzig, wenn er sich entspannte. Wenn er lachte, wechselte sich sein Kichern mit Schnauben ab. Lachfalten umgaben dann seine warmen blauen Augen und seine Wangen wurden von leichtem Rot überzogen. Jedes einzelne Mal, wenn Jaden sich gestern Abend über etwas amüsiert hatte, hatte Chase Schmetterlinge in seinem Bauch gespürt. Es sah ganz so aus, als wäre er ein wenig verknallt. In einen ziemlich sicher nicht schwulen Typen, der nur einen Monat in der Stadt bleiben wollte. So war Chase nun einmal. Es folgte eindeutig einem Muster, in wen er sich verknallte. In der Highschool, als er sich noch nicht geoutet hatte, hatte er auf den Torwart des Fußballteams gestanden, Alex Medina. Es war hoffnungslos gewesen. Vier Jahre war es so gegangen. Und alles nur, weil sie einmal gemeinsam hatten nachsitzen müssen, nachdem sie den Unterricht gestört hatten. Wenn Chase es nicht geheim gehalten hätte, dann hätte er sicher den Namen Chase Medina auf all seine Notizbücher gekritzelt. Alex, der durch und durch hetero war, war direkt nach dem Schulabschluss nach Spanien gezogen. Das letzte Mal, als sie miteinander gesprochen hatten, hatte Alex ihm gesagt, wie leid ihm das mit dem Unfall täte. Und dass er gerade spontan ein französisches Model geheiratet hatte. Dann, auf dem College, war da Jackson Maxwell gewesen. Einige Jahre älter als Chase und der Quarterback des Footballteams. Wenn man dieses Verknalltsein zusammenfassen wollte, dann mit den Worten: Träum weiter. Jack hatte seine Freundinnen gewechselt wie seine Unterwäsche. Er war die Art von Typ, die sich im Kino nur mit Sicherheitsabstand neben seine Kumpels setzte. Ja, er musste zugeben, Jack war ein Arsch gewesen. Ein richtiger Klischee-Footballer. Aber trotzdem heiß. Er hatte Chase unter seine Fittiche genommen und ihm geholfen, sich im Team zurechtzufinden. Nun machte er in der National Football League Millionen, war mit einem Supermodel verheiratet und hatte zwei Kinder. Chase hatte wirklich kein gutes Händchen für Männer. Und er musste dringend aufhören, über all das nachzudenken. Er wollte auf keinen Fall, dass noch weitere düstere Erinnerungen zurückkehrten. An das eine Jahr, das er so gerne vergessen wollte. Er war zum Strand gekommen, um zu meditieren, nicht, um alte Wunden aufzureißen, während er in seinem Auto vor sich hin schmorte. Er würde etwas Yoga machen und sich Jaden aus dem Kopf schlagen. Jaden und seine vollen, roten Lippen, die sicher wie geschaffen für Blowjobs waren. Ganz einfach.

      Der Sand unter seinen Füßen war brennend heiß, kleine Muschelschalen stachen ihm in die Fußsohlen, wenn er nicht darauf achtete, wo er hintrat. Er rollte seine Matte direkt am Wasser aus, sodass er jedes Mal ein paar Spritzer abbekam, wenn die Wellen gegen den Strand schlugen. Vielleicht würde er nachher noch schwimmen gehen, bevor er nach Hause fuhr und sich umzog. Je nachdem, wie heiß ihm nach dem Training war.

      Er begann mit ein paar Dehnübungen, wärmte sich auf, obwohl er theoretisch auch gleich hätte loslegen können. Beim Yoga war es wichtig, eine gewisse Routine zu bewahren. Er wusste genau, was er tun musste, um einen entspannten, tranceartigen Zustand zu erreichen. Bei einigen der Posen zuckte Schmerz durch seine Schulter, doch nach all den Jahren registrierte er es bloß noch als kleineres Ärgernis. Er machte sich eine mentale Notiz, dass er bald einen Termin bei seiner Masseurin vereinbaren musste, atmete den Schmerz weg und machte weiter. Auf keinen Fall durfte er seine Schulter schonen. Seine Physiotherapeutin, die er nach dem Unfall besucht hatte, war da sehr deutlich gewesen. Es war wichtig, über seine Schmerzgrenze hinwegzugehen, um beweglich zu bleiben.

      Er befand sich gerade mitten in der Kapotasana-Position, einer Art Brücke, bei der man sich mit den Knien, Schienbeinen und Armen auf der Matte abstützte und seine Fußknöchel berührte, als er über das Meeresrauschen hinweg Stimmen vernahm. Ein Schatten fiel über ihn, gerade als seine zehn Sekunden vorbei waren. Er richtete sich wieder auf und erblickte Phoenix und Jaden, die ihm zusahen.

      Phoenix‘ hochgekrempelte Jeans war nass und sein Haar kräuselte sich an den Enden zu Locken. Er streckte Chase eine Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen. »Hey, Mann. Wir unterbrechen dich doch nicht, oder?«

      Jaden stand neben ihm mit geröteter Haut. Entweder, sie würde sich bräunen oder zu einem Sonnenbrand werden. Er hatte die blauen Augen verengt, wohl, um trotz der Sonne etwas erkennen zu können. Sein Haar war feucht und klebte an seiner Haut, Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn. Vielleicht versuchte Phoenix, ihn umzubringen. Der arme Mann war diese Hitze eindeutig nicht gewohnt.

      »Nein, war schon fertig.« Er bückte sich, griff nach der Wasserflasche und bot sie Jaden an. »Du siehst aus, als könntest du das gebrauchen.«

      Jaden nahm sie und betrachtete sie kritisch.

      »Ich habe sie nicht vergiftet«, sagte Chase.

      Jaden sah ihm in die Augen. »Aber du hast daraus getrunken.«

      »Ähm … ja.« Es herrschte etwa eine Million Grad und er hatte gerade direkt unter der prallen Sonne trainiert.

      »Es wäre unhygienisch, wenn ich nach dir daraus trinken würde. Weißt du, wie viele Bakterien wir austauschen würden?«

      Chase blinzelte und versuchte, seine Worte zu verarbeiten. Er warf Phoenix einen Blick zu, doch dieser wirkte genauso verdutzt wie er selbst.

      Okay …

      »Ich habe mir heute Morgen die Zähne geputzt«, sagte er zu Jaden. »Und Mundwasser verwendet. Ich denke, du wirst es überleben, nach mir zu trinken.« Er sollte das nicht persönlich nehmen, manche Leute waren da eben komisch. Und doch tat er es; er nahm es persönlich. Chase hatte einen einwandfrei sauberen Mund. Lag es daran, dass er ein Mann war? Er musterte Jaden neugierig. So hatte er ihn eigentlich nicht eingeschätzt.

      Jaden gab ihm die Wasserflasche zurück. »Danke, aber nein danke. Ich würde mich schrecklich fühlen, wenn du dir irgendetwas von mir einfangen würdest.«

      Chase hob die Augenbrauen, sagte aber nichts. Er schraubte die Wasserflasche auf und nahm einen großen Schluck. Wenn Jaden nichts trinken wollte, würde er das eben tun. Er konnte nicht erkennen, ob Jaden rot anlief oder ob es an der Sonne lag.

      Phoenix räusperte sich. Er unterdrückte eindeutig ein Grinsen. »Hattest du heute ein gutes Training?«

      Chase ließ die Schultern kreisen und versuchte so, die verbliebenen Verspannungen zu lösen. »Ja. Das Wetter ist ganz nett. In ein paar Wochen muss ich mein Training dann wahrscheinlich auf den Abend verlegen.« Er kam relativ gut mit der Hitze klar, aber im Hochsommer um diese Uhrzeit zu trainieren, war ein todsicherer Weg, an einem Hitzekollaps zu sterben.

      »Es wird noch heißer als jetzt?«, fragte Jaden ungläubig.

      Phoenix und Chase lachten. »Ja«, antwortete Phoenix. »Das hier ist gar nichts.«

      Jaden

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