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erstes Zusammentreffen [mit Heine] war folgendermaßen: ich stand in meinem Laden und verkaufte, da trat ein junger Mann herein und forderte Heines Tragödien. Ich reichte ihm ein sauber gebundenes Exemplar. „Ach, das ist mir lieb, daß das Buch gebunden ist.“ – Während er das Exemplar besah, ging ich nach der Seite, wo die Dichter aufgestellt waren, brachte ihm die Gedichte desselben Verfassers. „Lieber Herr,“ fiel er mir hastig in das empfehlende Wort, „die mag ich nicht – ich verachte sie! –“ – „Wie,“ sagte ich, „Sie verachten sie? Dann haben Sie es mit mir zu tun!“ – „Lieber Herr, ich kenne sie besser als Sie, denn ich habe sie geschrieben.“ – „Nun, mein Herr Doktor, wenn Sie wieder einmal so etwas Wertloses produzieren und Sie haben gerade keinen bessern Verleger, so bringen Sie sie mir, und ich werde mir eine Ehre daraus machen, meine Firma daraufzusetzen.“ – „Scherzen Sie nicht mit mir, ich könnte Sie auf die Probe stellen.“ – „Sie würden dann erfahren, daß ich probehaltig bin.“ –

      Am andern Tage kam Heine, bezog sich auf jenes Gespräch und sagte: „Sie waren gestern so freundlich, sich zu meinem Verleger anzubieten, in der Tat habe ich etwas druckfertig; haben Sie nicht gescherzt, so bin ich bereit, Ihnen mein Werk zu übergeben. Es sind Reisebilder, Harzreise, siebenundsiebzig Gedichte.“ – „Es ist gut: Sie geben mir ein Buch, auf dessen Titel Ihr Name steht, und das fünfundzwanzig Bogen füllt. Wieviel Honorar nehmen Sie in Anspruch?“ – „Dreißig Louisdors.“ – „Gut! Es wäre Ihnen genehm, wenn ich Ihnen die Zahlung leistete?“ – „Oh, das wäre mir sehr genehm!“ – Seit diesem Tage war Heine jeden Tag in meinem Laden, und wir wurden intime Freunde.

      [Durch seinen Freund Moser ließ Heine noch am 9. Januar 1826 den ersten Band der „Reisebilder“ dem Verlag Dümmler in Berlin anbieten; dieser lehnte (nach Strodtmann I, 429) wegen zu hoher Honorarforderung ab. Am 14. Februar konnte Heine demselben Freunde melden, daß sein Buch bei Hoffmann & Campe erscheinen werde. Er dürfte also mittlerweile seinen neuen Verleger, auf obige, von Campe selbst oft erzählte Weise, kennengelernt haben. Für eine Vermittlung der Bekanntschaft durch Professor Zimmermann, von der Strodtmann spricht, ist da kein Raum.]

      126. Rosa Maria Assing115

      Mai 1826

      [R. M. Assing an Varnhagen, Hamburg, 26. Mai 1826:] Heine erzählte mir, er habe erfahren, Du seist krank gewesen, nun aber wieder ganz hergestellt, sonst, fügte er hinzu, würde er es mir nicht erzählt haben... Er besucht uns zuweilen und ist uns stets willkommen. Assing hält ihn für sehr eitel und allzusehr von sich eingenommen, es ist wahr, er scheint wenig Teil an Dingen zu nehmen, die nicht mit ihm in Beziehung stehen, und spricht viel und gern über sich selbst, aber immer geistreich, und ich mag mich gern im Gespräch mit ihm ergehen und bin ihm zugetan wegen der großen Liebe und Verehrung, mit welcher er stets von Euch spricht.

      [Antwort Varnhagens vom 30. Mai:] ... Mich freut es ungemein, daß Ihr Heine’n oft seht, daß er Euch hat und Ihr ihn. Man muß ihm vieles nachsehen, er verdient es; seine besten Eigenschaften sind mit seinen Auffallenheiten verwachsen, und nur die innere Entwicklung kann das Verschiedenartige einst wieder trennen.

      127. Hermann Schiff47

      Mai/Juni 1826

      Als ich 1826 nach Hamburg kam, traf ich ihn ganz zufällig auf der Straße. Ich wußte gar nicht, daß er hier sei. Eine vorteilhafte Veränderung hatte sich mit ihm begeben. Er war nicht mehr der in sich selbst Zurückgezogene. Sein Benehmen war offener und freier. Er war ein Lebemann geworden, und mehr als das: ein vornehm mißmutiger Gentleman.

      Wir emhrassierten uns auf offener Straße und er sagte, weil ich ihm Komplimente über sein gutes Aussehen machte: „Wundre dich nur. Ich habe mich geändert und schwinge jetzt die Harlekinspeitsche.“ – Nämlich, der erste Band „Reisebilder“ war erschienen und machte von Hause aus großes Aufsehen. Merkwürdig genug war diese Äußerung Heines über die neue Richtung, die er eingeschlagen. Ob es mißmutige Bescheidenheit war oder selbstgefällige Ironie, bleibe dahingestellt. Ich mußte ihn nach seiner Wohnung begleiten, wo er mir ein Exemplar mitgab.

      Ich hatte es durchgesehen und brachte die ungebundenen Aushängebogen wieder.

      „Nun! was sagst du?“ lächelte er selbstgefällig.

      „Dasselbe, was du gesagt hast. – Allein die Harlekinspeitsche ist keine Dichterfeder.“

      „Als ob ich nicht schon gewohnt wäre, von dir negiert zu werden. Glücklicherweise kann ich mich darüber trösten und zumal jetzt.“

      „Die Majorität des Publikums ist für dich. Es folgt hieraus, daß ich es auch sein muß.“

      „Der Erfolg hat recht!“

      „Das gilt für Frankreich, nicht für Deutschland, und zwei Auguren, die sich begegnen, lachen einander aus.“

      128. Hermann Schiff47

      1826

      Den Brief, den einzigen, den Heine an mich schrieb, fand ich 1825 bei Lauffer in Leipzig... Er enthält eine schmeichelhafte Anerkennung des „Pumpauf und Pumperich“, verwirft aber anderes als „schlecht“ – Leider ist dieses Büchlein nicht von mir, sondern von Herrn Dr. Wilhelm Bernhardi, Sohn des Konsistorialrates Bernhardi und der Schwester Ludwig Tiecks, Sophia... Heines Lob war freilich an den Pseudoverfasser fehlgerichtet. Allein er lobte mich doch gern, wenn ich irgend in sein Fahrwasser geriet. Von meinen damals erschienenen Höllenbreugheln sagte er: „Entweder du bist meschugge oder du gehst direkt darauf aus, es zu werden.“

      [Ein undatiertes Fragment des Briefes ist erhalten (Hirth Nr. 135). Bei den Novellen von Bernhardi, „Pumpauf und Pumperich“, zeichnete David (d. i. Hermann) Schiff als Herausgeber, daher die Verwechslung. Auch Schiffs Novellen „Höllenbreughel“ erschienen 1826, so daß die ganze Mitteilung in dieses Jahr gehören dürfte.]

      129. Maria Embden-Heine88

      1826

      Bei einem seiner ersten Besuche in Hamburg forderte ihn Merckel, sein intimer Freund, auf, mit ihm nach Eimsbüttel zu kommen, um dort eine Merkwürdigkeit, die schöne Marianne, zu besuchen.

      Diese hatte dort eine elegante Gastwirtschaft, in welcher die Jeunesse dorée Hamburgs viel verkehrte. Marianne war eine holsteinische Schönheit, groß, fest und stark, und nur ihre schönen Augen gaben ihren regelmäßigen, aber kalten Zügen einen belebenden Reiz.

      Trotz aller Huldigungen bewahrte sie dennoch einen makellosen Ruf.

      Marianne saß am Büfett, aufmerksam die Bedienung ihrer Gäste überwachend, und wenn man sich mit ihr unterhielt, war sie scheu und zurückhaltend.

      Sie war damals, wenn auch nicht mehr ganz jung, doch immer noch eine stattliche Erscheinung, und Heine, der etwas ganz anderes erwartet hatte, fühlte sich durch die Gleichgültigkeit, womit sie seinen neugierigen Blicken begegnete, etwas mißgestimmt. Er trat ans Büfett und sagte: „Madame, können Sie mir nicht sagen, wo hier die schöne Marianne wohnt, ich bin eigens hergekommen, dieselbe zu sehen.“

      [Heines Freundschaft mit Friedrich Merckel in Hamburg begann Frühjahr 1826; seine Nichte Maria war damals ein dreijähriges Kind, berichtet also nur von Hörensagen; sie meint vielleicht: „Bei einem seiner ersten Besuche bei Merckel.“ – In den „Memoiren des Herrn von Schnabelewopski“ figuriert die schöne Marianne als dritte Merkwürdigkeit Hamburgs.]

      130. Maria Embden-Heine88

      1826

      Heine rauchte nicht und konnte auch den Tabaksdampf nicht leiden, weshalb man ihn häufig in der Damenhalle (eine Konditorei am neuen Jungfernstieg in Hamburg), wo nicht geraucht wurde, finden konnte. Er liebte Süßigkeiten und verzehrte einen Kuchen nach dem andern. Er las eifrigst die dort aufgelegten Tagesblätter oder musterte, am Fenster sitzend, die vorbeigehenden Damen.

      Bei schönem Wetter saß

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