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hol ich, ich weiß eine Stelle, da gibt’s viele“, sagte Anne rasch. „Herta, wird’s gehen?“

      „Klar“, sagte Herta, „ich beeile mich. Hauptsache, beim Backen geht nichts schief.“

      Sie sprachen nichts mehr, sondern stürzten sich voller Eifer auf ihre Arbeit. Herta konnte in aller Ruhe sehr viel fertig bringen, wenn es auch bei ihr immer so pomadig aussah, und Anne war flink. Margot ließ im Backhaus das Nudelholz über den Kuchenteig sausen und werkte, während der Zorn in ihr kochte.

      Sie würde Erika noch Bescheid sagen, darauf konnte die sich verlassen! Solch eine Gemeinheit, die andern gerade heute im Stich zu lassen!

      Ein Kuchenblech nach dem andern wurde fertig beiseite gestellt, dann mussten die Brote heraus und nass abgekehrt werden; es roch herrlich, und sie waren ganz richtig gebacken. Nun die Kuchenbleche in den Ofen – Margot fühlte, wie ihr Ärger verging und das Glück selbstständiger Arbeit ihr Herz überflutete. Freilich, das kannte Erika nicht. Sie stutzte einen Augenblick bei diesem Gedanken. Hatte Erika vielleicht mit ihren Vorwürfen Recht? Nein, auf keinen Fall durfte man sich so verhalten, selbst wenn man im Recht wäre.

      Margot war nicht die Älteste hier, aber sie war am längsten hier und hatte die größte Erfahrung. Da hatte sich von Anfang an von selbst ergeben, dass sie den Ton angab, regierte, wenn man so sagen wollte. Sie fühlte sich auch heute verantwortlich dafür, dass alles wieder in Ordnung kam.

      Als die Kuchen fertig waren, ging sie hinüber. Die Küche war blank. Schönfeld drehte eben versuchsweise den Hahn auf. Das Rohr hielt dicht, Gott sei Dank! Herta hatte fast Unmögliches geleistet, ein Topf Kartoffeln stand wahrhaftig geschält auf dem Herd, und nur im kleinen Dämpfer kochten Pellkartoffeln.

      „Die sind für uns Mädel, da brauchen die anderen bei Tisch nicht zu schälen. Bei uns kommt’s nicht drauf an. Und da ist auch Anne mit den Brennnesseln. Gib her, ich wiege sie gleich.“

      „Das kann ich auch noch tun. Bist du fertig, Erika, oder sollen wir dir helfen?“, fragte Margot. Den andern blieb der Mund offen stehen. Sie hatte weder einen mürrischen noch einen spöttischen Ton. Erika selbst war verblüfft. Sie hatte inmitten der fieberhaften Tätigkeit der andern so betont langsam und umständlich an ihrem Salat geputzt, dass das allein schon aufreizen konnte.

      „Danke, es ist nicht nötig“, sagte sie verwirrt.

      „Dann gut. Du schmeckst ihn vielleicht auch selbst ab. Hast du schon Kräuter da? Sonst springt vielleicht Anne und holt sie dir.“ Sie gab der Freundin einen Wink mit den Augen, und Anne lief. Als Frau König gegen Mittag erschien, war alles in schönster Ordnung. Margot erstattete Bericht und erklärte die kleine Umstellung beim Essen.

      „Gut, schön“, sagte die Königin in ihrer Art. Alle atmeten auf. Nach Tisch erschien Herta im Zimmer der zwei anderen. Die hatten das erwartet, sie mussten ja beraten.

      „Warum warst du eigentlich auf einmal so freundlich zu Erika? Meinst du, wir sind auf sie angewiesen und müssen sie, koste es, was es wolle, bei guter Laune halten?“

      „Nein, das bestimmt nicht“, sagte Margot entschieden. „Aber hört mal, in manchem hat sie nicht unrecht. Wir haben sie oft als Handlanger behandelt.“

      „Ja, weil sie sich allein nichts zutraut! Das stimmt doch! Zu nichts hat sie Courage, und beim Reiten ist es genauso. Der Satan ging ihr sofort durch die Lappen, vom Bubi ganz zu schweigen.“

      „Ich glaube, Erika gehört gar nicht aufs Pferd, sie reitet nur, weil es Mode ist.“

      „Ja, und Angst hat sie und ist beleidigt, wenn nicht alles sofort klappt.“

      „Natürlich, und nun verdirbt sie uns alles, weil sie keine Lust mehr hat. Haben wir nicht Recht?“

      „Doch“, sagte Margot, „in einer Hinsicht schon. Aber hört mal zu, wollen wir es nicht einmal anders herum probieren? Indem wir einfach versuchen, ihr Mut zu machen? Sie braucht Vertrauen zu sich selbst.“

      „Wie willst du denn das anfangen?“ Anne und Herta sahen gespannt und etwas misstrauisch auf Margot.

      „Ja, ob ich es fertig kriege, weiß ich nicht. Aber ich dachte, wir könnten ihr doch mal selbstständige Arbeit zuschieben und helfen ihr dabei, ohne dass sie es merkt. Heute hat sie den Salat doch tadellos fertig gemacht.“

      „Na, Salat! Was ist denn da schon groß dabei?“

      „Anne, ich erinnere mich an eine lebensgroße Schnecke, die mit in die Schüssel gewandert wäre, wenn Herta sie nicht noch im letzten Augenblick ...“

      „Geschenkt, geschenkt“, rief Anne und lachte. „Diese Schnecke kommt noch einmal auf meinen Grabstein.“

      „Aber so geht es vielleicht wirklich“, sagte Herta nachdenklich, „es macht bestimmt keinen Spaß, immer Handlanger zu sein. Versuchen wir es also.“

      „Nein, Kinder, ich sage euch, als ich heute das Brot und den Kuchen ganz allein besorgt habe, das war wundervoll. Am liebsten würde ich die Prüfung der Bäckerinnung auch noch machen“, sagte Margot begeistert. „Aufregend ist das mit dem Ofen, aber Spaß macht’s!“

      „Na, weißt du, ich finde auch den Separator aufregend genug, mir wenigstens reicht es bisher“, sagte Anne.

      „Na also, dann sind wir ja einig!“, lachte Herta. „Erika braucht Selbstständigkeit, das ist es, dann wird alles besser.“

      „Sie darf es aber nicht merken!“

      „Nein, sonst ist sie sofort misstrauisch.“

      „Und beim Reiten, wie machen wir es da?“

      „Wir bitten Kornelius, dass er ihr von sich aus ein anderes Pferd gibt. Aber welches?“

      Sie beratschlagten eifrig. Anne grollte noch.

      „Kinder, was sie da über mich sagte von Anschmeicheln und Schöne-Augen-Machen, also das fand ich empörend.“

      „War es auch“, begütigte Margot, „überhaupt, Erika ist schwierig. Nun, wir werden sie schon zur Vernunft bringen. Stellt euch doch mal vor, sie ist das einzige Kind zu Hause. Da war niemand, der sie ärgerte und gegen den sie sich durchsetzen oder von dem sie was einstecken musste. Dann wird man so eine Mimose.“

      „Mag sein. Man ist nichts Gutes gewöhnt.“

      „Also, wollen wir es mit ihr versuchen?“

      „Gut.“ Sie sahen sich an und lachten. „Aber wenn sie nun vom Satan runterfliegt?“

      „Sie wird schon nicht. Ich gebe Kornelius einen Wink, dass er es gnädig macht heute Abend.“

      Und so geschah es. Reuter wurde in die Verschwörung eingeweiht, es zeigte sich, dass er großartig schauspielern konnte. Er ließ zunächst aufsitzen wie sonst, mäkelte dann unentwegt an Annes Sitz herum und befahl zuletzt, scheinbar stark verärgert:

      „Halt. Anne und Erika absitzen. So, Sie wechseln jetzt die Pferde. Das ist ja nicht mehr mit anzusehen!“

      Erika erklomm den Satan mit blassem Gesicht. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit erlaubte Reuter den Mädeln, auch weiter mit Bügeln zu reiten. Sonst kam um diese Zeit meist der wenig willkommene Befehl: „Alle die Bügel hochschlagen.“ Und dann folgte die große Quälerei: Traben ohne Bügel, bis man glaubte, man könnte sich nicht mehr halten. Heute erlaubte er weiter leichten Trab, und Anne versuchte, sich mit Felix zu befreunden. Er war ein bisschen hart im Traben, fand sie, und ein geheimer Groll fraß an ihrem Herzen. Sie war so schön an ihren Satan gewöhnt gewesen.

      „Nun, Engelein, weinen Sie Ihrem Teufel nach?“, fragte Reuter einmal halblaut, als sie an ihm vorbeikam. Sie biss sich auf die Unterlippe.

      „Ruhig, ruhig“, sagte er, genau im selben Tonfall, wie er mit einem Pferd sprach, das den Kopf wirft und steigen will. „Das nächste Mal können Sie den Goldpeter haben. Wenn Sie mögen, heißt das. So viel haben Sie jetzt gelernt.“

      Anne

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