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Die unvollendete Geliebte. Elisabeth-Joe Harriet
Читать онлайн.Название Die unvollendete Geliebte
Год выпуска 0
isbn 9783902998682
Автор произведения Elisabeth-Joe Harriet
Жанр Афоризмы и цитаты
Издательство Bookwire
Das Leben ist wie ein Kreuzzug
In das gelobte Land –
Und bis ich es wieder erschaue
Grüß’ alles ich, was mir bekannt.
(…)
Der schönen Frau Eveline
Ergeben mein Grüßen gilt,
Ich küsse die Hände Frau Olga,
Der Wirtin wundermild.
Herrn Charles empfehl’ ich mich bestens,
Auch Rettinger sei gegrüßt,
Von einem, der all seine Sünden
Im öden Ischl büßt.
Ich schließe somit, denn in kurzem
Bin ich ja wieder retour –
Und mündlich sinkt Ihnen zu Füßen
Ihr treuer Freund Arthur.
Die Antwort aus Reichenau kommt prompt am Samstag, 21. August 1886, in Form des folgenden gedichteten Telegramms, das neben Olga und Dora auch von Eveline Brandeis-Weikersheim und Marie Engländer unterzeichnet ist:
Besten Dank fürs Grüßenlassen besten Dank für Ihr Gedicht doch wir können uns nicht fassen daß zum Fest Sie kommen nicht.
Dora Eveline Mitzi Olga
Wie Schnitzler später von Dora Kohnberger erfährt, hat Olga in ihrem Zorn über sein Nichterscheinen zum Fest wütend einen Teller zerschlagen.
Am Dienstag, dem 24. August, kann er sich von seiner Familie in Ischl loseisen und macht sich mit der Bahn auf den Weg nach Payerbach. Dort besteigt er einen Fiaker und fährt elegant am Thalhof vor. Hier hat sich der Kreis der Gäste inzwischen vergrößert – Olgas Schwestern Gabriele und Fanni sind zu Besuch –, aber die Grundsituation hat sich nicht geändert: »Das Mißtrauen des Gatten war während meines Fernseins offenbar noch gewachsen; und da ich meine Gefühle immer weniger zu verbergen vermochte, und da auch Olga es zuweilen, sooft sie mir auch, wenn Gefahr in der Nähe war, ein hastiges ›take care‹ zuflüsterte, an dauernder Vorsicht und Verstellungskunst fehlen ließ, so wurde die Atmosphäre immer schwüler und bedrohlicher; und wenn der Gatte und ich einander begegneten und mit stummen Blicken maßen, drängte sich mir das vielleicht etwas zu großartige Bild auf, daß sich zwei Tiger auf dem Sprung gegenüberlägen.«
Olga und Arthur sind nie mehr als eine Minute allein und der Schutzengel Dora Kohnberger ist mittlerweile abgereist. So müssen jene Gelegenheiten wahrgenommenen werden, bei denen man einander in langweiliger Gesellschaft, während ermüdender Lesungen oder dilettantischer Klaviervorträge wenigstens nahe sein oder sich in die Augen sehen kann. Weitere Möglichkeiten sind Spaziergänge, bei denen Olga so tut, als würde sie Arthur die umliegenden Berge erklären, ihm dabei aber zuflüstert: »Sagen Sie mir noch einmal, dass Sie mich lieben, – ich kann es tausendmal hören, – wenn Sie wüssten, wie ich Sie anbete.« Da Olga jederzeit irgendwo im Thalhof erscheinen könnte, wagt es Schnitzler nicht, sich auch nur eine Viertelstunde vom Hotel wegzubewegen. Dabei liegt er mitunter verzweifelt in seinem Zimmer, weil die Angebetete, ein feindseliges Verhalten ihres Gatten fürchtend, in kühlem Ton zu ihm gesprochen hat. Er ist von der anstrengenden Gesamtsituation und dem ewigen Komödienspiel entnervt.
Eines Tages kommen Olga und Arthur schließlich auf die Idee, Schach zu spielen, im kleinen Hof neben dem rückwärtigen Hoteleingang, der von allen Seiten zugänglich ist und damit quasi vor aller Augen liegt. Ständig gehen an dem Schachtisch Gäste, Bedienstete, Olgas Mann oder ihr Schwiegervater vorbei, verharren kurz, werfen einen flüchtigen Blick auf das Schachbrett und entfernen sich wieder. In aller Öffentlichkeit haben die beiden so die Möglichkeit, einander nahe zu sein, ohne allzu großes Aufsehen zu erregen. Es ist ein harmloses Spiel, bei dem die Finger der Spieler sich beim Rücken der Figuren flüchtig berühren können. Die dadurch entstehende Erregung kann durch das spannende Spiel erklärt werden. Selbst Charles kann nichts dagegen haben, dass seine Frau am späten Nachmittag mit einem pünktlich zahlenden Gast aus gutem Hause eine Partie Schach spielt.
Die Störung dieser Schach-Idylle sollte von unerwarteter Seite kommen. Am Morgen des 2. September fährt der fesche Kavallerieleutnant in Reserve, Rudi Pick, im Fiaker vor und bleibt für zwei Tage. Mit diesem Mann hat Schnitzler aus mehreren Gründen ein Problem. Nicht nur ist er ein Verehrer seiner Angebeteten gewesen, ist schlanker, blonder, eleganter als er selbst gekleidet und plaudert amüsanter. Mit ihm ist Olga alleine auf Gamsjagd gewesen, wo sich doch unvergleichlich bessere Gelegenheiten zur Liebe geboten haben müssen, als er sie hier mit ihr hat! Schnitzler wird völlig von seiner Eifersucht überrollt. Obwohl Olga während dieser zwei Tage alles Menschenmögliche tut, um ihn zu beruhigen, ihm verheißungsvolle Blicke und leidenschaftliche Worte zuflüstert, leidet Arthur unsäglich, was Olga wiederum beunruhigt: »Ich könnte weinen, wenn ich Sie traurig sehe«, sagt sie. »Wissen Sie denn, wie wahnsinnig ich Sie liebe? Jede Minute meines Lebens, meines Denkens gehört ja Ihnen nur allein«, entgegnet er. Nur Charles scheint die Situation zu genießen. Was soll schon passieren, wenn gleich zwei Verehrer seiner Frau zugegen sind?
Doch der Schein trügt. Am Abend nach Rudi Picks Abreise erscheint Olga nicht wie üblich im Speisesaal, da sie sich, wie man vernimmt, nicht wohlfühlt. Am nächsten Morgen erscheint sie sehr blass, winkt Arthur zu sich und bittet ihn, sich in fünf Minuten in ihrem Salon einzufinden. Als Arthur dort einlangt, steht sie, noch bleicher als vorher, am Klavier, sinkt in seine Arme, küsst ihn mit Inbrunst. Dann erzählt sie, dass sie Charles am Vorabend nur mit Mühe davon abhalten konnte, hinunterzustürmen und ihn zu erschlagen. Sie bittet Arthur, sofort abzureisen, um sich in Sicherheit zu bringen. Voller Überzeugung erklärt Arthur, dass er nicht daran denkt zu fliehen, sondern gerne für sie sterben will. Gemeinsam suchen sie nach einer Lösung, was immer wieder von zärtlichen Küssen unterbrochen wird. Arthur entwickelt einen Plan nach dem Motto, dass Angriff die beste Verteidigung sei.
Er lässt sich unverzüglich bei Charles melden und stellt ihn zu Rede. Fragt ihn, warum er seiner Frau das Leben mit seiner unbegründeten Eifersucht vergälle und harmlose freundschaftliche Unterhaltungen durch sein Misstrauen störe, erklärt ihm, dass eine verfrühte Abreise seinerseits peinlich auffallen und ihm in seinem Ansehen schaden würde. »Er erwiderte mir ziemlich ruhig, und nur seine zermarterten Züge, die schmalgewordnen Wangen, die rotgeränderten Augen mit den lefzenartig heruntersinkenden Mundwinkeln – Jagdhundgesichter pflegte später einer meiner Freunde solche eifersuchtverzerrte Physiognomien zu nennen – verrieten seine, mir freilich sehr gleichgültige oder gar lächerliche innere Pein. Er sei fern davon, sagte er, seine Frau ernstlich zu verdächtigen, und was ihr ›G’speanzel‹ mit mir anbelange, so solle ich ja nicht glauben, daß ihm das etwas Neues sei. ›Mit dem Richard Engländer und mit dem Rudi Pick‹, setzte er mit einem wohlgezielten Nebensatz hinzu, ›hat sie’s genauso getrieben wie mit Ihnen.‹ Es ist wohl denkbar, daß nun auch meine Züge ins Jagdhündische zu spielen anfingen.« Er habe auch nichts gegen Gespräche, die seine Frau mit den Gästen führe, erklärte Charles, was er sich allerdings nicht gefallen lassen wolle, sei das dadurch entstehende Gerede der Leute. Die beiden Männer trennen sich mit einem Händedruck und Schnitzler kann bleiben.
Er tanzt am Abend mit Olga, wobei sich ihre Wangen berühren und sie Zärtliches flüstert, als Sieger fühlt er sich dennoch nicht. Der Stachel von Charles’ Bemerkung, dass Olga es mit Altenberg und Pick genauso getrieben habe, sitzt tief. Bei der nächsten Schachpartie quält er Olga, indem er die hämischen Worte ihres Mannes wiederholt, ja sie ihr vorwirft. Sie erkennt darin die Rache ihres Ehemannes und geht nicht weiter darauf ein. Schnitzler hat nicht erreicht, was zum Grundmuster seiner Liebesbeziehungen gehört: Wenn er leidet, muss auch die Frau durch ihn leiden, denn ohne Leid und Eifersucht kann Liebe nicht wahre Liebe sein.
Noch vor Rudi Picks Ankunft hatte Schnitzler auf Bitten Olgas hin begonnen, ein Gelegenheitsstück zum Geburtstag der schönen Eveline Brandeis-Weikersheim zu verfassen. Er tat es umso lieber, als Olga sich bereit erklärt hatte, darin die Rolle des Thalhof-Genius zu übernehmen. Sich selbst als einzig mitwirkendem Herrn teilte er die Rolle des Genius von Wien