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Galeone und die Lateinersegel von drei Karavellen. Sie waren zu weit entfernt, als daß man sie genau erkennen konnte. Aber ohne Zweifel handelte es sich um vier Schiffe, die sich auf die Spur der Galeonen gesetzt hatten.

      Hasard sagte: „Das muß die ‚Aragon‘ sein. Unterwegs hat sie die Karavellen getroffen. Vier gegen uns, Ben!“

      Für die Schebecke, die „Wappen“ und die „Isabella“ würde es leicht sein, den Verfolgern auf und davon zu segeln. Aber seit dem Aufbruch in der Karibik standen die schnelleren Schiffe vor dem Problem, daß sie ihre Geschwindigkeit nicht ausnutzen konnten. Die alten, schwer beladenen und schwerfälligen Galeonen kamen auch dann, wenn sie jeden Fetzen Tuch setzten, nur weitaus langsamer als die Schebecke voran.

      Das bedeutete, daß die Verfolger den Konvoi der neun übriggebliebenen Schatzgaleonen bald eingeholt haben würden.

      „Vier Schiffe und ein wütender Mönch, Sir“, antwortete der Erste. „Wir kriegen Arbeit.“

      „Erst einmal kriegen wir ein gutes Frühstück vom Kutscher und Mac“, erwiderte der Seewolf und schob, nachdem er die Verfolger noch einmal sehr genau betrachtet hatte, das Spektiv in die Tasche.

      Blacky, der jetzt am Ruder stand, sagte grinsend: „Verspricht, ein heißer Tag zu werden, Sir.“

      „Warten wir’s ab. Vielleicht hilft uns die ‚Isabella‘ ein bißchen.“

      „Das will ich meinen, Sir“, sagte Blacky. „Dieser Mönch, wie? Läßt nicht locker.“

      Der Spalt zwischen der Kimm und dem unteren Rand der Wolken vergrößerte sich und verbreitete sich nach Norden und Süden. Der Rand des Tagesgestirns erschien. Sonnenlicht strahlte in den Segeln auf, und die Rümpfe der Schiffe färbten sich hellbraun und goldfarben. Auch die Segel der Verfolger wurden deutlicher.

      „Eigentlich war es nicht anders zu erwarten, Blacky“, entgegnete der Seewolf zuversichtlich. „Wir haben schon ganz andere Verfolger abgeschüttelt.“

      „So oder so“, meinte Blacky und schaute zu den Culverinen.

      Hasard wandte sich an seinen Ersten, deutete mit dem Daumen knapp über die Schulter und sagte: „Die Galeonen sollen ruhig weitersegeln und zusehen, wie wir mit den Verfolgern fertig werden. Die ‚Isabella‘ ist näher, sprechen wir mit Jean Ribault. Drei Strich abfallen, Blacky.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Von der Kochstelle her verbreitete sich dünner Rauch und der Geruch des frischen Tees. Die morgendliche Kälte saß in allen Knochen. Der Wind blieb kalt, aber die Feuchtigkeit schien geringer geworden zu sein. Die Sonne blendete von Osten, vor ihr zeichnete sich die Kette der Schiffe als schwarze Punkte mit halb durchsichtigen, leuchtenden Segeln ab.

      Die Schebecke schob sich querab des vorletzten Schiffes an Backbord des Konvois durch die Wellen. Vor ihr segelte Jean Ribault. Die Schebecke ging nach Steuerbord, wurde schneller und schob sich auf das Heck der schmal gebauten Galeone mit den überlangen Masten zu.

      Jean Ribaults Crew hatte selbstverständlich die gleichen Beobachtungen hinter sich wie alle anderen Kapitäne.

      Pierre Puchan und Grand Couteau lehnten über dem Schanzkleid der Kampanje.

      Während sich die Schebecke gischtend, stampfend und schwer überlegend heranschob, trat Jean Ribault hinzu.

      Hasard, Ben und Dan O’Flynn enterten auf das Grätingsdeck und stellten sich in den eisigen Wind.

      Es dauerte länger als eine Viertelstunde, bis die Schiffe auf Rufweite nebeneinander segelten.

      „Brauchst du Hilfe, Capitán?“ schrie Ribault mit breitem Lachen. „Oder schaffst du’s nicht allein?“

      „Vier gegen einen, das ist ungerecht!“ brüllte Hasard zurück. „Oder sind deine Geschütze so eingerostet wie deine Crew, Monsieur?“

      „Keine Sorge. Du meinst, der dürre Mönch hockt auf der Galeone?“ fragte Ribault.

      Die Seewölfe an Deck und die halbe Crew der „Isabella“ winkten und hörten zu, was sich die Kapitäne zu sagen hatten.

      „Ich bin ganz sicher!“ rief Hasard. „Wir müssen vermeiden, daß die Galeonen aufgehalten werden.“

      „Richtig. Und drei Karavellen hat das Mönchlein auch noch aufgetrieben“, stimmte Ribault zu. „Am Nachmittag haben sie aufgeschlossen, die Schiffe an der Kimm.“

      „Das denke ich auch. Was sich die Kapitäne dabei denken, kann ich mir allerdings nicht vorstellen. Spanier gegen Spanier. Das ist neu, auch für mich.“

      „Sie werden die Galeonen wahrscheinlich in Ruhe lassen. Deine Schebecke regt sie auf.“

      „Und damit sie um noch einige Zeit erhalten bleibt, rechne ich mit eurer Hilfe. Keine langen Gefechte, Jean! Hart zuschlagen und weiter.“

      „Das geht, wenn wir die Galeone in die Mitte nehmen. Arne soll sich um die Galeonen kümmern.“

      Die sechs Fünfundzwanzigpfünder im schlanken Rümpf der „Isabella“ waren eine der besten Garantien für den Ausgang des Kampfes, wie ihn sich der Seewolf wünschte.

      „Das sage ich ihm, wenn wir hier fertig sind“, antwortete der Seewolf. „England liegt nur ein paar Tage weit, genau in Norden.“

      „Wissen wir selbst. Wird Zeit, daß die lange Fahrt zu Ende geht.“

      Jean Ribault sprach leise mit Puchan und Couteau. Fred Finley mit der schwarzen Klappe über dem rechten Auge hob die Hand und grüßte von der Kuhl hinunter zum Deck der Schebecke.

      „Zu Weihnachten haben wir alles hinter uns!“ rief Hasard und hoffte, daß er recht behielt. „Vielleicht schon früher. Wie auch immer – heute zeigen wir es den Dons. Zum letztenmal, wie ich hoffe.“

      Auf Jean Ribault konnten sie sich verlassen. Er hob den Arm, ballte die Hand zur Faust und rief: „Wenn die Dons aufkreuzen, lassen wir uns zurückfallen und schießen sie in Trümmer. Einverstanden, Sir?“

      „Einverstanden, Jean. Zielt gut, verstanden?“

      „Besser als ihr auf alle Fälle.“

      Die Schebecke scherte wieder nach Backbord aus. Die „Isabella“ stampfte weiter, und Hasard verließ den zugigen Platz auf dem Grätingsdeck. Als er auf dem Niedergang saß, erschien Al Conroy, der alles mitgehört hatte. Daß er und seine Geschütze gebraucht wurden, war ihm spätestens nach dem Blick auf die Verfolger klar.

      „In einer Viertelstunde sind wir feuerbereit, Sir“, sagte er knapp. „Wie gut, daß wir immer für genug Pulver und Kugeln gesorgt haben.“

      Hasard sah hinüber zu den Galeonen. Noch immer war der Atlantik von grellen Sonnenstrahlen überflutet.

      „Laß dir Zeit, Al“, erwiderte er ruhig. „Wir werden ihren Angriff sehr schnell und kurz abwehren. Wie immer bisher.“

      „Aye, Sir“, brummte Al und packte die Leine, mit der die Persenning über das achterliche Geschütz verzurrt war. „Wie immer.“

      Hasard stemmte die Fäuste in die Seiten und überlegte, was wohl die spanischen Kapitäne der neun Galeonen dachten, wenn sie die ‚Aragon‘ und ihre drei Begleitschiffe sahen. Hielten sie die Verfolger für eine Gefährdung? Daß Don Ricardo und die Kapitäne seine Geschichte vom Geheimauftrag nicht mehr lange glauben würden, stand für ihn auch fest. In wenigen Tagen, schätzte er, würden sich hier noch größere Schwierigkeiten auftun.

      Der nächste Blick auf die friedlich dahinsegelnden Schiffe überzeugte ihn, daß dieser Zeitpunkt noch einige Tage auf sich warten lassen würde. Aber er durfte die Klugheit und vor allem das Mißtrauen der Dons nicht unterschätzen.

      Mit dem Anlaufen Vigos hatte er viele zweifelnde Gedanken wegwischen können. Aber nichts war so hartnäckig wie das Mißtrauen. Und es würde wachsen, je weiter nördlich der Konvoi segelte.

      Die Schebecke schob sich auf die „Wappen von

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