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haben, was wir brauchten, und bis Irland wird der Proviant jetzt für alle reichen. Wenn wir auf See auch noch die anderen Schiffe versorgt haben, ist der Weg zunächst frei.“

      „Der Konvoi segelte weiter“, bemerkte Ben Brighton. „Als wäre nichts geschehen.“

      „So ungefähr stelle ich es mir vor“, sagte Hasard und nickte. „Wir müssen nur darauf achten, daß uns die ‚Aragon‘ nicht einen dicken Strich durch unsere feine Rechnung zieht.“

      „Wenn sie es nicht ist, dann sind es andere Schiffe. Zwischen Vigo und England kann noch verdammt viel passieren“, sagte Dan O’Flynn.

      Die Schiffe hatten den freien Atlantik erreicht. Es änderte sich außer der Höhe der Wellen nichts. Die beiden kleinen Kaps der Einfahrt wurden kleiner, die Kimm war leer. Mit der „Salvador“ an der Spitze und der Schebecke in Luv bildeten die Galeonen eine nicht sehr auseinandergezogene Linie. Der Kurs war vorgegeben: klar Nord.

      Hasard ging unter Deck und legte sich für ein paar Stunden in seine Koje. Er war weit davon entfernt, dem Frieden und der Ruhe zu trauen. Er ahnte künftige Schwierigkeiten und hoffte, daß sie klein waren und er und seine Freunde sie besiegen konnten.

      An Steuerbord versanken die Küstenlinien von Muros, Cabo Finisterre und Corcubien hinter der Kimm. Der kräftige Wind, der hin und wieder noch mehr aufbriste, trieb das halbe Dutzend schwer beladener Schiffe schnell nach Norden. Noch vor der Abenddämmerung näherten sich die Schebecke und die Galeonen dem kleinen Verband.

      Die Galeonen im Gefolge der „Salvador“ holten schnell auf. Das Flaggschiff versuchte, an der „Santos los Reyes Mayos“ längsseits heranzusegeln. Die „Honestidad“ näherte sich der „Reputación“. Von der Schebecke wurden Signale an die „Wappen“ und an die „Isabella“ gegeben. Die langen Dünungswellen des Atlantiks ließen die Schiffe ihre Manöver meist einwandfrei ausführen.

      Vor der Dämmerung legte sich der Starkwind vorübergehend. Das Umladen der Wasserfässer war der schwierigere Teil der Arbeit, denn die Säcke, Ballen, Körbe und Kisten pendelten am Geschirr der Rahen weit von Bord zu Bord.

      Hasard beendete sein Essen und sagte, satt und zufrieden: „Es hat sich also auch für uns gelohnt, ein paar Nahrungsmittel zu kaufen. Gut gekocht, Kutscher.“

      Don Juan starrte in seinen leeren Becher und hielt ihn wortlos in die Richtung Mac Pellews.

      „Dieser irre Mönch geht mir nicht aus dem Sinn“, sagte der Spanier. „Ich bin sicher, daß er sich für die Demütigung rächen wird.“

      „Was kann er tun, Dad?“ fragte Hasard junior. „Die Galeone, nicht wahr?“

      „Natürlich, nichts anderes. Er wird ihnen erzählen, daß sich Spione der Engländer oder was weiß ich auf unserem Schiff verstecken“, brummte Ben Brighton. „Außerdem gibt’s reitende Boten.“

      Ed Carberry hob die breiten Schultern.

      „Ob uns die Affenärsche die Landung in Santander glauben?“ fragte er in die Runde.

      „Wer weiß?“ antwortete der Seewolf. „Ich denke, er glaubt es uns. Schon jetzt sind Boten nach Santander unterwegs, das wette ich.“

      Seltsamerweise hatte sich das Mißtrauen des Inquisitionsmönches nur auf die Schebecke gerichtet. An den fünf Galeonen schien er nichts Bemerkenswertes gefunden zu haben. Jetzt hatten sie genügend Zeit und Ruhe, über die vergangenen Stunden seit der Morgendämmerung nachzudenken.

      Vor der Inquisition hatten die Spanier, jung und alt, eine furchtbare Angst, denn jede unbedachte Äußerung, jede Kleinigkeit konnte als Abfall vom wahren Glauben gelten, wenn es jemanden gab, der die Frau oder den Mann anzeigte. Dadurch erhielt selbst ein einfacher Mönch eine Macht, die gemessen an seinem Rang, immens war.

      Daß jedes spanische Schiff ein englisches jagen würde, das so frech gewesen war, in Vigos Hafen einzulaufen, das war allen Seewölfen klar.

      Auf ihrer Insel hätten die Schiffe der königlichen Flotte nicht anders handeln können.

      „Vergessen wir Santander“, meinte Dan O’Flynn nach einer Weile. „Erstens liegt es weit im Osten, zweitens braucht der Bote dorthin eine längere Zeit, und drittens sind wir bei diesem herrlichen Wind längst querab von Brest, wenn sich ein Schiff aus Santander mit halbem Wind herausgekämpft haben sollte. Von einer Flotte in Santander droht uns keine Gefahr.“

      „Also vergessen wir Santander“, sagte Philip junior.

      „Aber nicht die Kriegsgaleone. Ich wette, der Kerl sitzt schon in der Kapitänskammer und jammert dem Kapitän vor, welche Beute ihm entgeht. Ich sage dir, die sind hinter uns her, Söhnchen.“

      Old Donegal klopfte auf sein Holzbein und hob immer wieder den Kopf über das Schanzkleid der Kuhl. Erst zwei Schiffe hatten das Lademanöver beendet. Offensichtlich ohne Ramming oder größere Schäden, denn die „Salvador“ segelte sich aus dem Pulk frei und folgte Arne von Manteuffels Schiff.

      „Sollen sie ruhig antanzen“, sagte der Seewolf. „Eine einzelne Galeone fürchten wir nicht.“

      „Aber wir sollten nicht glauben“, warnte Dan, „daß außer dieser Galeone, der ‚Aragon‘, kein anderes Schiff vor der Küste kreuzt. Und damit meine ich nicht die Fischerboote.“

      „Glaube ich auch nicht“, erwiderte Hasard. „Wenn sie da sind, werden wir sie sehen.“

      Die Freiwache leerte ihre Becher und verholte unter Deck. Pete Ballie zündete den Docht der Hecklaterne an. Die Schebecke legte leicht nach Steuerbord über, stampfte in den Wellen, und Wasser gischtete an Deck. Auch die Spanier hatten Lichter gesetzt und segelten vor der Kulisse dunkler Wolken nach Norden. Nicht ein einziges Mal hatte sich an diesem Nachmittag die Sonne blicken lassen.

      Von der Back und vom Grätingsdeck aus suchten Hasard und Dan O’Flynn die Kimm ringsum ab.

      Sie sahen die Galeonen in Kiellinie, die beiden anderen Schiffe, aber nirgendwo zeigten sich die Segel der Galeone oder anderer Fahrzeuge. Dan hatte ausgerechnet, daß der Schiffsverband querab von La Coruña segelte, wahrscheinlich bereits die Höhe von Cabo Ortegal erreicht hatte. An Steuerbord breitete sich das Mar Cantabrico aus, der Golf von Biscaya mit seinen gefürchteten Wetterumschwüngen.

      Im letzten Dämmerlicht des Tages verschmolzen die treibenden Wolken mit der Fläche des Meeres. Nur die Schaumkronen leuchteten schwach durch die Dunkelheit, bildeten sich neu und vergingen wieder. Der Wind heulte durchs Rigg.

      Die Seewölfe hockten, in ihre dicken Segeltuchjacken von Will Thorne gehüllt, im Windschatten. Der Bug der Schebecke hob sich, setzte mit einem vertrauten dumpfen Krachen wieder ein, und Jan Ranse an der Pinne stemmte sich gegen das geschwungene Holz.

      Die Nacht, länger als zehn Stunden, fing an. Die pechschwarze Finsternis über dem Meer wurde nur von den winzigen Pünktchen der brennenden Hecklaternen unterbrochen.

      Die Seewölfe träumten von der gewaltigen Aufregung, die sich ausbreiten würde, wenn sie endlich mit ihren unersetzlichen Schatzschiffen die Themse aufwärts segelten.

      Philip Hasard Killigrew und Ben Brighton waren schon beim ersten Zwielicht der Morgendämmerung auf den Beinen.

      Die ganze Nacht über hatte die Stärke des Windes angehalten. Alle Schiffe waren in den vergangenen Stunden sehr gute Fahrt gelaufen. Der Konvoi segelte noch immer in Kiellinie, und die drei Schiffe des Bundes der Korsaren eskortierten die Galeonen in Luv.

      An der östlichen Kimm riß unterhalb der treibenden Wolken ein schmaler Streifen auf. Dort, wo sich in wenigen Augenblicken die ersten Sonnenstrahlen Bahn brechen würden, sollte eigentlich Land sichtbar sein. Aber auch durch die Spektive gab es nichts zu sehen. Weiter südlich verdeckte ein Regenschleier den Horizont.

      Recht voraus, an der nördlichen Kimm, gab es weder Regen noch ein fremdes Segel. Langsam bewegten sich die Männer und versuchten, im zunehmenden Licht mehr zu sehen als Wolken und Wellen.

      Nach einigen Atemzügen, als waagerecht die ersten Sonnenstrahlen

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