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Gesang verstummte abrupt. „Was ist daran dusselig?“ fragte der Decksälteste.

      Jan Ranse, der Holländer, war der Zwischenrufer.

      „Paß auf“, sagte er. „Du mußt dich ins Leben hineindenken, wie es wirklich ist:

      Sie stand oft im Hafen und winkte den Schiffen,

      die Jungfrau aus São Vicente

      hat sehr schnell begriffen,

      das war dann der Jungfernschaft Ende.“

      Verhaltenes Lachen, zugleich auch unwilliges Murmeln erklangen als Antwort auf den Vers.

      „Besser war das nicht“, erklärte Smoky.

      „Aber die spanischen Señoritas sind heißblütiger“, widersprach Jan. „Und dein Manchester liegt nicht am Meer.“

      „Das ist doch wohl pottegal.“

      „Ganz und gar nicht.“

      „Aber sicher“, protestierte Smoky. „Laß einfach die Crew entscheiden, welcher Reim besser war.“

      „Glaubst du, ich schrecke davor zurück?“

      „Dann ist es ja gut.“ Smoky hatte noch etwas hinzufügen wollen, unterbrach sich jedoch, als urplötzlich ein winziges Fläminchen Helligkeit in einer Luke aufflackerte. Es reichte gerade aus, um Mac Pellews sauertöpfische Miene erkennen zu lassen.

      Der zweite Koch schob sich halb aus der Öffnung, ließ seine Laterne aber unten stehen.

      „Ihr seid beide gleich gut oder auch gleich schlecht“, sagte er. „Entscheidend ist, daß niemand Kartoffeln mit Seegurken vergleichen kann.“

      „Was willst du damit ausdrücken?“

      „Daß ihr von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgeht. Ich schlage vor, ich nenne eine Stadt, und wer am schnellsten einen brauchbaren Reim findet, der ist der bessere.“

      „Einverstanden“, sagte Smoky.

      „Ha!“ Jan Ranse stieß einen kurzen Zischlaut aus. „Glaubst du, ich könnte nicht mithalten?“

      Die Spur eines Lächelns huschte über Mac Pellews Gesicht. „Ihr erhaltet Chancengleichheit. Deshalb also ein französisches Kaff: Perpignan.“

      Smoky hielt die Luft an und atmete dann fauchend aus.

      Der Holländer begann da aber bereits: „Eine Jungfrau aus Perpignan …“

      „… die hatte nie was an!“ Smoky fiel ihm kurzerhand ins Wort. Sein Einwand löste Heiterkeit aus. Doch das gedämpfte Gelächter verklang rasch.

      Philip junior meldete sich. „Eine Jungfrau aus Biarritz, die …“ Weiter schaffte er es nicht, weil ihm Old Donegal Daniel O’Flynn, sein Großvater, die Krücke zwischen die Rippen bohrte – eine sehr wirkungsvolle Methode, ihn verstummen zu lassen.

      „Das junge Gemüse bringt tatsächlich die schlimmsten Unanständigkeiten zustande“, schimpfte der Alte. „In meiner Jugend war das ganz anders.“

      „Du weißt überhaupt nicht, was ich sagen wollte“, protestierte Philip. Mit einer Hand griff er nach Sir John, dem Bordpapagei, der unruhig auf seiner Schulter hin und her trippelte und versuchte, ihm die Ohrläppchen länger zu ziehen.

      „Klar weiß ich das“, schnaubte Old Donegal. „Deine Gedanken liegen wie ein aufgeschlagenes Buch vor mir. Ich dürfte nicht dein Grandad sein …“

      „Pißnelke!“ kreischte Sir John unvermittelt. „Karierter Fliegenschiß!“

      Old O’Flynn starrte den Papagei verbiestert an. „Mistkrähe!“

      Sir John reckte den Hals und plusterte das Gefieder auf. „Luv an!“ plärrte er. „Schwing die Hufe!“

      Das war zuviel. Der Alte langte zum zweitenmal mit seiner Krücke zu, daß der Schwung ihn fast von den Füßen riß. Philip junior konnte gerade noch den Kopf einziehen, sonst wäre er das Opfer dieser Attacke geworden – Sir John war ohnehin schneller und verschwand pfeifend in der Dunkelheit. Von irgendwo, vermutlich vom Großmast her, schimpfte er weiter.

      „Dir rupfe ich jede Feder einzeln aus“, drohte Old Donegal. „Und danach schmorst du in der Bratpfanne, bis du genießbar bist.“

      „Achtung!“ rief Dan. „Auf der ‚Respeto‘ tut sich was. Sie fieren eine Jolle ab.“

      Philip Hasard Killigrew trat hinter der Querbalustrade hervor, wo er wohl die ganze Zeit über gestanden hatte, ohne von den Männern bemerkt zu werden.

      „Alle auf ihre Stationen!“ befahl er.

      Die Arwenacks wußten, was sie zu tun hatten. Selbst in stockfinsterster Nacht mußte jeder Handgriff sitzen, egal ob es sich um Segelmanöver oder den Angriff auf ein feindliches Kriegsschiff handelte. Das Leben aller hing in solchen Situationen von jedem einzelnen ab.

      „Die Jolle hält Kurs auf die nachfolgende Galeone“, meldete Dan.

      Der Seewolf glaubte es ihm unbesehen, obwohl die Nacht das kleine Boot schon verschluckt hatte. Mitunter fragte er sich nur, wie Dan O’Flynn so sicher sein konnte, Einzelheiten zu sehen, wo andere längst nichts mehr erkannten.

      „Refft die Fock!“

      Die Arwenacks waren eine hervorragend aufeinander eingespielte Crew. Das gelegentliche Hickhack zwischen ihnen war bedeutungslos und diente eher noch der Festigung der Gemeinschaft, weil einer des anderen Stärken, aber auch die Schwächen kannte.

      Die Schebecke, vorher schon ohne Großsegel ziemlich langsam, verlor weiter an Fahrt. Das Rauschen der See unter dem scharf gehöhlten Vorsteven ebbte ab.

      Hasard wollte herausfinden, was bei den Spaniern vorging. Nicht ohne Grund tauschten sie heimlich Nachrichten zwischen den Schiffen aus. Auf der Höhe der portugiesischen Küste galt es ohnehin, besonders vorsichtig zu sein. Das Mißtrauen einiger Kapitäne gegen den vermeintlichen Don Julio de Vilches und seine Forderung, Irland anzulaufen, war nach wie vor gegenwärtig.

      Planten sie, in einer gemeinsamen Aktion einfach nach Osten abzudrehen und ihn vor die Wahl zu stellen, entweder auf die Galeonen zu schießen oder sie gewähren zu lassen? Als Sonderbeauftragter des Königs von Spanien durfte er nicht wagen, auch nur eines der mit Gold, Silber und edlen Steinen beladenen Schiffe zu den Fischen zu schicken.

      War der Generalkapitän Don Ricardo de Mauro y Avila, ein übellauniger, mürrischer und rechthaberischer Mann, der momentan mit seinem Flaggschiff „Salvador“ den Konvoi anführte, zu entsprechenden Schlußfolgerungen gelangt?

      „Ruder ein Strich Backbord!“

      Der Mann an der Pinne bestätigte.

      Mittlerweile hatte die Jolle die „Honestidad“ erreicht und war längsseits gegangen. Die Männer aus dem Boot, ohnehin nur vier an der Zahl, enterten auf. Während Hasard und Don Juan abwechselnd durchs Spektiv blickten und lediglich undeutliche. Gestalten erkannten, nannte Dan O’Flynn allen Ernstes Namen. Er behauptete, daß Zapata, Menéndez und Braña zur Bootsbesatzung gehörten. Wegen des längere Zeit anhaltenden, inzwischen aber gelöschten Schwelbrandes in der Vorpiek der „Respeto“ waren den Arwenacks einige der Spanier bekannt. Lediglich den vierten konnte Dan nicht identifizieren.

      Lange Minuten vergingen, ohne daß Erwähnenswertes geschah. Die Schebecke segelte ungefähr auf gleicher Höhe mit der Galeone.

      Endlich zeigte sich wieder Bewegung an Deck der „Honestidad“. Dan begann herzhaft zu lachen.

      „Ich denke, diesmal haben wir unser Mißtrauen zu weit getrieben“, sagte er zu Hasard. „Don Ricardo hat uns wohl damit angesteckt.“

      „Die Kerle fieren Ladung ab“, stellte der Seewolf fest.

      Dan nickte und grinste bis zu den Ohren. „Wie es aussieht, Rumfässer. Klar, daß sie das in aller Heimlichkeit tun.“

      „Warum

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