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auf den Anblick, der sich ihnen bot.

      Die Kreatur hatte sich, ihrer Beute folgend, an Land begeben und offenbar versucht, sie aus dem Durchgang zu fischen. Nun steckte sie, Beine voraus, mit ihrem massigen, unförmigen Körper in der viel zu engen Öffnung fest. Die Beine zuckten und schabten über den Fels. Sie waren mit Widerhaken von der Länge einer Dolchklinge versehen, die auf dem Fels Funken schlugen, und nun erkannten sie auch, dass es sich um eine Art Krake handeln musste, denn die Beine entsprangen nicht dem Rumpf, sondern waren am Kopf rund um eine dunkle Öffnung angebracht. Der Rumpf war dick und ballonförmig und war mit solcher Wucht in den Durchgang getrieben worden, dass sich das Material an dieser Stelle verformt hatte. Es wies Dellen und Knicke auf, die jetzt auch verhinderten, dass die Kreatur sich wieder in den Teich zurückzog.

      »Es steckt fest«, sagte Fenrir. »Und, nebenbei bemerkt, wir auch.«

      Krona zog ihr Schwert, wartete einen günstigen Moment ab und führte dann einen raschen Angriff gegen einen der Tentakel. Klirrend prallte ihre Klinge von der Oberfläche des Wesens ab, und sie zog sich rasch aus der Reichweite der Widerhaken zurück.

      »War das nicht klar?«, fragte Fenrir. »Du hast gesehen, wie wirkungslos meine Pfeile waren.«

      »Ich wollte nur sichergehen«, sagte sie und untersuchte ihre Schwertklinge, die eine neue Scharte aufwies.

      »Das bist du nun. Und wie lauten deine Befehle, Hauptmann?«

      Sie beschloss, seinen herausfordernden Unterton zu überhören.

      »Lass mich in Ruhe nachdenken.«

      »Wir können es nicht töten, und es kann sich offenbar aus eigener Kraft nicht befreien«, sagte Fenrir. »Ich nehme an, dein Rettungsplan sieht etwas vor für diesen Fall?«

      »Der Plan sieht vor, dass ich ihm den Bogenschützen zum Fraß vorwerfe, wenn er mich weiter beim Denken stört«, fauchte Krona. Fenrir lächelte fein und verstummte.

      »Wir haben kaum Möglichkeiten«, sagte Jerina gereizt. »Ich weiß nicht, worüber du nachdenken willst. Es gibt keinen Weg, es zu umgehen, was immer es ist. Und mit Waffen können wir es nicht bekämpfen.«

      »Da ist noch Pintel«, erinnerte Krona sie. »Vielleicht kann er etwas unternehmen.«

      Jerina schnaubte abfällig. »Der kleine Stümper. Er hat doch keine Ahnung von dem, was er da betreibt.«

      »Noch so eine Bemerkung, und ich vergesse mich!«

      »Spar dir deine Drohungen. Geh mir lieber aus dem Weg und lass mich das Problem hier lösen, denn du wirst es auch mit fortgesetztem Nachdenken nicht in den Griff bekommen.«

      »Und wie«, sagte Krona und rührte sich nicht vom Fleck, »gedenkst du, dieses Problem zu lösen?«

      »Die Erklärung würde dein simples Soldatengemüt überfordern, meine Liebe. Gestatte deshalb, dass ich darauf verzichte.«

      Krona schnappte nach Luft, ihre Fäuste ballten sich, während sie sich dicht vor der jungen Frau aufbaute.

      »Lass sie«, kam Fenrirs ruhige Stimme von hinten. »Sie ist uns lange genug zur Last gefallen. Es wird Zeit, dass sie sich nützlich macht. Wollen wir doch mal sehen, welche versteckten Talente in dieser unscheinbaren Hülle schlummern.«

      Krona atmete aus und wich einen widerstrebenden Schritt zurück. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, ging Jerina an ihr vorbei und stellte sich vor den metallischen Kraken, der seine Position um keinen Fingerbreit verändert hatte. Sie baute sich vor ihm auf und streckte die Hände nach vorne aus. So blieb sie stehen.

      Nichts geschah. Bis auf das andauernde Klacken und Schaben der Tentakel war es still.

      »Pass auf, gleich macht es Männchen«, spottete Krona.

      Nach einiger Zeit wurde aus dem suchenden Herumtasten ein Zucken, das sich frenetisch steigerte. Die Tentakel begannen, ziellos um sich zu schlagen. Wie gewaltige Peitschenschwänze zischten sie durch die Luft und krachten gegen die Wände des Ganges, wo sie Steinbrocken lösten, die auf dem Boden zersprangen. Gleichzeitig geschah eine weitere Veränderung.

      »Es wird warm«, sagte Fenrir. »Spürst du es? Es kommt von dem Kraken.«

      Krona nickte und sah gebannt zu, wie der Krake mit aller Gewalt versuchte, sich aus dem Durchgang zu befreien. Der Fels ächzte.

      »Götter«, murmelte Krona. »Sie wird doch nicht das ganze Ding zum Einsturz bringen?« Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und sah genauer hin. Von dem Kraken, vor allem dort, wo er den Fels berührte, ging ein feines rotes Leuchten aus, das aus seinem Inneren zu dringen schien, und es verstärkte sich, während die Hitze zunahm, wurde heller, ein leuchtendes Karmesinrot, das sich in blendend helles Orange wandelte und auf den gesamten Rumpf des Kraken übergriff. Mit einem betäubenden Krachen und Schleifen kam der Krake frei und schoss nach hinten aus dem Durchgang, zurück in den Teich, wo er platschend versank. Eine Dampfwolke stieg zur Höhlendecke. Das Wasser brodelte und zischte und beruhigte sich erst allmählich.

      Jerina drehte sich zu ihren Begleitern um.

      »Ist noch jemand hier ein Zauberer?«, fragte Krona in die Runde. »Fenrir? Du liebe Güte, ich beginne, mich wie eine Minderheit zu fühlen.«

      »Bedanke dich nicht zu überschwänglich«, erwiderte Jerina kalt. »Und wenn ihr mit Staunen fertig seid, können wir gehen.«

      »Beeindruckend, wirklich«, sagte Fenrir. »Ich wundere mich nur, warum du diese Kräfte nicht schon viel früher in den Dienst dieser Sache gestellt hast.«

      »Frage besser nicht«, sagte sie über die Schulter, während sie sich in Bewegung setzte, »wenn du nicht möchtest, dass auch ich dir einige Fragen stelle.«

      »Was meint sie damit?«, fragte Krona Fenrir, doch der zuckte nur die Achseln und ging mit düsterem Gesicht hinter Jerina her.

      Sie umrundeten den Teich und wurden auf der anderen Seite von Pintel in Empfang genommen. Er strahlte übers ganze Gesicht und hüpfte von einem Fuß auf den anderen.

      »Großartig!«, plapperte er. »Wie habt ihr das gemacht? Götter, bin ich froh, euch zu sehen! Ich dachte schon, wir würden hier für immer festsitzen! Ich hab ein paar Sachen probiert, um euch zu befreien, aber es hat nicht funktioniert. Ich bin auf ihm rumgeklettert und hab versucht, ihn mit Lampenöl zu schmieren, wisst ihr, damit er glitschig wird und aus dem Loch raus kommt, aber ich hatte nicht genug Öl, und meine Zauber waren auch alle ungeeignet, also bin ich mal da entlang gegangen -«, er zeigte mit dem Finger auf den Durchgang hinter sich, »und habe einige wirklich spannende Sachen entdeckt! Seht ihr, hier zum Beispiel -«, sein Finger fuhr hinunter auf den Boden des Ganges, der zur Verwunderung der anderen mit Holzbalken ausgelegt war, »das ist kein Holzboden, sondern eine Kurbelbrücke. Weiter hinten ist eine Kurbel, damit kann man das Ding über den See ausfahren. Es ist lang genug, dass es bis zur anderen Seite reicht. Eine Brücke, die in der Mitte aufhört, wäre ja sinnlos, aber wir haben Onkel Mandors Humor ja schon zur Genüge kennen gelernt, doch dies ist offenbar keiner von seinen Scherzen. Wir brauchen sie jetzt nicht mehr, aber ich finde die Konstruktion als solche sehr interessant, und wenn die Kurbel nicht so hoch angebracht wäre, hätte ich die Brücke auch mal ausgefahren …«

      »Pintel«, unterbrach Fenrir ihn, »hast du gesehen, was sich noch auf dieser Ebene befindet?«

      »Nicht sehr viel«, berichtete Pintel atemlos. »Ein langer Gang, nämlich dieser hier, ich meine, er muss ja lang sein, damit die Brücke hineinpasst, und da hinten ist eine Tür, die ist verschlossen und mit arkanen Runen gesichert. Ist aber kein Problem, denn da ist auch ein Wächter, mit dem habe ich mich ganz nett unterhalten, und er hat auch einen passenden Schlüssel.«

      »Ein Wächter?«, wiederholte Krona zweifelnd.

      »Ja«, sagte Pintel. »Ein Zwerg, sein Bart geht ihm fast bis zum Knie. Ein ganz netter Kerl. Ach ja, und er ist so durchscheinend, wie Onkel Mandor es war. Sprecht ihn aber bitte nicht darauf an, er reagiert empfindlich bei diesem Thema.«

      »Und sonst ist nichts auf dieser Ebene?«, fragte

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