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so empfindlich sein müsst.«

      Während Fenrir das restliche Gepäck holte, rieb Krona sich kräftig trocken und schlüpfte in ihre Ersatzkleidung. Nur ganz langsam kehrte die Wärme in ihren Körper zurück. Pintels Rucksack kam als Nächstes an, und der Zauberer folgte Kronas Beispiel umgehend. Nur von Jerina war nichts zu sehen.

      »Vielleicht kehrt sie um und lässt uns ohne sie weiter machen«, sagte Krona hoffnungsvoll zu Pintel, doch ihre Hoffnung wurde enttäuscht. Mit seinem eigenen Rucksack brachte Fenrir Jerina mit, fast trieb er sie vor sich her. Die junge Frau hielt ein Bündel Kleider über ihrem Kopf und wirkte völlig panisch. Ihre Augen waren so weit aufgerissen, dass man rundum das Weiße sah, ihr Gesicht war schneeweiß und sie zitterte so sehr, dass sie kaum gehen konnte.

      »Sie sieht aus, als hätte sie den Verstand verloren«, bemerkte Pintel, und Krona fand den Vergleich sehr treffend. Auf der ersten trockenen Stufe brach Jerina zusammen. Krona fasste Fenrir am Arm und half ihm, über die zitternde Gestalt zu steigen, die ihm den Weg aus dem Wasser versperrte. Sie hatte aus seinem Gepäck bereits eine Decke und trockene Kleidung bereitgelegt und half ihm nun aus den schweren, nassen Sachen, bis er sie mit ernstem Gesicht bat, sich umzudrehen.

      »Als hätte ich noch nie einen Kerl ohne seine Kleider gesehen«, sagte sie grinsend. »Aber gut. Wie du willst. Du musst nicht schon wieder rot werden.«

      »Ich wünschte, ich könnte rot werden«, sagte er hinter ihrem Rücken. »Dann wäre noch etwas Blut in meinem Körper übrig, das noch nicht zu Eis gefroren ist.«

      Während Fenrir sich umzog, sah Krona nach Jerina. Pintel kniete neben ihr und versuchte, sie zu bewegen, damit sie die nassen Kleider wechselte, doch sie lag steif wie eine Strohpuppe auf der Stufe, zitterte und starrte ins Leere.

      »Wie kann sie so zittern«, sagte Pintel ratlos. »Sie war doch nur ganz kurz im Wasser.«

      »Das haben wir gleich.«

      Krona, beugte sich zu Jerina hinunter, zerrte sie mit einer Hand in die Höhe und versetzte ihr dann zwei kräftige, klatschende Ohrfeigen. Jerina schrie auf und starrte Krona entrüstet an.

      »Das hätte ich schon längst mal tun sollen«, sagte Krona sehr zufrieden und ließ die junge Frau los. »Geht’s wieder? Zieh dich um. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Wo sind eigentlich ihre Sachen?«, fragte sie zu Fenrir gewandt.

      »Sie hat sie drüben gelassen«, erwiderte er, seine Stimme klang dumpf unter der gefütterten Weste, die er sich gerade über den Kopf zog.

      »Aber warum das?«, fragte Krona.

      »Sie waren ihr wohl zu schwer«, sagte Fenrir gleichmütig.

      »Du hast sie nicht tragen wollen«, fauchte Jerina. »Die von allen anderen, aber nicht meine!«

      »Alle anderen sind, länger als gesund ist, im Wasser herum geplantscht und haben dir den Weg freigeräumt.« Verglichen mit Fenrirs Stimme hatte das Wasser Badewannentemperatur. »Während du auf der Treppe standest und bemüht warst, keine nassen Füße zu bekommen. Erkennst du den Unterschied?«

      »Du wirst dich noch wundern!«

      »Das tu ich jetzt schon, und zwar darüber, dass wir dich nicht längst irgendwo im Wald ausgesetzt haben.«

      »Du machst besser, was Krona sagt«, riet Pintel Jerina. »Umziehen, meine ich. Bevor sie richtig wütend wird.«

      Jerina warf Pintel einen vernichtenden Blick zu, gehorchte aber.

      Kurze Zeit später waren sie auf dem Weg die Treppe hinauf. Jerina war tatsächlich nicht zu bewegen gewesen, ihr Gepäck nachzuholen, und so blieb es am anderen Ufer des neu entstandenen Sees zurück.

      Das Polster, das Krona unter dem Schulterriemen ihres Rucksackes angebracht hatte, nützte wenig, ihre Schulter schmerzte bei jedem Schritt, doch sie biss die Zähne zusammen und sagte nichts. Die Treppe mündete in einen Gang, und Fenrir, der vorausging, blieb stehen. Der Gang war durch Lichtfäden erleuchtet und mit großen Steinplatten im Schachbrettmuster ausgelegt.

      »Die weißen«, sagte Krona.

      »Die schwarzen«, sagte Fenrir gleichzeitig.

      Sie sahen sich an.

      »Ist nur so ein Gefühl«, sagte Krona. »Die schwarzen, von mir aus.«

      »Du bist der Hauptmann«, sagte Fenrir. »Entscheide du.«

      »Eins schwarz, eins weiß«, schlug Pintel vor.

      »Das nun gar nicht«, sagte Krona. »Entweder oder.«

      »Dann die weißen«, sagte Pintel.

      »Ist das nicht egal?«, herrschte Jerina die anderen an. »Wir wissen so und so nicht, was passiert.«

      »Trotzdem kann man ja mal drüber nachdenken«, sagte Pintel beleidigt und legte sich zur Überraschung aller flach auf den Bauch.

      »Was tust du da?«, fragte Fenrir.

      »Ich schaue«, war die ungenaue Antwort.

      »Und wonach?«

      »Nach irgendwas.« Pintel kniff die Augen zusammen. »Ich habe Geschichten gehört von solchen Räumen, da klappt der Boden um, wenn man die falsche Farbe nimmt, und man fällt auf lauter angespitzte Pfähle drauf, oder es ist eine Grube darunter mit Giftschlangen.« Er richtete sich auf die Ellenbogen auf und stützte das spitze Kinn in die Hand. »Andererseits glaube ich nicht, dass wir mit lebenden Tieren rechnen müssen. Ich meine, es wäre wirklich aufwendig, immer hierher zu kommen und sie zu füttern, damit sie nicht verhungert sind, wenn der Erbe kommt, nicht wahr?«

      »Der Erbauer ist ein Zwerg«, erinnerte Krona. »Ich finde, Giftschlangen passen nicht zu einer zwergischen Falle.«

      »Du hast recht. Vielleicht doch lieber die Pfähle.«

      »Wolltest du nicht genau danach schauen?«, fragte Fenrir.

      »Ich sehe nichts. Was nicht heißt, dass da nichts ist. Es ist nur nichts Sichtbares da.«

      »Dann lasst es uns ausprobieren, wenn wir keine andere Möglichkeit haben«, sagte Krona. »Aber einer nach dem anderen. Dann bleibt vielleicht einer übrig, der den Rest befreien kann.«

      »Wenn sie nicht vorher gefressen werden«, ergänzte Pintel. »Wer geht?«

      »Jerina«, sagte Fenrir ohne eine Spur Bosheit in der Stimme. »Sie war doch vorhin noch so erpicht darauf, die Spitze der Gruppe einzunehmen.«

      Jerina gab ein verächtliches Schnauben von sich und drängte sich grob nach vorne.

      »Schwarz«, sagte Krona.

      »Weiß«, sagte Fenrir gleichzeitig.

      »Haben wir mal ein Glück, dass das hier kein zwölffarbiges Mosaik ist«, sagte Pintel, stand auf und klopfte sich die Hosen ab.

      Jerina betrat den Gang auf den weißen Platten. Es waren etwa zehn Schritte zurückzulegen, und sie erreichte unbeschadet und ohne Zwischenfälle den glatten Steinboden jenseits des Schachbrettmusters. Der Gang setzte sich weiter fort, bis er sich an einer Biegung ihren Blicken entzog.

      »Schön, dass wir mal drüber diskutiert haben«, sagte Pintel fröhlich und hüpfte auf den weißen Platten Jerina hinterher. Fenrir folgte, dann Krona, die dem Frieden nicht traute und sich ständig nach allen Seiten umsah.

      »Wahrscheinlich haben wir uns gerade komplett lächerlich gemacht«, vermutete sie düster, als sie sich vor der Gangbiegung versammelten.

      »Ich erzähle es niemandem, wenn du es auch nicht tust«, sagte Pintel augenzwinkernd.

      Der Gang hinter der Biegung verlief einige Schritte geradeaus und endete an einer Treppe, die steil hinaufführte. Die Lichtfäden, die hier noch in den Wänden schimmerten, wurden zur Treppe hin spärlicher, das Ende der Treppe lang völlig im Dunkeln. Auf halber Strecke befand sich eine Öffnung in der Wand, die in einen Seitenraum zu führen schien. Während sie für den Aufstieg ihr Licht entzündeten, warf

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