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rasch.

      Krona spähte unter den Efeuvorhang. Tatsächlich befand sich dort, im Schatten kaum sichtbar, ein schmaler Spalt, der in den Hang hinein führte.

      »Das soll ’s sein? Sieht mir nicht aus, als würde es sonderlich tief rein gehen.«

      »Tut es auch nicht«, bestätigte Pintel.

      »Also was ist dann damit?«

      »Es geht nicht tief rein, weil es nach ein paar Schritten an einer Tür endet«, erklärte Pintel.

      »Du Spaßvogel! Sag das doch gleich.«

      »Für meine Verhältnisse war das gleich.«

      »Holen wir die anderen«, sagte Krona seufzend.

      Kurz darauf standen sie vollzählig vor dem Spalt und schauten hinein.

      »Ich könnte vorangehen und die Tür öffnen«, erbot sich Pintel eifrig. »Ich brauche nur ein bisschen Licht. Ich kriege jedes Schloss auf. Na, fast jedes.«

      »Nicht nötig«, sagte Jerina. »Der Hauptmann hat doch diesen Schlüssel.«

      »Oh«, sagte Pintel enttäuscht.

      »Worauf warten wir?«, drängte Jerina. »Lasst uns gehen!«

      Krona warf der jungen Frau einen Seitenblick zu. Jerina war eindeutig vom Schatzfieber gepackt, auf ihren blassen Wangen leuchteten rote Flecken. Sie konnte es kaum erwarten, sich in den dunklen Spalt zu stürzen, aus dem feuchte, kalte Luft drang. Krona fand das ungewöhnlich für ein Stadtkind. Sie selbst hätte es vorgezogen, die Aufgabe unter freiem Himmel erledigen zu können, und Fenrir, so meinte sie aufzufangen, teilte ihre Empfindung. Er hielt sich einen Schritt fern von dem Spalt und ließ den Blick unruhig über den Wald schweifen.

      »Macht Licht«, befahl Krona. »Eine Fackel und eine Laterne. Jerina, du trägst die Fackel, Pintel nimmt die Laterne. Wir sollten sparsam mit unserem Vorrat umgehen. Ich will da drin nicht ohne Licht festsitzen.«

      »Es gibt Zauber, die Licht machen«, erklärte Pintel, während er seinen Rucksack abnahm und seine Laterne aus ihrer Halterung löste. »Allerdings nur kurz, und oft machen sie einen riesigen Wumms dazu. Es gibt auch andere, aber die beherrsche ich nicht. Ich dachte immer, ich lerne lieber, die Dinge mit Zauberei zu machen, die ich ohne nicht kann, versteht ihr? Fliegen und so.«

      »Du kannst fliegen?«, fragte Krona erstaunt.

      »Noch nicht.« Pintel zwinkerte. »Aber ich arbeite daran. Na ja, und ehe ich nicht sicher bin, will ich’s nicht versuchen.«

      Als Jerinas Fackel brannte, leuchtete sie in den Spalt. Gelb flackerte das Licht auf dem Fels und zeigte einen sich verschmälernden Zugang, dessen unebener Boden deutlich ins Innere abfiel. Sie konnten etwa vier Schritte weit sehen, dann bog der Spalt um die Ecke und entzog seinen weiteren Verlauf ihrem Blick.

      »Ich denke, es ist das Beste, wenn ich hier am Eingang Wache stehe«, sagte Fenrir. »Dieser Wald ist voller Schrate.«

      »Du spinnst wohl«, gab Krona zurück. »Die einzigen Schrate, die wir zu Gesicht gekriegt haben, waren seit Tagen tot. Wir brauchen dich da drin.«

      »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist«, widersprach Fenrir, sein gelber Blick war unruhig.

      »Aber ich weiß«, sagte Krona, »und das ist genug. Die Diskussion endet hier. Los geht ’s.«

      »Ich lasse mir keine Befehle erteilen, Hauptmann.« In Fenrirs Stimme klang ein gefährliches Knurren. »Ich bin nicht einer deiner Soldaten, und du machst einen Fehler, wenn du mich trotzdem so behandelst.«

      »Die Leitung des Unternehmens liegt bei mir«, fauchte sie zurück. »Das wusstest du, und du kannst sofort nach Hause gehen, wenn dir das nicht gefällt!«

      »Ich dachte, du brauchst mich da drin?«

      »Nicht so dringend!«

      »Doch«, sagte Pintel. »Sehr dringend. Wir können auf ein zweites Schwert nicht verzichten. Und nicht auf deine Beiträge zum Abendessen«, fügte er hinzu. »Außerdem, stell dir vor, wenn all diese komischen Leute, Reiter und Trolle und Zauberer, auf dem Rückweg wieder hier vorbei kommen. Willst du dann alleine sein?«

      »Zauberer sind wirklich komische Leute«, sagte Fenrir und wandte seinen gelben Blick von Krona zu Pintel.

      »So ist es«, bestätigte Pintel unschuldig lächelnd.

      »Aber sie haben gute Argumente«, sagte Fenrir. »Ich komme mit.«

      »Na endlich«, sagte Jerina ungeduldig. »Gehen wir.«

      Hintereinander betraten sie den Spalt. Der Fels war feucht und kühl. Krona lief ein Frösteln den Rücken hinunter. Jerina war vorangegangen, obwohl Krona ein ungutes Gefühl dabei hatte. Sie folgte ihr dichtauf. Hinter sich hörte sie Fenrirs leisen Schritt, und Pintel mit der Laterne kam zum Schluss. Sie bogen um die Ecke, die sie vom Eingang aus hatten sehen können, und der Spalt verschmälerte sich, bis der Fels von beiden Seiten an Kronas Schultern herangerückt war und ihr Rucksack ein unangenehmes Schleifgeräusch verursachte. Kurz nach der Biegung kamen sie an eine Stelle, an der Rußspuren sich am Felsen entlang zogen.

      »Vorsicht«, sagte Krona. »Hier ist kürzlich jemand gewesen.«

      »Ja, ich«, sagte Pintel. »Ich habe einen kleinen Blitz gemacht, damit ich wenigstens kurz mal was sehe. Die Zaubereiästheten können das auch ohne Ruß, aber das ist wirklich sehr aufwendig.«

      Noch während er sprach, blieb Jerina stehen. Der Spalt war so schmal, dass Krona an ihr vorbei kaum etwas erkennen konnte, aber der Weg schien mit groben, dunklen Holzbalken versperrt zu sein.

      »Schlüssel«, sagte Jerina. Ihre Stimme wurde dumpf zwischen den Felswänden hin und her geworfen.

      »Moment.« Krona nestelte den Schlüssel aus ihrer Gürteltasche und reichte ihn nach vorne. Im Austausch empfing sie Jerinas Fackel. Im gelben Lichtschein sah sie, wie Jerinas Hände zitterten.

      Jerina probierte eine ganze Weile herum, bis endlich ein metallisches Schnappen laut wurde. Sie schob die Tür auf, die in ihren Scharnieren nervenzermürbend knarzte.

      »Hereinspaziert, hereinspaziert«, intonierte Pintel in der Art eines Jahrmarktschreiers. »Bestaunt und bewundert die größten Attraktionen, die diese Welt je hervorgebracht hat. Der erste Blick ist umsonst!«

      Zunächst jedoch hielt sich ihr Staunen in Grenzen, denn der Gang setzte sich hinter der Tür fort, wurde eben und verbreiterte sich allmählich.

      »Lasst die Tür offen«, sagte Fenrir. Seine Stimme klang angespannt. »Wir sollten uns nicht den Fluchtweg versperren.«

      »In Ordnung«, bestätigte Pintel unbeschwert von hinten.

      Sie gingen tiefer in den Berg, Krona zählte dreiundsechzig Schritte und verbot sich, an die Tonnen von Gestein zu denken, die über ihr lasteten, dann gelangten sie an eine Treppe, die steil abwärts führte. Jenseits der Reichweite ihres Lichtes gähnte der Treppenschacht wie ein tiefer, schwarzer Schlund. Vorsichtig machten sie sich an den Abstieg.

      Es war still hier unten, die einzigen Geräusche brachten sie selbst mit. Die Luft war feucht und wurde kälter, während sie hinab stiegen. Krona spürte, schon während sie sich bewegte, wie die kalte Feuchtigkeit ihr in den Körper kroch. Der Gedanke lenkte sie vom Zählen der Stufen ab, sie verhaspelte sich irgendwo bei achtundvierzig und gab es auf.

      Kurz darauf endete die Treppe, und ein schmaler Gang führte sie nach einigen Schritten in einen großen, näherungsweise runden Raum. Tropfsteine wuchsen aus dem Boden und warfen im Fackellicht zuckende Schatten. Am Rande ihres Lichtscheines konnten sie eine unregelmäßige Öffnung auf der gegenüberliegenden Seite erkennen, durch die es tiefer in den Berg ging.

      Sie bemerkten die Veränderung zuerst gar nicht, bis Pintel mit einem verwunderten Ausruf den Arm ausstreckte und auf die gegenüberliegende Wand deutete. Nicht nur dort, sondern rund um sie begannen Felsadern, in mattem goldenem Licht zu schimmern, das sich stetig erhellte, bis die

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