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ich …«

      »Weg da«, sagte Jerina und schob den kleinen Zauberer beiseite. Mit einer raschen Bewegung drehte sie den goldenen Schlüssel im Schloss. Es knackte, und die Tür schwang bereitwillig auf.

      »Prima«, sagte Pintel und hüpfte an Jerina vorbei auf die Scheibe. »Hereinspaziert, Herrschaften!«

      Mühsam kam Krona auf die Füße und schulterte ihr Gepäck. Jerina war bereits vor ihr an der Käfigsäule und sprang auf die Scheibe, gefolgt von Fenrir, der sich umsah und Krona die Hand entgegen streckte, als er sah, wie sie zögerte.

      Ihr Misstrauen und Fenrirs Hand ignorierend stieg Krona auf die Scheibe und schloss die Pforte hinter sich. Als sei dies das Signal gewesen, setzte die Platte sich geräuschlos in Bewegung und schwebte der Höhlendecke entgegen.

      »Toll«, sagte Pintel begeistert und lehnte sich nach vorne, um besser nach unten sehen zu können. »Schaut nicht runter, es könnte einem schwindlig werden.«

      Die Öffnung in der Höhlendecke näherte sich rasch und verschluckte sie. Für die Dauer einiger Atemzüge waren sie von dunklem Fels umgeben, der still an ihnen vorbei glitt, dann öffnete sich ein weiterer Raum und die Scheibe kam zum Stillstand.

      »Wo sind wir?«, fragte Pintel und flüsterte unwillkürlich.

      »Am Ziel, wie mir scheint«, sagte Jerina, drängte sich unsanft nach vorne und stieß die Pforte auf, die sich auch hier in dem Eisenkäfig befand.

      »Wie«, sagte Krona. »Das kann doch wohl nicht sein.«

      Der Raum war nicht größer als eine gewöhnliche Wohnstube und erhellt von Lichtfäden, die sich durch die Wände zogen. Die Decke war niedrig. Er war leer bis auf ein steinernes Podest an einer Wand, auf dem ein eingewickelter Gegenstand von der Größe eines Kohlkopfes ruhte, daneben ein Beutel, der, was immer er enthalten mochte, für Kronas Geschmack viel zu klein war. Keine Truhen voll Gold, keine Edelsteine, kein teurer Schmuck. Kein ruhiger Winter am Feuer in einem hübschen kleinen Haus. Krona ballte ihre Hände zu Fäusten. Sollte dies nun wirklich das Erbe sein, so war es auf eine mehr als enttäuschende Weise überschaubar.

      »Endlich«, sagte Jerina, deren Stimme eigenartig vibrierte, und stürmte voran. Krona sprang ihr nach, um nicht den geringen Hauch einer Chance zu verpassen, der ihr noch blieb. Fenrir und Pintel folgten.

      Mit wenigen Sätzen war Jerina an dem Podest und riss den eingehüllten Gegenstand an sich. Den Sack warf sie achtlos beiseite und enthüllte etwas, das die anderen innehalten und staunen ließ. Das Licht spiegelte und brach sich auf der schimmernden Oberfläche eines Kristalls, der in der Form eines Totenschädels bearbeitet war. Als Jerina ihn in den Händen bewegte, versprühte er einen Wasserfall aus Lichtfunken. Jerina lachte auf, ihre Stimme klang tiefer als sonst und eigenartig fremd, und hob den Totenschädel vor ihr Gesicht. Das glitzernde Licht floss ihre Arme hinunter und ließ ihre Haut durchscheinend schimmern, als sei sie belebt von einem inneren Feuer. Dann begann sie zu wachsen, das Spiel von Licht und Schatten legte fremde Konturen über ihr Gesicht. Das unscheinbare Mädchen löste sich auf, und im nächsten Augenblick war sie verschwunden, eine Flammenzunge schlug aus dem Boden, wo sie gestanden hatte, plötzliche Hitze und ein Gestank nach Verbranntem füllten den Raum.

      Längst hatte Krona ihr Schwert gezogen, während sie sich noch vergeblich bemühte, zu begreifen, was ihre Augen sahen.

      Die Flammenzunge streckte sich zur Decke. In ihrem Inneren schwebte der kristallene Totenschädel und übergoss die Umgebung mit Lichtfunken von schmerzhafter Helligkeit, und außerdem war da eine weibliche Gestalt zu erkennen, verzerrt und wabernd wie ein Spiegelbild auf unruhigem Wasser und in ihrer Nacktheit von einer gleichzeitig abstoßenden und fesselnden Schönheit. Sie hielt den Totenschädel in den Armen, und Hitze überflutete die drei Gefährten, als sie sich zu ihnen beugte.

      »Das Ding«, schrie Krona und wich zurück, das Schwert drohend erhoben. »Es hat etwas mit Jerina gemacht! Wir müssen es zerstören!«

      Die Flammengestalt gab ein tiefes, dunkles Lachen von sich, in dem die Vernichtungsgewalt eines brausenden Großbrandes lag.

      »Mach dir keine Sorgen um Jerina«, sagte sie, ihre Stimme klang verzerrt und hohl. »Und bemühe dich nicht länger, zu begreifen. Dein geringer Verstand wäre ohnehin überfordert.«

      »Ich muss nichts begreifen, um dich aufzuschlitzen«, knurrte Krona, doch die Feuerfrau gab ein neuerliches Lachen von sich, offensichtlich unbeeindruckt.

      »Ich bin am Ziel, mit eurer Hilfe«, sagte sie. »Und nun werdet ihr gestatten, dass ich euch verlasse.«

      Sie bewegte sich in Richtung des Käfigschachtes, doch Fenrir vertrat ihr den Weg. Seine Schwertklinge schimmerte wie flüssiges Feuer. Die Hitze trieb ihm glitzernde Schweißperlen auf die Stirn.

      »Wir gestatten es nicht«, sagte er.

      »Geh mir aus dem Weg.« Die Stimme der Flammengestalt erhob sich wie ein brausender Feuersturm.

      »Ich will wissen, was hier vorgeht«, sagte Fenrir. »Und was du bist. Du schuldest uns eine Erklärung.«

      »Fenrir«, flüsterte Pintel hinter Krona.

      »Gib ihr den Weg frei!«

      Doch Fenrir stand, unverrückbar, das Schwert auf die Flammengestalt gerichtet. An ihr vorbei suchte Krona seinen Blick, und sie verständigten sich ohne Worte. Fast gleichzeitig führten sie ihren Angriff, Fenrir frontal, Krona von hinten anstürmend, doch gerade im letzten Augenblick konnte Krona ihr Schwert hochreißen und Fenrirs Schlag parieren. Die Flammengestalt hatte sich wie flüchtige Luft ihren Klingen entzogen und strebte nun wieder dem Schacht zu. Krona warf einen Blick zu Pintel. Der, ungewöhnlich blass, schüttelte nur wild den Kopf. Doch Fenrir hatte die Warnung nicht gesehen, er wirbelte herum und stürzte der Flammengestalt nach und schrie: »Wer bist du? Was willst du? Bleib hier und steh uns Rede und Antwort!«

      Tatsächlich hielt die Flammengestalt, die den Schacht beinahe erreicht hatte, inne.

      »Und warum sollte ich das tun?«, fragte sie mit ihrem hässlichen Lachen.

      »Du bist es uns schuldig. Wir haben dir hierher verholfen.«

      »Und das ist der Grund, warum ihr noch am Leben seid. Meine Form der Dankbarkeit.«

      »Ich will eine Erklärung!«, schrie Fenrir. »Ich verzichte auf deine Gnade und Großzügigkeit!«

      »Wenn das so ist«, sagte die Flammengestalt, »dann verdienst du sie nicht. Stirb.«

      Wie eine fallen gelassene Marionette brach Fenrir an Ort und Stelle zusammen. Krona schrie und rannte gegen die Flammengestalt an, doch ehe sie ihre Position erreicht hatte, beugte die Flammengestalt sich zum Boden und ergoss sich wie brennende Flüssigkeit auf die leuchtende Scheibe, die sich sofort in Bewegung setzte und lautlos nach unten schwebte.

      Krona prallte gegen die schmerzhaft heißen Gitterstäbe der Käfigsäule und starrte hinunter in den Schacht, in dem die leuchtende Scheibe versank.

      »Scheiße«, sagte sie und schlug mit der Faust gegen die Gitterstäbe. »Scheiße!«, schrie sie und trat mit dem Stiefel so heftig dagegen, dass der Schmerz ihr bis in die Hüfte hinauf fuhr. »Wir müssen sie verfolgen!«

      »Wie willst du denn das machen«, sagte Pintel, der ganz gegen sein sonstiges Erscheinungsbild müde und erschöpft aussah. Seine Hände hingen an seiner Seite herunter, er stand neben Fenrir und starrte auf den leblosen Körper. Krona ließ ihr Schwert fallen und ging neben dem Bogenschützen in die Knie.

      Äußerlich sah er völlig unverletzt aus. Seine Augen waren weit aufgerissen, auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck der völligen Überraschung. Sie lauschte nach Atem und fand keinen.

      »Er ist tot«, sagte Pintel. »Niemand kann so lange geradeaus schauen, ohne zu blinzeln.«

      Sie griff nach Fenrirs Hand und fühlte vergeblich nach Puls.

      »Ich habe versucht, ihn zu warnen«, sagte Pintel. »Er hat mich nicht gehört. Ich war zu leise. Aber ich hatte solche Angst!« Dann brach er in

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