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nickte hastig.

      »Und deine Familie?«, hakte er misstrauisch nach. Dabei wanderte sein Blick erneut durch unser Haus, scheinbar auf der Suche nach weiteren Bewohnern.

      »Sie schlafen tief und fest«, versuchte ich die Situation zu entschärfen. »Ich bin die Einzige, die wach ist.«

      Ob er mir tatsächlich glaubte, konnte ich anhand seines finsteren Blickes leider nicht einschätzen. Seine dunklen Augen wanderten wieder zu mir. Er betrachtete mich mit offensichtlicher Ablehnung, sagte jedoch nichts.

      »Wo bist du?«, erscholl die aufgeregte Stimme seines Partners plötzlich unmittelbar vor dem Haus.

      Ruckartig drehte er den Kopf zur Haustür.

      Beinahe zeitgleich lief es mir eiskalt den Rücken runter. Wenn er dem anderen Mann verraten würde, was er in diesem Haus gefunden hatte, dann sank meine Hoffnung rapide, lebend aus dieser misslichen Lage herauszukommen, dessen war ich mir sicher.

      »Bitte«, flehte ich erneut.

      Sofort wandte er sich wieder mir zu und starrte mich an.

      »Sag ihm nichts«, setzte ich verzweifelt nach. »Du kannst mitnehmen, was immer du willst, aber bitte, verrate mich nicht.«

      Seine Augen weiteten sich vor Überraschung.

      Für wenige Augenblicke schöpfte ich Hoffnung. Vielleicht würde die aufwallende Gier in seinem Blick die Oberhand gewinnen. Er würde ein paar Schränke aufbrechen, und all das mitnehmen, was man leicht ersetzten konnte. Danach würde er unser Haus verlassen. Ganz bestimmt.

      Doch er drehte den Kopf wieder Richtung Tür.

      »Ich bin hier. Sieh dir an, was ich gefunden habe.«

      Alles in mir erstarrte, als kurz darauf ein zweites Ungeheuer in unser Haus eindrang.

      »Verdammt noch mal, Boran. Ich hatte gesagt, nicht dieses Haus.«

      Der andere Mann war hörbar sauer.

      »Warum fällt es dir so schwer, meine Anweisungen zu befolgen?«, setzte er nach. »Was habe ich dir immer und immer wieder eingeschärft? Warum kannst du nicht das tun, was ich ...«

      Er unterbrach seine Schimpftirade, als er mich erblickte. Seine dunklen Augen wurden riesengroß, während er mich unaufhörlich anstarrte.

      »Na, was haben wir denn da?«

      Meine Knie wurden weich, ich taumelte.

      »Hab sie so gefunden«, gab der Erste zu Protokoll. »Weiß die Schattengöttin, was die hier verloren hat.«

      Der zweite Nordmann musterte mich ausgiebig. Auch er trug eine Kapuze und ein Tuch vor dem Mund. Anhand der kleinen Fältchen, die sich um seine Augen bildeten, während er mich betrachtete, konnte ich davon ausgehen, dass er einige Sommer älter war als sein Begleiter.

      »Was sollen wir mit ihr machen?«, fragte der Jüngere.

      »Sie könnte uns verraten«, gab er zu bedenken, als der zweite Nordmann nicht gleich antwortete. Hastig schüttelte ich den Kopf.

      »Ich verrate niemandem etwas, darauf gebe ich euch mein Wort.«

      Ich musste es wenigstens versuchen, ich musste sie unbedingt loswerden!

      Der zweite Mann betrat nun endgültig das Haus und drückte die Tür hinter sich ins Schloss, was meine Angst und Nervosität noch weiter ansteigen ließ.

      »Was meinst du«, begann er kaum hörbar, »Wie viel ist das Wort einer Südtochter wert?«

      Offensichtlich wollte er sich über mich lustig machen.

      »Nicht sehr viel«, ging der andere Mann sofort darauf ein. »Wenn ich so darüber nachdenke ... ihr Wort ist rein gar nichts wert.«

      Wie konnte er so etwas sagen? Er kannte mich doch überhaupt nicht.

      »Mein Wort ist sehr viel wert«, ging ich entschlossen dazwischen. Angst hin oder her, das würde ich nicht auf mir sitzenlassen. »Wenn ich verspreche, niemandem davon zu erzählen, so halte ich mich auch daran. Oder wird so etwas bei euch anders gehandhabt? Hält man sich dort, wo ihr herkommt, etwa nicht an seine Versprechen?«

      Natürlich hätte ich mir den letzten Satz sparen können. Das waren Wilde, ohne Gewissen und Ehre. Nordmänner der schlimmsten Sorte. Die würden sich ganz bestimmt nicht an irgendwelche Abmachungen halten. Dennoch musste ich alles versuchen, um meine Familie zu beschützen.

      Mit Gewalt verdrängte ich meine Furcht, setzte eine unschuldige Miene auf und brachte sogar ein harmloses Lächeln zustande.

      »Ich werde ganz bestimmt niemandem etwas von unserer Begegnung erzählen«, schwor ich mit fester Stimme und hoffte inständig, dass es ausreichen würde, um die beiden Männer zu überzeugen.

      Nach einem kurzen Blickwechsel mit seinem Partner schaute mich der jüngere Mann eindringlich an.

      »Das möchte ich dir auch geraten haben«, drohte er mit erhobenem Messer. »Sonst stehe ich im nächsten Winter wieder vor der Tür, zerre dich aus deinem weichen Bett und schlachte dich und deine Familie genauso schnell ab wie euer Vieh. Darauf hast du MEIN Wort.«

      Ich schluckte erschrocken. Das hatte gesessen.

      Er nickte, scheinbar zufrieden mit der Gesamtsituation.

      Schließlich drehte er sich zur Seite, legte seine Hand auf den Riegel und war gerade dabei unsere Haustür zu öffnen, als ihn der andere davon abhielt.

      »Was ist?«, wollte der junge Nordmann wissen. »Wir müssen los, die anderen warten auf uns.«

      Mir schien, als würde eine kleine Ewigkeit vergehen, ehe der Mann endlich eine Reaktion zeigte. Seine Schultern strafften sich, sein Blick wanderte zielstrebig in meine Richtung.

      »Warte kurz«, zischte er.

      »Uns bleibt keine Zeit mehr«, hielt der andere entschieden dagegen.

      Ganz offensichtlich schien er der Vernünftigere von beiden zu sein, wenn ich mir auch nur schwerlich vorstellen konnte, dass es bei denen überhaupt so etwas wie Vernunft gab.

      Der Ältere erhob seine Stimme: »Wir könnten sie mitnehmen.«

      Einer Panikattacke nahe, schüttelte ich hektisch den Kopf. Immer und immer wieder.

      Seine Aussage bescherte mir solche Angst, dass ich nichts und niemandem jemals von dieser Begegnung erzählen würde. Ich wollte einfach nur in mein Bett zurück, die Augen schließen und alles so schnell wie möglich vergessen.

      »Wir nehmen sie mit«, sagte der ältere Nordmann plötzlich und kam auf mich zu, in der Hand ein Stück Leinen.

      Ehe ich realisierte, was er vorhatte, wurde mir das Stück Stoff in den Mund gestopft.

      Danach ergriff er meine Arme, zog meine Hände nach hinten und fesselte sie mir auf dem Rücken.

      Völlig hysterisch geworden, versuchte ich zu schreien und trat gleichzeitig nach meinem Angreifer, was ihn jedoch kaum zu stören schien.

      »Halt’s Maul«, zischte er drohend, erhob seine Hand und schlug mir mit voller Wucht ins Gesicht.

      »Mach die Tür hinter uns zu«, kommandierte er den zweiten Nordmann, während er mich ohne Schwierigkeiten über seine Schulter warf und nach draußen trug.

      Unser stetig kleiner werdendes Haus war das Letzte, was ich sah.

      Tränen, die unaufhörlich über mein Gesicht liefen, verschleierten meinen Blick – und endlich erlöste mich die Bewusstlosigkeit, die mich heute schon so oft hatte übermannen wollen.

      3

      Wie viel Zeit inzwischen vergangen war, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Als ich aus meiner Ohnmacht erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Und direkt daneben, wie ich verwundert feststellte, der Mond.

      Sonne und Mond, zur gleichen Zeit am Himmel.

      Solch

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