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würdigen. Ich fuhr ja zum ersten Mal mit und landete im Training auch noch andauernd aufm Rasen … Aber denkste, die rufen mir schon von weitem allen möglichen Quatsch zu und ziehen mich durchn Kakao.

      »Stimmt genau!«, erwiderte ich, was hätte ich denn sonst sagen sollen, ich wollte ihnen doch zeigen, dass ich ihre Witze lustig finde, auch wenn die fürn Arsch waren, und ich kriegte schon langsam die Krise, denn ihre Augen leuchteten und sie hatten die Taschen natürlich mit Dingen vollgestopft, die wie warme Semmeln fürs Fünffache weggehen würden.

      Die Grenze passierten wir ohne Probleme. Die Grenzer stiegen ein, warfen n Blick in unsere Pässe, klopften die eine oder andere Tasche ab, aber mit den Muskelprotzen in Trainingsanzügen im Bus wollten sies nicht aufnehmen. Sportler. Zwar waren alle Busse voll mit Leuten in Trainingsanzügen, aber hier sahen sie alle gleich aus und hatten breitere Schultern.

      Als wir in Warschau ankamen, war schon fast Nacht. Wir schliefen aus, am Morgen n bisschen trainieren und am Nachmittag das erste Match gegen die siebte Mannschaft von irgend so nem polnischen Rugbyclub. Um ins Spiel zu kommen, den Platz auszuprobieren. Obwohl mir das ziemlich egal war. Bei den Junioren spielte ich im Gedränge, und hier stellten sie mich in die Verteidigung. Im Gedränge wäre ich hier zwar der Schnellste, aber solche Fleischmassen würden mich wie so n kleinen Pilz zerquetschen. Deshalb stellten sie mich ganz an den Rand. Ich hatte noch nie gern im Winter gespielt, aber im Winter am Rand – das war purer Selbstmord. Da stehste doch nur das ganze Match durch doof rum und wartest, bis der Ball zu dir kommt. Der ist aber schlüpfrig, und so enden alle Attacken, noch bevor sie wirklich begonnen haben. Wenn du den Ball n paarmal in die Hände kriegst, dann kannste von Glück reden. Aber meist frierste dir nur den Arsch ab und läufst rum, um n bisschen warm zu werden. Und biste in Ballbesitz, die Hände halb abgefroren, die Muskeln kalt – was glaubt ihr, was bringste dann fertig? Noch bevor du dich umsehen kannst, landeste auch schon im Out. So lautete meine einzige Aufgabe, die Verteidigung nicht zu verbocken, weil bei uns der Angriff meist übers Gedränge lief. Also durfte ich den Gegner auf derselben Position nicht vorbeilassen – genauso n Eisklotz wie ich.

      Aber dieser Eisklotz war nicht mein größtes Problem. Viel schlimmer waren einige von den Unseren. Da gab es welche, denen musste den Ball zuspielen, mit zittrigen Händen. Nicht abzuspielen ist keine Option, und dann machste dir in die Hose, weil die ganz sicher zu den Mafiatypen gehörten – sogar ihre Nachnamen stimmten: Baranauskas, Šiaulys. Was weiß ich denn, n Baranauskas spielt in unserem Fußballklub, der andere bei uns – oder vielleicht war das ja auch der, vor dem ganz Šiauliai Angst hatte? Wer nen Pass erhielt, der wusste genau, dass er den Ball an ihn weitergeben musste, und dass es, falls er das nicht richtig machte, für ihn besser wäre, sich ne Kugel zu verpassen. Die Hände aber waren steifgefroren, die Beine aus Holz, ich kam mir vor wie in der Antarktis und nicht in Warschau. Also rannte ich manchmal völlig in die Pampa, soll mich der Trainer ruhig anbrüllen, aber den Ball würde ich nicht kriegen.

      Diese Kerle vom Schlage eines Baranis nannten sie »Jungs«, manchmal auch »Prinzen«, sogar in den Zeitungen, und das klang einschüchternd und Ehrfurcht gebietend. Ich wusste nix über sie, aber ich glaubte, bei ihnen wäre das wie im Paten oder in Wilde Hunde, die ich vor kurzem in der Videothek gesehen hatte. Die hatten ihre Ordnung, Ehre und sogar eigene Traditionen. Und die Polizei sabberte was von Gangs, organisiertem Verbrechen. Man soll die Dinge beim Namen nennen. Sie waren die Chefs im Ring. Man musste ja nur n Blick auf sie werfen, und schon war einem alles klar. Sie fuhren rote Sportwagen Mitsubishi 3000 GT, fast so was wie Ferraris, während die Bullen ihnen mit ihren Schigulis hinterherkrochen. Sie setzten hunderttausende Bucks um, während die bei der Polente nur n Haufen verschissener Talonai kriegten. Wenn sie die nicht am selben Tag unter die Leute brachten, dann konnten sie sich am nächsten nur noch ne Packung Zucker und Graupen dafür kaufen.

      Eigentlich gab es gar keine richtigen Bullen mehr, die hatten sich ja alle zu Sicherheitsfirmen oder sonst wohin verzogen. Also blieben der Polente nur noch so Typen mit abgeschnittenen Hosen. Und jetzt stellt euch mal vor: Da kommt so einer mit seinem Klappergestell von nem Schiguli zum roten Mitsubishi gefahren, steigt aus, geht zu Baranis und sagt zu ihm … Na, was könnte der zu ihm sagen? Ich an seiner Stelle würde die Äuglein brav senken, die Ohren anlegen und betteln, dass er mich am Leben lässt. Und genau deshalb machte auch niemand Jagd auf die. Wie sollte man die denn erwischen? Selbst wenn du auf unerfindliche Weise einen von denen geschnappt und in die Arrestzelle gebracht hast, dann legt der nur n Hunni aufn Tisch und geht fröhlich pfeifend wieder. Der aber, der ihn zu den Bullen gebracht hat, kann sich schon n Plätzchen aufm Stadtfriedhof sichern und nen Grabstein bestellen.

      Langer Rede, kurzer Sinn: Das erste Spiel gewannen wir mit links, der Trainer gab mir n paar aufn Deckel, weil ich mich n paarmal danebenbenommen hatte, aber er schien alles der Unerfahrenheit zuzuschreiben, während ich mich steif vor Kälte vom Acker machte, um zu duschen und mich warm anzuziehen. Natürlich waren alle normalen Duschen schon besetzt, ich durfte also gleich neben der Tür duschen, auf nem Durchgangshof. Ich war zu nem Eisklotz gefroren und mein Stummelschwänzchen hätte sich am liebsten da verkrochen, wo es rausgewachsen ist. Damit könnte man ja leben, aber das Duschen hält dir klar und deutlich vor Augen, dass das vielleicht nur bei dir so ist, denn bei den anderen baumelt er wie bei den Zuchtbullen – und die drehen sich auch noch absichtlich um, damit alle es sehen. Niemand sagt auch nur n Sterbenswörtchen darüber, aber selbst n Vollidiot kapiert, dass wir uns eifrig der vergleichenden Analyse hingeben. Ich drehte nur das heiße Wasser auf, aber ich schrie nicht, ich biss die Zähne zusammen und schwieg, um keine überflüssige Aufmerksamkeit zu erregen. Hauptsache, er kommt möglichst schnell ausm Gebüsch hervor und lässt was von sich sehen, denn sonst würde der mit den Taschen voller BHs nur noch verdächtiger und würde sein Leben lang durchn Kakao gezogen. Ganz besonders, wenn das Baranis zu Ohren kommt. Aber diesmal war alles irgendwie normal, niemand schmiss großmäulig mit Witzen um sich, alle hatten sich im Match abgerackert und nur noch eins im Sinn: ins Hotel und dann in die Stadt. Wir, einige von den Jüngeren, wollten uns gemeinsam auf die Suche nachm Markt machen, denn übermorgen, an unserem freien Tag, durften wir die Gelegenheit nicht verpassen, mit unseren Taschen den Leuten n paar Zlotys abzujagen.

      Genau das taten wir dann auch. Wir fanden heraus, wo hier der größte Markt, dieses Stadion, ist, und wie man da hinkommt, und als wir dort waren, ließen uns die Ghettoblaster, Klamotten und anderen geilen und exotischen Teile den Speichel im Mund zusammenlaufen. Die Schlitzaugen brachten allen möglichen bunten Kram dahin, die Kasachen Wolle, da war alles, was das Herz begehrte, viele verscherbelten ihre Ware auf Pump. Und es wimmelte nur so von Käufern, also hätten wir leichtes Spiel mitm Verklickern der Waren in unseren Taschen.

      Endlich kam unser freier Tag und wir machten uns schon am frühen Morgen zum Stadion auf. Der Handel hatte schon begonnen, dafür trieben sich dort jetzt schon nicht mehr nur die herum, die auf Pump kauften, um weiterzuverscherbeln, sondern auch Gaffer der einfacheren Sorte. Ich schmiss meine Tasche aufn Boden, ging n Schritt zurück und versuchte zu rekapitulieren, was ich alles mitgebracht hatte. Ich konnte kaum n paar Klamotten hervorkramen, da traten auch schon n paar Käuferinnen zu mir und fragten mich was. Wonach konnten die sich aufm Markt schon erkundigen, wenn nicht nachm Preis? Aber mir kam plötzlich in den Sinn, dass ich kein Polnisch konnte, und dass diese Sprache nur geringe Ähnlichkeit mit Russisch hatte. Ich antwortete dennoch auf Russisch – was hätte ich denn tun sollen? Aber wer hätte mir jetzt sagen können, wie viel ich wofür bezahlt hatte und wie viel ich für all die Höschen, BHs oder die irgendwo dazwischen versteckte Kaffeemühle verlangen soll. Glaubt ihr etwa, wir hätten tags zuvor, als wir den Markt ausgespäht und die Messer der Tschetschenen befingert hatten, daran gedacht, uns die Höschenpreise anzusehen? Ich stammelte irgendwas, die Kundinnen hielten es nicht mehr aus und streckten mir n paar Scheine hin. Ich fackelte nicht lange und nahm sie. Gar nicht schlecht, dachte ich bei mir, obwohl ich die Zlotys noch nicht im Schlaf in unser Geld umrechnete. Am meisten Mühe bereitete mir das Rausgeben. Wie sollte ich denn wissen, ob sies mir richtig gaben oder noch was raushaben wollten. Und wenn ich irgendwie doch raffte, dass ich was rausgeben sollte, dann musste ich lange wühlen, bis ich das Geld zusammengeklaubt hatte, ich bekam ja diese Scheine zum ersten Mal zu Gesicht. Also zupften sich die Frauen selbst ausm Bündel in meiner Hand, was sie brauchten.

      Ich war platt vor Staunen. Die Kundinnen kamen zu meiner Tasche, zogen

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