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betreffend Terraforming erfüllen und gleichzeitig den sich selbst gestellten Auftrag, Tasner zum wichtigsten Industrieplaneten zu machen, den es unter den Außenwelten gab!

       Von Tasner aus sollte die industrielle Revolution für sämtliche Außenwelten beginnen, und wenn es ihm wirklich gelang, würde er dadurch der mächtigste Mann werden, den es jemals in diesem Universum gegeben hatte!

       Denn die Firma, die nicht nur das Konzept für Konsumgüterherstellung, sondern gleich auch komplexe Fabrikationsanlagen dazu verkaufte... Von dieser Firma war niemand anderes als er selbst Hauptanteilseigner!

       Er hatte das fatale Gefühl, als wäre das LeCarré von Anfang an bekannt gewesen – wie auch immer...

       Und nicht nur LeCarré: Er dachte nicht zufällig dabei auch an Naomi Changas!

       Dabei hatte er wirklich alles getan, es ein Geheimnis bleiben zu lassen. Aus vielerlei Gründen. Der Hauptgrund war wohl, daß er davon ausging, wenn man auf den Außenwelten schon so vehement gegen Terraforming war – wie groß würden dann erst die Bedenken sein, wenn es um Konsumgüterherstellung ging?

       Diese Bedenken hatte er erst ausräumen wollen. Und dann hätte er auch nur zugegeben, daß er gewissermaßen so ganz nebenbei auch Handelsvertreter in diesen Dingen war. Er hatte jedenfalls keinen Sinn darin gesehen, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Ganz im Gegenteil: Er wäre jede Wette eingegangen, daß dies ein schlimmer Fehler gewesen wäre.

       Jetzt sah er alles in einem völlig anderen Licht. Es kam ihm beinahe lächerlich vor, daß er eine solche Geheimniskrämerei überhaupt veranstaltet hatte.

       *

       Weitere Tage vergingen und seine Passage nach Ikarus rückte in bedrohliche Nähe. Schließlich verging auch der Tag, an dem sein Schiff ihn zum Nachbarplaneten Tasners hatte bringen sollen, ohne daß er Val-Duun verlassen hatte.

       Als Israt LeCarré von seinem endgültigen Entschluß berichtete, während des Festivals den Planeten nicht zu verlassen, schien dieser zunächst überrascht und dann erfreut zu sein.

       Israt fragte seinen Gastgeber auch, an wen man sich wenden müsse, um ein gutes Schwert zu bekommen.

       Daraufhin schwieg LeCarré zunächst.

       Langsam breitete sich ein freundliches Lächeln auf seinem Gesicht aus. Ein seltsamer Glanz lag in seinen sonst so nüchternen, Intelligenz ausstrahlenden Augen.

       "Sie scheinen allmählich das Wesen dieser Gesellschaft zu begreifen, N'Gaba. Das freut mich."

       Israt wußte nichts zu erwidern.

       Er erinnerte sich an die Video-Aufzeichnungen, die er gesehen hatte, an die abscheulichen Bilder und an die Bestie, die sein Gastgeber sein konnte... Ein fremdes, ungutes Gefühl machte sich in seiner Magengegend bemerkbar; irgend etwas schien sich zusammenzukrampfen. Er wußte, was es bedeutete...

       'Ich kann keine Rücksicht nehmen', dachte er.

       "Ich werde Ihnen ein Schwert schenken, N'Gaba", sagte LeCarré plötzlich. "Betrachten Sie das als Zeichen meiner Gunst."

       *

       Die Tage der Barbarei waren wie ein atavistischer Alptraum, aber es stellte sich heraus, daß das Überleben wesentlich einfacher war, als Israt ursprünglich gedacht hatte. Es war nicht so, daß in jedem Fall willkürlich irgendwer auf irgendwen einschlug, sondern es existierte ein kompliziertes System von Koalitionen.

       LeCarré, der Israt auch in den Gebrauch seiner Waffe einführte, bot seinem Favoriten die Koalition an, ebenso Ming Yaobang, als er erfuhr, daß der Nigerianer den Planeten während des Festivals nun doch nicht verlassen würde.

       Während des ganzen Tages tobten in den Straßen Val-Duuns wilde Schlachten, bei denen mehr Blut floß als Israts empfindliches Erdmenschen-Gemüt ertragen konnte:

       Allein am ersten Festivaltag mußte er sich dreimal übergeben. Man schien keine Anlässe zum Kämpfen zu brauchen, man kämpfte um des Kämpfens willen.

       Nach Sonnenuntergang war Waffenruhe, und die Verletzten wurden von Medo-Robotern aufgelesen und in die umliegenden Kliniken gebracht, wo man sie wieder zusammenflickte, soweit das noch möglich war.

       Innerhalb der Häuser wurde nur selten gekämpft. Die Gefahr, Sachschaden anzurichten, war einfach zu groß, das finanzielle Risiko für den Kämpfer ebenfalls, denn nach dem tasnerianischen Gesetz mußten auch während des Festivals zerstörte Sachwerte dem Geschädigten (beziehungsweise dessen Erben) ersetzt werden. Man ging also lieber auf die Straße.

       Der erste Tag hatte Israt schwer mitgenommen. Das einzige, das er nach Eintritt der Waffenruhe noch empfinden konnte, war eine gewisse Befriedigung darüber, daß er überhaupt bis überlebt hatte – bis jetzt jedenfalls.

       Er hatte sich ziemlich orientierungslos durch die mit geballtem Haß qefüllten Straßen bewegt, war eher ausgewichen, als sich zu stellen, hatte sich mehr verteidigt als agressiv anzugreifen.

       Für einen kurzen Augenblick hatte er Alana Susstu—Garlis mitten im Getümmel zu sehen vermeint, war sich später jedoch nicht mehr hundertprozentig sicher, ob es tatsächlich sie gewesen war.

       Der zweite Tag war bereits einfacher. Israt hatte an Härte gewonnen, wenn er auch des inbrünstigen, unbegründeten Hasses, der ihm überall entgegenschlug, selbst nicht fähig war.

       In der Nähe des Seeufers erschlug er einen zrachistischen Mönch, der sich ihm drohend in den Weg gestellt hatte. Es schien so einfach, das Töten.

       In der Magnetbahn metzelte er einen Mann und zwei Frauen nieder, die, zuvor noch im gegenseitigen Streit verwickelt, sich plötzlich gegen ihn zusammengeschlossen hatten.

       Ja, ohne Zweifel war LeCarré ein guter Fechtlehrer. Mochte Allah ihn schützen.

       *

       Am dritten Tag erwischte es ihn.

       Ein Schwert verwundete ihn am Kopf, und er war mehrere Tage bewußtlos.

       Als er in der Klinik erwachte, wußte er nicht, wieviel Zeit vergangen war. Er fühlte kaum etwas, nur, daß er noch lebte und daß etwas mit ihm nicht stimmte. Ansonsten war er völlig ausgeleert.

       Dieses erste Erwachen nach der Verwundung, die man ihm zugefügt hatte, kam ihm wie eine Art Wiedergeburt vor.

       Er mußte es immer wieder denken, es war das einzig Klare, das sich in seinem Gehirn manifestierte: Eine Wiedergeburt. Dann dämmerte er wieder in die Bewußtlosigkeit hinüber.

       Als er das nächste Mal erwachte, ging es ihm bereits besser. Das erste, das er wahrnahm, war das große Insektenauge des Medo-Robots neben seinem Bett.

       'Ein primitives Modell', dachte Israt. 'Auf den Inneren Planeten würde man eine Behandlung mit dem Ding wohl als Körperverletzung empfinden!'

       "Wie geht es Ihnen, Herr N'Gaba?" fragte die Maschine in akzentfreiem Rand-Lingua.

       "Ich weiß nicht - besser, wie es scheint."

       "Haben Sie irgendwelche Wünsche?"

       Israt antwortete nicht sogleich.

       "Soll ich Ihnen etwas bringen?"

       "Nein."

       Als er von der Maschine erfuhr, daß das Festival bereits vorüber war, atmete er erleichtert auf. 'Ich denke, jetzt wird mich niemand mehr aufhalten können', dachte er, von Euphorie ergriffen. Er fühlte sich paradoxerweise sehr stark. Er hatte das Festival überlebt. Das war wichtiger als alles andere.

       *

       Israts Zustand verbesserte sich zusehends (obwohl der Standard der tasnerianischen Medizin niedrig war), und bald konnte er bereits wieder sein Quartier bei LeCarré einnehmen.

       Eine Hyperfunknachricht kam: Seine Company hatte die Daten ausgewertet. Ganze Produktionsanlagen würden nach Tasner geschickt werden können und er, Israt N'Gaba, würde (da er sich so intensiv mit den lokalen Verhältnissen vertraut gemacht habe) der Leiter

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