Скачать книгу

höre, verrate dich nicht… Sie beobachten uns… Deshalb tritt jetzt neben mich, sieh zu den Gefangenen hinüber und beschreibe nur mit leisen Worten, was dir auffiel… Halte deine Hände und Arme still, sprich nicht laut und deute auch auf keinen Einzigen… Hast du verstanden?“

      „Herr…“ wandte sich der Milites an Gaurus.

      „Tue, was er dir sagt, oder bei deinen Eiern…“ Gaurus vermied die Fortsetzung und der Milites verstand. Er stellte sich neben Gerwin.

      „Am Eingang, der Hüne ist ein Tungerer. Auch die etwa acht Männer neben ihm. Er brütet etwas aus… Seine Begleiter mischen sich unter die Übrigen, nur die Treverer übersehen sie, und kehren dann immer zu ihm zurück. Sie flüstern miteinander.“

      „Welche Gruppe sind die Treverer?“

      „Auf der anderen Seite, die etwa zwanzig Männer… Es sind viele noch sehr junge Burschen unter denen… Sie scheinen sich gegen etwas zu schützen… Im inneren Ring befinden sich Ältere. Die Jungen und etwas ältere Treverer verhindern, dass ich deren Anführer sehen kann.

      „Gut weiter, Milites…“

      „Dort in der hinteren Ecke, ganz zur linken Hand, die kleinere Gruppe, das scheinen Ubier zu sein… Der große Dürre führt das Wort. Er schimpft oft laut, zeigt Wut und Ungeduld, so scheint mir…“

      „Schickt der auch Männer zu anderen Gruppen?“

      „Nein! Als ihn einer der Tungerer aufsuchte, fielen laute Worte. Ich hörte ‚Feigling’ und ‚Stronzo’.“

      „Und die Übrigen?“

      „Alles Auxiliaren, Ängstliche, Verstockte, Gleichgültige und dann die Älteren, mit dem Graukopf… Der dort, ganz in der Ecke, an dem Pfahl lehnt.“ Der Milites überlegte, ob er eine andere Beobachtung anfügen sollte. „Das ist ein mutiger Mann…“ fügte er nachdenklich und nicht ohne Bewunderung an.

      „Wieso?“ fragte Gerwin.

      „Fing den Schlag eines Gladius mit der blanken linken Hand ab und tötete einen unserer Männer, bevor ein weiterer Milites ihn niederstrecken konnte… Seine Hand sieht schlimm aus…“

      „Besser die Hand benutzt, als den Kopf oder die Schulter…“ warf Gerwin abfällig ein.

      „Wenn es der eigene Kopf wäre… Es war aber der eines Gefährten…“

      Gerwin stutzte. „Woher weißt…? Du warst doch noch gar nicht hier…“

      „Mein Bruder dient unter Tiberius Arpatis… Er nahm den Auxiliar gefangen… Unter Brüdern spricht man über mutige Feinde…“

      „Gut gemacht, Milites! Komm, Gaurus!“

      Der Hermundure steuerte den nächsten Wächter an. Das gleiche Verfahren verfolgte er bei auch anderen Posten und verglich die Mitteilungen. Gerwin landete letztlich bei seinen Gefährten und dem Pilus Prior..

      „Herr…“ sprach er Gaurus an, „… bleib bei Volusenus und behalte die Kerle im Auge… Viator, wir gehen hinein…“

      „Nur wir vier?“

      „Meinst du, die Kerle wären mehr Aufmerksamkeit wert?“

      „Ich sehe da schon den Einen oder Anderen…“ knurrte der Graukopf.

      „Dann seid eben wachsam! Vorwärts!“ entschied Gerwin.

      Das Gatter wurde geöffnet.

      Gerwin baute sich vor dem großen und breiten Tungerer auf. Er sah, dass der Mann blaue Augen besaß, größer und muskulöser als er selbst war und ihn gelassen anblickte.

      „Was willst du, Germane?“ fragte der Tungerer.

      „Mit dir reden!“ antwortete Gerwin in ruhigen Worten.

      „Warum sollte ich mit dir reden wollen…“

      „Vielleicht weil dich Neugier treibt, vielleicht weil das hier nicht so angenehm ist … Nässe, Kälte, Matsch, Hunger, Durst…“

      „Was kannst du Kümmerling schon daran ändern?“ Der Tungerer änderte weder seine Haltung noch die Art zu sprechen. Gerwin spürte dessen lauern…

      „Wo haben wir dich Prachtstück eigentlich erwischt, am Mons Vosegus oder am Rhenus…“ forderte der Hermundure den Anderen heraus.

      Der Gefangene sah keinen Grund, darauf nicht zu antworten. Aber er blieb wortkarg. „Rhenus!“

      „Dann weißt du sicher, wer den Angriff führte?“ forderte Gerwin den Mann heraus.

      „Der große Sizilianer hinter dir!“ bekam er sofortige Antwort.

      „Paratus, bist du seiner Meinung?“

      „Nein, mein junger Freund…, denn du befahlst und ich drang vor…“

      „Siehst du, Tungerer, man muss nicht unbedingt groß, kräftig und alt sein, um einen Kampf anzuführen…“

      Der Tungerer stieß sich mit der Schulter vom Pfahl ab. Gerwin gewann seine volle Aufmerksamkeit.

      „Warum sollten dir die Römer eine solche Macht übertragen? Außerdem dachte ich, sie hätten es nicht so sehr mit Chatten…“

      „Du irrst, Tungerer, ich bin Hermundure! Das Andere, was du zu wissen begehrst, ist eine zu lange Geschichte, die ich auch nur guten Gefährten erzähle und da stehen wir beide noch sehr weit am Anfang… Also was ist? Kommst du mit mir?“

      „Warum nicht, ich liebe Geschichten…“ Der Hüne betrachtete den Jüngeren eingehend, zuckte dann verstehend, aber dennoch verwundert mit der Schulter und glitt in seinen Gleichmut zurück..

      „Dann geh durch das Gatter und warte dort auf mich!“ befahl Gerwin.

      Der Hüne zwängte sich durch die um ihn Lagernden. Er durchquerte das Tor. Dort angekommen, drehte er sich zu den übrigen Gefangenen um, spreizte seine Beine, verschränkte seine Arme vor der Brust und wartete.

      Gerwin nahm sich den großen dürren Ubier vor.

      „Dir gefällt es in diesem Verschlag nicht, Ubier?“

      „Was schert es dich? Ja, es stinkt nach Kelten, nach verlausten Tungerern und anderen Germanen, es ist kalt und nass! Außerdem haben wir Hunger…“

      „Dann komm mit mir und wir werden sehen, wie wir an dem Zustand etwas ändern könnten…“ forderte ihn Gerwin auf.

      „Geh Knabe oder schicke Männer, wenn dein Legat mit mir sprechen will…“

      Gerwin lächelte den gut einen Kopf Größeren an, trat zwei Schritte auf den Mann zu und plötzlich, noch in sein Lächeln hinein, schossen dessen Hände vor, trafen am Kehlkopf, so dass der Kopf des Mannes nach hinten flog. Fast im gleichen Augenblick stieß die Faust des Jüngeren genau in das Dreieck unter dem Brustkorb. Der Ubier schrie vor Schmerz, japste nach Luft und sank dann zu Boden. Gerwin wartete.

      Der Kerl erholte sich schnell. Als er sich auf seine Beine quälte, hörte er: „Noch einmal eine solche Frechheit von dir und du stehst nicht wieder auf!“ Ohne den Ubier aus den Augen zu lassen, raunte der Hermundure seinen Begleitern zu: „Paratus, sei so gut und stell den Kerl draußen neben den Tungerer… Pass aber auf, dass sich die Beiden nicht zerfleischen…“

      Paratus trat an Gerwin vorbei, packte den Aufsässigen mit einer Hand im Genick und seiner anderen Pranke an der Schulter, und schob ihn in Richtung Tor. Obwohl einige der Ubier aufsprangen und gewillt schienen, sich für ihren Gefährten einzusetzen, belehrte sie das Schlagen auf Schilde, durch die sie bewachenden Legionäre.

      Gerwin begab sich zu den Treverern.

      „Wer kann für euch sprechen?“

      „Warum?“

      „Merke dir, Treverer, hier stelle ich die Fragen und du antwortest! Konntest du dir meine Frage merken oder soll

Скачать книгу