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wirst, nach einem kurzen Schnitt, davon zwar nichts mehr in deinem ohnehin leeren Kopf behalten…, aber wenn der letzte Tropfen deines Blutes im Wald versickerte, bist du auch schon vergessen…“

      Besonders der letzte Teil der Mitteilung war dazu angetan, den Zorn des Mannes zum Ausbrechen zu bringen. Das ‚Vergessen werden’ lockte einen zu stolzen Mann heraus, sich zu öffnen.

      Der Hermundure sah diesen Zorn, dessen Überheblichkeit und war sich noch immer nicht im Klaren, ob der Ubier ein einfacher Dummkopf war oder auch nur den Eindruck zu hinterlassen wünschte…

      Einen Dummkopf, ein Großmaul nahm eigentlich keiner ernst, wenn dessen Poltern, ein gelegentlicher Widerspruch oder dauerndes Schimpfen, ohne Handlungen abliefen… Dem Ubier aber folgten Männer! Diese Tatsache musste einen Grund besitzen… Welcher Auxiliar folgte, in einer scheinbar ausweglosen Lage, einem eigentlich offensichtlichem Dummkopf, wenn er sich an andere und bessere Männer hängen konnte? Fast die gleiche Frage stellte sich Gerwin bezüglich des großen Tungerer, der noch dazu für seine Gefolgschaft Anhänger suchte. Ein Tungerer würde doch niemals zu einem Ubier Kontakt aufnehmen und ihn zur Gefolgschaft auffordern… Was also lief zwischen den beiden Männern falsch?

      Gerwin wusste, dass er sich erst zu diesen beiden Anführern Klarheit verschaffen musste, bevor er sich der Rolle des Usipeter widmen konnte… Noch immer fehlte ihm ein eindeutiges Bekenntnis des Tungerer. Der Eid des Mannes stellte nur eine erzwungene Formel dar, dessen Treuebekenntnis aber war bei Weitem noch nicht vollständig ergründet…

      „Was ist nun, Tungerer, welcher Teil des Schwurs leitet dein Handeln? Rom, der Kaiser oder der Statthalter?“ Weil diese Frage unvermittelt auf den großen Tungerer zuschoss, forderte sie zum Bekenntnis heraus.

      „Was schert mich Rom, der tanzende Kaiser dort oder dieser Stronzo von Statthalter, den ich nicht einmal kenne, obwohl der mir vor der Nase hockt? Mein Fürst sagte: Diene Rom! Also tue ich das!“ entschied sich der Tungerer und nannte einen weiteren Einfluss.

      Gerwin griff dessen Argument sofort auf. Er spürte, dass sich dieses Gespräch auf ein Ziel zu bewegte. „Was würde dein Fürst sagen, dientest du Rom nicht mehr dort, wo du es bisher machtest?“

      Der Tungerer dachte einen Augenblick nach. „Dazu sagte er nichts…“ kam es dann zögerlich über die Lippen.

      „Sind die Männer um dich herum alles Tungerer?“

      Der Mann war noch immer in seinen Überlegungen untergetaucht. Deshalb stellte Gerwin die gleiche Frage noch einmal.

      „Was…? Wie…? Nein!“ ließ sich der Größere überrascht vernehmen. „Einige kommen aus anderen Stämmen, welche die ich nicht einmal kenne… Was bedeutet deine Frage?“ fand er wieder zu sich und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Fragenden.

      „Warum sendest du Männer zu den anderen Gruppierungen?“

      „Habe ich nicht… Außerdem sind wir doch alle nur Gefangene… Warum sollte ich Männer herumschicken?“ langsam begriff der Tungerer den Hintergrund der Frage.

      „Höre, wer immer du auch bist…“ Plötzlich unterbrach sich der Tungerer und wandte sich an den Legat.

      „Herr, ich diene Rom, weil es mein Fürst so will, ob in Rom, hier bei dir oder in Britannia… Natürlich ist es in der Nähe der Heimat am Besten… Doch es ist mir gleich! Ein Befehl zwang mich in dieses Lager und die Überlegenheit deiner Legionäre machte mich zu einem Gefangenen…“ Der Hüne zeigte keine Angst oder Zweifel, noch Unterwürfigkeit. Er war stolz auf seine Herkunft, auf seine Verdienste und strebte auch in seiner Lage nach Achtung. „An mir siehst du zwei Phalerae, was wohl davon zeugt, dass ich nicht zu denen gehöre, die zu rennen beginnen, wenn sie den Schrei des Feindes vernehmen… Doch was nutzt mir mein früheres Glück jetzt, wo ich unterlegen bin? Schick mich zurück und ich werde sicher nicht zu denen gehören, die einer Decimatio unterliegen… Wer lässt schon einen tapferen Mann, allein durch ein unglückliches Los sterben, wenn er es verhindern kann? Schickst du mich zurück, werden wir uns noch einmal begegnen müssen, denn daran glaube ich fest…“

      „Ich bin es, Tungerer, den du überzeugen musst, nicht den Legat…“ schnauzte Gerwin den Tungerer an. „Mein Legat sieht in euch allen nur Befehlsempfänger und spricht euch von der Schuld frei, ihn töten zu wollen… Tutor brachte euch hierher, ein Treverer und treuer Hund des Scribonius Rufus, eures Statthalters… Er will den Tod meines Legat, ihr seid nur das Werkzeug dafür und weil ein Anschlag allein von Straßenräubern einst fehlschlug, wählte er diesmal erfahrene und tapfere Männer…“

      Der ausgesprochene Vorwurf, die fast gleichzeitige Entschuldigung, sowie das Lob der Tapferkeit verwirrten. Unvermittelt schoss des Hermunduren nächste Frage auf den Ubier zu.

      „Hast du auch einen Fürst, hinter dem du dich verstecken kannst?“ Gerwins Grinsen wirkte. „Ach nein, woher sollte so ein Hohlkopf wie du es verstehen, sich eines Vorwandes zu bedienen? Spricht doch deine Zunge aus, was dein Kopf noch gar nicht begriffen hat…“

      Der Hieb saß. Die Zunge sprach, ohne das der Kopf diese sich widersprechenden Worte richtig verarbeitete. Es war die Beleidigung in der Herausforderung, die Unbedachtheit bewirkte.

      „Dein Legat ist ein Schlappschwanz, Junge! Wer lässt schon ein Kind sprechen und hört nur zu… Wo war dein Legat, als der Lärm des Kampfes tobte… Ich sah ihn nicht…“ höhnte der Ubier. „Mein Herr liebt den Klang klirrenden Eisens… sucht den Kampf und versteckt sich nicht!“

      Plötzlich schwenkte der Ubier zum Tungerer herum.

      „Du prahlst mit deinen Phalerae… Ich habe noch weit Anderes in meinem Besitz… Was hältst du von Ohren? Es werden wohl auch einige von feigen Tungerern darunter sein…“

      „Du… ubischer Hund…“ fauchte der Tungerer und machte Front gegen den Ubier.

      „Besser, Tungerer, du lässt die Kränkung über dich hinweg gleiten, denn sonst müsste ich dich mit dem Gladius…“ Viator schwieg, die Spitze seiner Waffe saß am Hals des Tungerer.

      „Sieh es einmal so…“ setzte Viator dann, als er sah, dass der Große begriff, fort: „Ich steche dich ab oder lasse zu, dass du dem verlogenen Ubier deine Faust in die Schnauze schmetterst… In jedem Fall gibt es Verwirrung, die der Kerl nutzen möchte… sicherlich jetzt auch muss, weil ihn seine zu schnelle Zunge in eine brenzlige Lage brachte… Was glaubst du, wäre schneller, mein Gladius oder deine Faust…“ Viator grinste den Tungerer an. „Na, du scheinst es zu begreifen… Du wärst verblutet und der Kerl hätte diesen Vorteil genutzt. Na gut, weit wäre er nicht gekommen… Mein junger Freund hätte ihn sich geholt, aber du wärst hinüber…“ Viator zuckte bedauernd mit der Schulter, trat erneut hinter den Tungerer und schwieg.

      Gerwin stand noch immer vor dem Ubier und grinste diesen an. „Du liebst deinen Herrn? Du kennst ihn doch gar nicht… Du Großmaul…“ lockte er den Kerl weiter heraus. Und plötzlich blitzte in ihm eine Erinnerung auf. Wald, Berg, Dickicht, Kratzer. Er hatte den Ubier schon einmal gesehen, was ihn nicht hinderte, den Pflock tiefer ins Fleisch zu wuchten. „Was aus dir spricht, ist die Dummheit und Überheblichkeit eines Ubier, wie ich sie schon kenne…“ Gerwins Grinsen schien in sein Antlitz gemeißelt.

      „Du Wurm… Dich zertrete ich, wenn ich dir ein zweites Mal begegne!“ Die ganze Aufschneiderei, die den Ubier bisher kennzeichnete, seine Widerborstigkeit, sein Toben und Zetern wich von dem Gefangenen. Kein Schimpfen, kein Prahlen, kein Aufschneiden mehr… Der Ubier war aus seiner bisherigen Rolle geschlüpft. Ruhig, gelassen und aufmerksam verfolgte der Mann jede Bewegung. Jetzt war er bereit, jedem Angriff zu entsprechen.

      „Hast aber lange gebraucht, deine Maske fallen zu lassen… Übrigens lügst du schon wieder… Dies ist bereits unsere zweite Begegnung… Fast hätte ich dich nicht erkannt unter dem Dreck und Blut…“

      Gerwin schwieg, dachte kurz nach und setzte dann fort: „… was ich jedoch noch nicht so recht durchschaue ist, ob ihr Beiden, du und der Tungerer, nicht ein abgesprochenes Spiel mit uns treibt? Du forderst heraus, du lockst und er schlägt zu… Nicht nur hier

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