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geschleudert. Ramirez beförderte einen Stuhl hinterher, den Carringo nur noch mit dem Ellenbogen abwehren konnte. Schmerzen rasten durch seinen Körper wie Nadelstiche.

      „Jetzt gib ihm Saures, Mario!“, brüllte einer der beiden Mexikaner. „Brich ihm alle Knochen, diesem verdammten Gringo!“

      Sie standen gleichzeitig wieder. Ramirez war so wütend, dass es schien, als zuckten Blitze aus seinen Augen. Und auf einmal griff er hinter sich und brachte die Hand mit einem Kampfmesser zwischen den Fingern wieder zum Vorschein.

      Carringo lief es eiskalt über den Rücken. Er trat zurück. Den Gedanken, den noch in dem Holster steckenden Colt zu ziehen, erwog er jedoch nicht.

      Ramirez lachte. Die Klinge fuhr blitzend durch die Luft.

      „Jetzt wirst du geschlachtet, Gringo!“, rief das Mädchen lachend. „Teufel, Teufel, beinahe hätte ich die schönste Stunde des Jahres verschlafen.“

      Ramirez grinste und sprang.

      Carringo war eiskalt. Zu lange hatte es zwischen der Schrecksekunde und dem Angriff gedauert, als dass seine Überraschung hätte anhalten können. Und er zahlte Ramirez die Hinterlist heim, bevor der sein Messer einsetzen konnte.

      Ebenso wie der Hüne den Stuhl emporgehoben und mit ihm zugedroschen hatte, so packte Carringo einen Stuhl halb hinter sich, wirbelte ihn über den Kopf und schmetterte ihn dem heimtückischen Messerhelden auf den Schädel. Bevor das Messer Carringo erreichte, krachte der schwer getroffene Ramirez zu Boden, dass es nur so dröhnte. Das Messer glitt aus seiner Hand.

      Carringo trat gegen die heimtückische Waffe. Sie rutschte unter Tischen und Stühlen weg.

      Das Mädchen klatschte die Hände zusammen. „Bravo, Gringo, bravo! Dem hast du’s aber gezeigt!“

      Ramirez rollte stöhnend auf dem Rücken. Da kein Blut an seinem Kopf zu sehen war, konnte er keine ernsthafte Verletzung davongetragen haben. Nur die Wucht des Schlages hatte ihm fast die Besinnung geraubt.

      „Das mit dem Messer hättest du nicht tun dürfen“, sagte Carringo verächtlich. „Alles, aber nicht solche Hinterlist, du Scheißkerl!“

      Den beiden Mexikanern an der Wand war das Grinsen vergangen.

      Carringo ging zum Tresen, nahm die Tequila-Flasche, schenkte sich ein Glas voll und trank es aus.

      Der Wirt lehnte noch kreidebleich an der Wand und vergaß, dass sein Mund offen stand.

      Carringo warf das Glas ins Wasserbecken. Eine kleine Fontäne spritzte in die Höhe.

      „Bravo, Gringo!“, rief das Mädchen.

      „Kann man der nicht sagen, dass sie die Klappe halten soll?“ Carringo schaute den Wirt an.

      Georgio klappte den Mund, lief um den Tresen herum und zur Treppe im Hintergrund. „Verschwinde, du dummes Luder. Los, tummel dich! Na, hast du Zitronen auf den Ohren?“

      „Idiot“, sagte das Mädchen pikiert, ging in sein Zimmer und donnerte die Tür zu.

      Carringo trat zu Chaco, der den Colt sinken ließ.

      „Schafft ihn hinaus und haut ab, ihr Bastarde“, sagte Carringo bissig.

      Die beiden drückten sich wie geprügelte Hunde an den Freunden vorbei und gingen zu Ramirez, der unfähig war, sich zu erheben. Sie nahmen ihn an den Handgelenken und Füßen und trugen ihn aus der Cantina.

      „Ramirez, heute siehst du schön verwichst aus!“, rief das Mädchen lachend aus dem Fenster.

      „Die kann es doch nicht lassen!“ Der Wirt fluchte leise vor sich hin, trat hinter den Schanktisch und stellte drei Gläser darauf.

      Carringo ging zur Tür und schob sie auf.

      Die beiden Kerle hatten Ramirez in den Sattel gesetzt. Der Hüne sank auf den Hals des Tieres.

      „Sie hätten etwas für den Schaden verlangen sollen“, sagte Chaco an der Theke. „Schließlich wollten die Kerle doch Streit mit Ihnen.“

      „Ich bin froh, dass das vorbei ist.“ Der Wirt seufzte.

      Die Kerle ritten die Straße nach Westen hinunter und den Bergen in der Ferne entgegen.

      Carringo stand noch draußen und beobachtete die drei Reiter auf der sonnendurchglühten Piste.

      Das Gelächter des Mädchens schallte hohnvoll hinter den Mexikanern her.

      „Die ist nicht ganz richtig im Köpfchen, was?“, fragte Chaco am Tresen.

      „Ja, Señor.“

      Carringo ging hinein.

      Die Hand des Keepers zitterte noch nachträglich, als er Tequila einschenkte und den Freunden die Gläser über den Tresen schob. „Der geht auf meine Rechnung.“

      Sie griffen zu, stießen mit dem Mann an und tranken.

      „Ich weiß gar nicht, was ich ohne Ihre Hilfe hätte tun sollen“, sagte der Wirt. „Ich kenne die Kerle doch. Die hauen alles kurz und klein, wenn bei denen die Gäule durchgehen.“

      „Ist ja vorbei“, erwiderte Chaco freundlich lächelnd.

      Georgio schenkte noch einmal ein. „Dabei hatte ich geahnt, dass diese Kerle aufkreuzen. Jiminez Spinola war nämlich da. Der hat Leute gesucht. Er besitzt einen kleinen Rancho in der Nähe und züchtet Pferde. Und man hat ihm Silva erschossen. Das war sein Peon.“

      Sie tranken mit dem Wirt und schauten ihn gespannt an.

      „Reden Sie weiter“, sagte Carringo. „Allmählich fängt das an, uns zu interessieren, schätze ich.“

      „Ja?“

      „Wirklich.“

      „Sie sollten sich vielleicht besser aus dem Staube machen. Einen Angestellten von Don Carlos verprügelt man nicht ungestraft.“

      „Wer ist Don Carlos?“, fragte Carringo. Sie hatten nun so oft diesen Namen gehört, dass er es endlich genauer wissen wollte.

      „Don Carlos Falange besitzt eine große Hazienda. Und es stehen viele Leute auf seiner Lohnliste.“

      „Aha.“

      „Und dann verfielen dieser Jiminez Spinola und sein Bruder Adolpho eines schönen Tages auf den verrückten Einfall, ebenfalls Pferde züchten zu wollen. Sie müssen wissen, dass Don Carlos weit und breit die einzige Pferdezucht besitzt, die es hier jemals gab.“

      „Konkurrenz ist gut für die Qualität der Ware.“ Chaco hob sein Glas. „Trinken wir erst mal, bevor das Zeug zu warm wird. Es schmeckt ja dann nicht mehr besonders.“

      „Auf Ihr Wohl, Señores. Und nochmals herzlichen Dank!“ Georgio stieß mit den Freunden an. Sie tranken die Gläser leer und stellten sie ab. Als der Wirt erneut zur Flasche griff, winkte Carringo ab.

      „Wir werden ja betrunken, Señor. Und das bei dieser Hitze. Nein, es ist wirklich genug.“

      „Wollen Sie vielleicht lieber noch etwas vom Whisky trinken?“, fragte Georgio geschäftig.

      „Nein.“

      „Es ist sehr guter Whisky. Aus Kentucky.“

      „Ja, wir haben es gesehen. Aber bitte nicht. Erzählen Sie weiter!“

      „Eigentlich habe ich doch schon alles gesagt. Die Spinola-Brüder wollten auch Pferde züchten. Don Carlos sah in dem kleinen Rancho freilich zuerst keine Konkurrenz. Dafür waren die Spinolas nicht groß genug. Mit den zwei Peons, die sie beschäftigten, stellten sie auch sonst keine Macht dar. Aber dann gelang es ihnen, prächtige Pferde zu züchten. Man wurde auf sie aufmerksam. Sie erhielten Aufträge und schnappten Don Carlos auch einmal etwas bei der Armee weg. Das lag wohl vor allem daran, dass sie mit Eifer und Liebe bei der Zucht waren, während Don Carlos das als reines Geschäft

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