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Spinola war so wütend, dass er sein Pferd immer wieder zum Galopp an trieb.

      Er wollte der Hinterlist, vielleicht auch dem Morden und der Geheimniskrämerei ein Ende bereiten, zu Carlos Falange reiten und ihm zeigen, dass er keine Angst hatte.

      Jiminez schlug auf das Pferd ein. „Nun beweg dich doch endlich etwas schneller!“

      Das Pferd trug Jiminez über die Hügel. Er folgte dabei dem Wagenweg zur Hazienda seines großen Widersachers, dessen Schatten ausreichend war, noch die Stadt zu bedecken. Alle hatten sie Angst vor ihm, und wahrscheinlich musste er nicht einmal selbst auftauchen, um seinen Willen Gesetz sein zu lassen. Es genügte, wenn er seinen Hünen Mario Ramirez schickte.

      „Aber nicht mit mir“, sagte Jiminez Spinola von Hass und Wut erfüllt und trieb sein Tier wieder an.

      14

      Carringo und Chaco hatten im Buschwerk am Rio Verde mitten in der Nacht ihr Lager aufgeschlagen, bis nach Sonnenaufgang geschlafen und sich etwas erholt. Nur der Hunger war ärger geworden. So waren sie froh, als sie die weißen Häuser von Rio Verde kurz vor Mittag vor sich auftauchen sahen.

      Langsam ritten die Freunde dem kleinen Nest vor den Bergen entgegen.

      „Vielleicht war Marido hier, und wir können etwas erfahren“, sagte Carringo.

      Sie ritten an den ersten Hütten vorbei und sahen Männer im Schatten unter den Vordächern, so wie Jiminez Spinola sie gesehen hatte. Niemand sagte etwas.

      Aus dem Mietstall eilte ein untersetzter grauhaariger Mexikaner, der den Freunden den Weg verstellte und nach den Kopfgeschirren beider Pferde griff.

      „Zum Mietstall?“

      „Pflege und gutes Futter könnten sie schon mal vertragen.“ Carringo saß ab und gab dem Mann einen Peso.

      Auch Chaco war abgestiegen. Während der Mexikaner die Pferde in den schattigen Stall führte, gingen die Freunde zur Cantina hinüber und betraten sie.

      Der kugelrunde Wirt saß schlafend hinter dem Tresen auf einem Schemel. Sein Rücken lehnte an der Wand. Sein Kopf war mit dem Kinn auf die Brust gesunken und fiel ruckweise hin und her. Das Barmädchen schlief im Obergeschoss in seinem Zimmer.

      Die Freunde traten an die Theke. Carringo räusperte sich laut. Der runde Keeper fuhr mit einem erschrockenen Schrei in die Höhe und starrte die Fremden wie die leibhaftigen Teufel an.

      „Entschuldigen Sie die Störung“, sagte Carringo auf spanisch. „Wir treffen sicher zu einer äußerst ungelegenen Zeit bei Ihnen ein. Aber es ergab sich zufällig so.“

      Der Wirt hatte sich gefasst.

      „Wir wollen vor allem etwas essen“, erklärte Carringo und legte gleich ein paar Pesos auf den Tresen.

      „Was ... was soll’s denn sein?“

      „Was Sie am schnellsten zubereiten können“, sagte Chaco.

      „Und zu trinken?“

      „Whisky und Sodawasser.“ Carringo schob noch einen Peso nach, um die Lust des Mannes zu steigern.

      Der Keeper gab ihm dafür zwei Gläser, eine halbvolle Whiskyflasche und das Sodawasser. „Es dauert nicht lange. Suchen Sie sich irgendwo einen Platz.“

      Die Freunde gingen mit den beiden Flaschen und den Gläsern durch den Saloon und setzten sich im Halbdunkel an den letzten Tisch in einer Ecke, so dass sie beide die Wand im Rücken hatten.

      Mit schlurfenden Schritten entfernte sich der Wirt in die Küche. Sie hörten, wie er im Feuer stocherte und Eisen über Eisen kratzte.

      Carringo schenkte Whisky ein, und Chaco füllte die Gläser mit dem Sodawasser voll. Sie tranken und spürten das angenehme Prickeln in der Kehle und die Kühle, die den Staub fortspülte.

      Der Keeper tauchte auf und sagte: „Wenn Sie mit Bratkartoffeln und Spiegeleiern zufrieden sind, dauert es nur zehn Minuten.“

      „Ja, gut“, sagte Carringo.

      Tatsächlich dauerte es länger als eine Viertelstunde, bis die Freunde die Bratkartoffeln mit Spiegelei und gebratenem Speck endlich erhielten. Dafür waren es dann solche Mengen, dass sie für ihren Hunger ausreichen mussten.

      Sie aßen, tranken Whisky Soda und sahen dem Wirt zu, der auf dem Tresen nervös Gläser hin und her rückte.

      „Mit dem stimmt etwas nicht“, sagte Chaco so leise, dass nur Carringo ihn verstand.

      „Er hat Angst.“

      „Eben. Aber wovor?“

      „Woher soll ich das wissen? Sei still und iss! Du kriegst sonst einen Haufen Luft in den Magen!“

      Nach einer Weile trat der Keeper wieder an den Tisch. Er lächelte unsicher. „Schmeckt es?“

      „Ausgezeichnet“, erwiderte Carringo und schob sich die letzten Bissen in den Mund.

      Chaco legte das Besteck auf seinen leeren Teller und schob ihn dem Keeper zu. Der Mann wartete, bis auch Carringo Messer und Gabel aus den Händen legte, dann ging er mit beiden Tellern in die Küche.

      Draußen war Hufschlag zu hören.

      In der Küche fiel Geschirr auf den Boden und zerschellte.

      „Ich habe es geahnt!“, rief der Keeper mit schriller Stimme. Er tauchte mit wachsbleichem Gesicht in der Tür auf.

      „Was haben Sie geahnt?“, fragte Chaco.

      Ohne zu antworten, drehte Georgio sich um und rannte in die Küche zurück.

      Reiter tauchten vor einem Fenster auf. Es waren drei. Sie hielten vor der Cantina an und sprangen aus den Sätteln.

      „Der Hüne“, flüsterte Chaco.

      Der bleiche Keeper erschien wieder, trat hinter den Tresen und blickte auf die Basttür.

      Sie flog auf, und der Hüne betrat mit dem schweren Gewehr lässig in der linken Hand den langen Schankraum. Ein schneller Blick in der Runde, dann wandte er sich dem Keeper zu. Die Freunde im Hintergrund schien er im Halbdunkel nicht bemerkt zu haben.

      „Señor Ramirez“, murmelte der Keeper mit zuckenden Lippen. „Was verschafft mir die Ehre?“

      Ramirez legte das Gewehr auf den Tresen.

      Die Tür flog abermals auf. Die zwei mexikanischen Gehilfen des Hünen traten ein. Sie trugen gekreuzte Patronengurte über den Ponchos und in jedem davon in einem schwarzen Holster einen Colt 45. Die Schlaufen darüber waren mit Patronen gespickt.

      „Spinola war hier?“, fragte Ramirez, der Hüne, in einem Ton, der wie eine Feststellung klang.

      „Ich habe es geahnt, dass es Ärger gibt“, stieß der Keeper hervor.

      „Antworte!“, herrschte Ramirez ihn an.

      „Ja, er war hier, Señor.“

      „Und du hast dich mit ihm unterhalten?“

      „Was sollte ich tun, Señor Ramirez? Er war mein Gast. Ich muss den Gästen antworten, wenn sie etwas fragen.“ Der Keeper schluckte und erweckte ganz den Eindruck, als hätte er sich liebend gern Unter dem Tresen verdrückt.

      „Was wollte er?“, fauchte Ramirez den zitternden Wirt an.

      „Er wollte ... er wollte ... er sucht Ersatz für den Peon, den er nicht mehr hat.“

      „Und?“

      „Niemand war bereit, für ihn zu reiten, Señor.“

      „Sehr gut“, lobte der Hüne mit einem teuflischen Grinsen und wurde wieder ernst. „Aber es passt mir nicht, dass mit diesem Gelichter überhaupt geredet wird. Hast du verstanden, Georgio? Es passt mir nicht!“

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