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      Carringo mühte sich, auf die Beine zu gelangen und taumelte in der angegebenen Richtung durch die indessen herabgesunkene Dunkelheit. Er fand das winzige Rinnsal, das wahrscheinlich aus dem hochgelegenen Bergtal mit den schwarzen Mustangs herunterfloss. Er watete ins Wasser, bückte sich unter Qualen und wusch sich. Er trank auch aus den zusammengelegten Händen.

      Chaco tauchte neben ihm auf und hielt die Flasche ins Wasser. Leise gluckernd stiegen Luftblasen hoch.

      Carringo verließ den Creek und ging zu ihren Pferden und den herumliegenden Ausrüstungsgegenständen und Waffen zurück. Die mexikanischen Halunken hatten offenbar nichts mitgehen lassen.

      Chaco folgte ihm. „Bleiben wir?“

      „Wenn ich das wüsste.“

      „Wenn wir Pech haben, sehen die noch mal nach, ob wir abgehauen sind.“

      „Könnte sein.“

      „Und sie sind zu viele für uns.“

      „Ich weiß.“ Carringo setzte sich auf den Sattel. „Lass uns wenigstens noch ein paar Minuten verschnaufen.“

      „Gut.“ Chaco setzte sich ebenfalls und gab dem Freund die Flasche.

      Carringo trank einen Schluck und gab sie zurück. „Langsam fängt dieser Don Carlos Falange an, mich zu interessieren. Der scheint die Puppen ganz schön tanzen zu lassen. Und dieser Pferdeschinder mit dem schweren Gewehr. Mit so einer Büchse kann einer mit ruhigen Händen auf eine Meile gezielte Schüsse abfeuern.“

      „Auf eine Meile und noch mehr.“ Chaco schob Carringo dessen Waffen zu. „Da, alles noch geladen.“

      Nachdem Carringo den Colt ins Holster geschoben hatte, richtete er sich an seinem Gewehr auf, rollte die Decke zusammen, hob den Sattel auf und trug ihn zu seinem Pferd.

      Auch Chaco sattelte sein Tier und schnallte wie Carringo die Campdecke fest. Sie steckten die Gewehre in die Scabbards, banden die Pferde los und saßen auf. Chaco schaute sich im Dunkeln noch einmal um, damit nichts von ihrem Eigentum vergessen wurde. Carringo ritt bereits durch die Mulde nach Osten.

      Er dachte wieder an den Hünen, der ein Pferdeschinder war, aber er sagte nichts mehr von ihm. Auch Chaco schwieg und bemühte sich, die schurkischen Mexikaner zu vergessen. Trotz ihres Pechs konnten sie noch von Glück reden, mit dem Leben davongekommen zu sein. Und das, so dachte sich Chaco, war immerhin eine ganze Menge.

      12

      Der Tag war heiß. Wieder war keine noch so winzige Wolke am Himmel zu erkennen, die eine Abkühlung und ein wenig Regen dem ausgedörrten Land hätte bringen können.

      Jiminez Spinola ritt dem Rio Verde folgend auf das kleine, gleichnamige Nest zu, das unter der Sonnenglut in einem Flimmern der Luftspiegelung lag. Es war eine weiße Häuserzeile, die aus der Ferne wie ein heller Klecks im Braun des Sandes und im faden Grün der Kakteen aussah.

      In Rio Verde standen ein paar Männer und Frauen unter den Vordächern vor ihren Häusern im Schatten. Jiminez Spinola vermochte keinen zu erkennen, weil der Gegensatz zwischen dem grellen Licht und dem Schatten zu drastisch war. Er ritt bis zur Cantina, stieg dort ab und schaute sich um. Da jedoch kein Stallmann sich näherte, führte er das Tier neben die Cantina, wo er etwas Schatten von der Hauswand fand, lockerte ihm den Sattelgurt und ließ es aus einem noch gefüllten Holzfass saufen.

      Jiminez Spinola betrat die knarrenden Verandabretter, die sich unter seinen staubigen Stiefeln bogen, ging zur Basttür und in die Cantina.

      Im Hintergrund auf der Treppe saß eine glutäugige Mexikanerin im dünnen Flitterkleid, die gelangweilt gähnte und den Fächer in der linken Hand mehrmals bewegte.

      Schlurfenden Schrittes trat der mexikanische Keeper aus der Küche. Er trocknete seine Hände an der Schürze ab und sagte: „Ach, Sie sind das, Spinola.“

      „Hatten Sie einen anderen erwartet?“ Spinola ging zum Tresen. „Tequila, Señor Georgio.“

      Der ungefähr fünfzig Jahre alte Keeper, ein fetter Kerl, so rund wie eine Tonne, watschelte hinter den langen Tresen.

      „Für mich auch?“ Das Mädchen stand von der Treppe auf und näherte sich mit wiegenden Hüften und wach gewordenen, lächelnden Mandelaugen.

      „Warum nicht? Überhaupt für alle Leute, die ein bisschen Zeit haben, Georgio.“

      „Für alle, die Zeit haben?“, fragte der Wirt.

      Der Mann zuckte mit den Schultern und wollte sich abwenden.

      „He, Georgio, nicht so eilig!“, rief die Barschöne. „Erst einen Whisky für mich!“

      „Whisky?“, fragte Spinola. „Wer hat denn etwas von Whisky gesagt?“

      „Ich“, erwiderte das Mädchen schroff. Die Glutaugen funkelten ihn an. „Oder bist du für einen Whisky zu geizig? Dann ...“

      „Nein, nein“, sagte Spinola hastig.

      Georgio langte eine Flasche unter dem Tresen hervor. Sie war dickbauchig, englisch beschriftet und von giftgrüner Farbe. Er schenkte dem Mädchen einen Schluck in ein Glas. Aber die Barschöne entriss ihm die Flasche und schenkte das Glas richtig voll.

      „Hat er gesagt, du solltest so geizig sein, Georgio?“, fauchte sie den Keeper an. Hart stellte sie die Flasche ab.

      Georgios Miene drückte Ergebenheit aus. Entschuldigend blickte er Jiminez Spinola an, ging zum Fenster und beugte sich hinaus. „He, Männer! Jiminez Spinola gibt Whisky aus! Guten Whisky aus Kentucky, der euch von den Beinen wirft, wenn ihr nicht höllisch auf passt mit diesem Teufelsgesöff!“

      „Also dann auf dein Wohl!“ Das Mädchen stieß mit Spinola an. „Und auf dass deine Kinder lange Hälse kriegen!“ Sie trank einen Schluck, drehte sich mit dem großen Glas in der Hand um, ging zur Treppe im Halbdunkel zurück und setzte sich dort nieder.

      Spinola hatte keine Zeit, seine Gedanken an sie zu verschwenden. Es ging um die Lebensfähigkeit seines Ranchos und darum, ob alle Arbeit mit den Pferden einen Sinn gehabt hatte.

      Es dauerte auch nicht lange, dann tauchten die Männer des kleinen Nestes einer nach dem anderen auf.

      „Lasst euch ordentlich was einschenken, Männer“, sagte das Mädchen. „Das Zeug ist gut. Und unheimlich billig heute!“ Es erhob sich und stieg mit dem noch halbvollen Glas die Treppen weiter hinauf.

      Vom oberen Absatz schaute das mexikanische Barmädchen zurück und sagte: „Sollte einer von euch noch zwei Pesos übrig haben, ich bin in meiner Bude. Einmalig günstige Gelegenheit heute. Eure Weiber können nicht sehen, wo ihr seid!“

      Die Mexikaner versammelten sich um Jiminez Spinola.

      Der Keeper rückte eine Batterie Gläser zurecht und begann aus der giftgrünen Flasche einzuschenken.

      Ein Mann zupfte Spinola am Ärmel. „Um was geht es denn?“

      „Warte die Zeit ab, du wirst es gleich hören.“

      „Aber ich würde doch gern mal ...“ Der Mann blickte in das Dunkel im Hintergrund.

      „Warte die Zeit ab oder lauf zu ihr.“ Der Keeper schenkte immer noch ein.

      Unentschlossen und leise vor sich hin fluchend blickte der Mexikaner neben Spinola ins Dunkel, bis er sich einen Ruck gab, zur Treppe ging und sie hinaufstolperte.

      Ein paar lachten.

      „Still, ihr Narren!“, rief der Mann unterdrückt. „Meine Alte darf nichts merken!“

      „So, da ist der Whisky“, sagte der dicke Keeper und schob mit seinen Wurstfingern die Gläser auseinander.

      „He, lass mich rein, Goldschatz“, sagte der Mann oben auf der Galerie, wo er im Halbdunkel nicht zu sehen war.

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