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er die Wäsche aufhängte, diese Augen, diese Stimme, dieser Körper. Schon jetzt konnte er es kaum erwarten, Lucas am nächsten Tag wiederzusehen. Plötzlich registrierte Bastian zwei Jungs, die auf dem Gehweg liefen. Es waren Dennis und Thomas, zwei Jugendliche, die in ihren tiefsitzenden Hosen einen auf ganz cool machten. Dabei wirkten sie auf Bastian eher wie schleimig-schlampende Typen, die sich viel zu viel Gel ins Haar schmierten und denen es offensichtlich egal war, wenn sie mal ein Loch im Shirt hatten.

      Bastian wich ein Stückchen zurück, damit die Brüder ihn nicht sehen konnten. Er hasste die Geschwister, denn sie beleidigten ihn jedes Mal, wenn sich ihre Wege kreuzten. Einst war Dennis ein Freund gewesen, mit dem er hin und wieder herumgealbert hatte. Früher hatte Bastian ihn sogar ganz knuffig gefunden, während er Thomas noch nie hatte ausstehen können. Nachdem Bastian ungewollt geoutet worden war, hatte sich ihr Verhältnis leider abrupt verändert. Der ein Jahr jüngere Bursche fand nämlich, dass Schwule ekelerregend waren. Allerdings war er erst dieser Meinung, nachdem sein Bruder ihm seine Einstellung aufgezwungen hatte. Wie Dennis wirklich dachte oder gar fühlte, wusste Bastian nicht, aber es war ihm auch egal geworden, da sein Interesse an dieser Person längst verflogen war. Mit dessen Vater hingegen verstand Bastian sich weiterhin blendend. Damals hatte er sich immer gewünscht, dass Karin sich in den anmutigen Dad der beiden Brüder verlieben würde. So hätte Bastian nicht nur einen liebevollen Vater gehabt, der sich für ihn einsetzen würde, sondern auch gleich zwei Geschwister – auch wenn ihm einer schon gereicht hätte. Aber daraus wurde leider nie etwas. Karin hatte vielmehr ein Händchen dafür, sich die falschen Kerle zu angeln.

      Gedankenverloren saß Bastian auf seinem Schreibtischstuhl. Vor ihm lag ein leeres Blatt Papier, in seiner Hand hielt er einen Bleistift. Das Zeichnen hatte der Hauptschüler schon immer geliebt und er entschied sich dazu, seinen Schwarm zu malen. Die ersten Versuche schlugen zwar fehl, da er kein Bild von Lucas besaß, aber aufzugeben kam für ihn nicht infrage. Und ehe er es sich versah, war es auch schon kurz nach achtzehn Uhr. Er vernahm das Geräusch der sich öffnenden Wohnungstür. Sofort legte er ein Schulbuch über das Portrait, das noch nicht fertig war, und erhob sich.

      „Bastian?“ Karin war dabei, sich die Schuhe im Flur auszuziehen.

      „Bin schon da“, meinte er, nachdem er die Zimmertür geöffnet hatte. „Was gibt´s?“ Seine Mom stand mit dem Rücken zu ihm und hängte die Handtasche an die Garderobe auf.

      „Du musst“, waren ihre Worte, während sie, ohne ihn überhaupt zu begrüßen, ins Wohnzimmer ging.

      Bastian stand auf der Treppe vor dem Hauseingang und streckte sich in die Höhe. Das viele Malen hatten seine Augen ganz müde gemacht. Gemächlich ging er die wenigen Stufen vor sich hinab, als ihm plötzlich die beiden Brüder, die um die Ecke angesaust kamen, einen Schrecken einjagten. Für einen Moment blieb Bastian auf der Stelle stehen, ehe er weiter ging. Auf eine belanglose Unterhaltung mit den beiden Schwachköpfen, die ihn ohnehin nur beleidigt hätten, konnte er ohne weiteres verzichten.

      „Hey, Dekker!“, rief Dennis ihm nach, während Thomas kicherte.

      Bastian brummelte leise, reagierte aber nicht darauf.

      „Heute schon von hinten gedeckt?“, fragte Dennis spöttisch. Augenblicklich lachten die beiden Brüder aus vollem Hals.

      „Du mich auch“, murmelte Bastian. Er hasste es, dass die Sonderschüler ständig die gleichen Sprüche von sich gaben. Bescheuerte Witze über seinen Nachnamen hatte er schon zur Genüge gehört und es verwunderte ihn, dass Menschen dauernd über den gleichen Mist lachen konnten.

      „Oh, Dekker!“, machte Dennis sich weiter über ihn lustig. „Du deckst so gut von hinten!“ Er stöhnte laut und betatschte übertrieben seinen Körper.

      „Scheiß Schwuchtel!“, brüllte Thomas voller Verachtung.

      Prustend überquerte Bastian die Spielstraße. Die Beleidigungen, die ihm weiterhin hinterhergerufen wurden, versuchte er zu überhören. An Lucas zu denken, war ohnehin viel interessanter.

      3.3

      Kai hockte auf seiner kleinen Schlafcouch, die ihre besten Tage längst hinter sich hatte und rauchte einen Joint. Die verqualmten Vorhänge des unaufgeräumten Zimmers waren zugezogen, das Fenster geschlossen. An den Wänden hingen schiefe und eingerissene Poster von irgendwelchen Rockstars. Durch die kleinen, dafür lautstarken Musikboxen dröhnte das Album Ray Of Light von Madonna.

      Kais Blase drückte ungemein, ins Bad wollte er aber ganz und gar nicht. Zum einen, weil er keine Lust hatte, seine Beine zu bewegen, zum anderen, weil er nicht am Wohnzimmer vorbeilaufen wollte, wo sich sein betrunkener Stiefvater irgendein Sportspiel im Fernsehen ansah. Da Kai sich aber nicht einpinkeln wollte, griff er zu der leeren Plastikflasche, die neben zwei bereits vollen an der Heizung stand. Er drehte den Verschluss auf, wühlte in der Boxershorts nach seinem kleinen, unbeschnittenen Penis und führte ihn zur Öffnung der Flasche. Und dann schiffte er drauflos. Seine Blase war dermaßen voll, dass er die halbe Flasche mit seinem Urin füllte. Die letzten Tropfen fielen. Kai schüttelte seinen besten Freund ab, dabei tröpfelte ein wenig daneben, und steckte ihn zurück in die Buxe. Gerade als er die Flasche zuschrauben wollte, hörte er John brüllen. Vor Schreck verschüttete Kai einiges seiner Pisse auf dem grauen Teppichfußboden. „Verfickte Scheiße!“ Seine Hand war nass geworden. Abermals hörte er seinen Stiefvater nach ihm rufen. „Moment!“ Hastig stellte Kai die Flasche zu den anderen beiden, griff nach einem dreckigen Shirt und versuchte damit die Flüssigkeit vom Boden einzusaugen. Er schrubbte, sah, wie das graue Shirt dunkle Flecken bekam.

      „Beweg deinen Hintern zu mir!“

      Kai ballte eine Faust und schloss für einen Moment die Augen. Er ahnte schon, was ihm gleich bevorstand, und der Gedanke daran machte ihn wütend. Allein die Vorstellung daran, was er schon alles für John in der Vergangenheit hatte machen müssen, ekelte ihn in hohem Maße an.

      „Kai, mein Jung!“

      Tief atmete Kai durch, ehe er sein Reich verließ. Jeder einzelne Schritt fiel ihm schwer. Die ganze Wohnung war verraucht und düster.

      Kai betrat das Wohnzimmer.

      Angespannt blickte er zu John, der in einer schlabberigen Boxershorts bekleidet auf der Couch saß. Das eine Bein hatte er zu sich gezogen, das andere auf den mit Alkoholflaschen überfüllten Tisch gelegt. In der Hand hielt er eine Bierdose. In der völlig verqualmten Bude roch es stark nach Fürzen und Gerüchen, die Kai zwar mehr oder weniger gewohnt war, aber nie richtig einordnen konnte. Dass seine Mutter, die meist mit ihren Freundinnen auf irgendwelchen Partys war, solch ein Ekel zum Mann nehmen konnte, hatte er nie verstehen können.

      „Was ist?“, fragte Kai kaum hörbar.

      John registrierte den Burschen am Türrahmen und sah angesäuselt zu ihm. Prompt umspielte ein Lächeln seine Lippen. „Kai, mein Jung! Da bist du ja.“ Mit den Fingerspitzen begann er über seine behaarte Brust zu streicheln und Kai lüstern anzusehen. Das angewinkelte Bein neigte er mehr und mehr zur Seite, damit sein Sohnemann begreifen konnte, wie erregt er gerade war.

      Kai erkannte, dass Johns bestes Stück eindeutig wie eine Eins unter dem Stoff stand. Ferner erblickte er einen Hoden, der aus der Boxershorts hing.

      Beharrlich sah John wollüstig zu ihm und berührte sich fortwährend intensiver. Er massierte sich im Schritt, knetete die Latte und stöhnte leise auf. „Komm her, mein Jung“, wünschte er und fuhr begierig mit der Zunge über die Oberlippe. „Daddy möchte ein wenig Liebe machen.“

      Es waren Worte, die Kai nicht zum ersten Mal hörte. Dennoch widerten sie ihn zutiefst an. Er hasste es, für John den Lustknaben spielen zu müssen. Schon immer hatte er aushelfen müssen, sobald seine Mutter nicht anwesend war. Manchmal schlich John sich sogar zu ihm, während die Mama tief und fest im Schlafzimmer schlief. Als Kai seiner Mutter vor einigen Jahren erzählt hatte, dass John sich an ihm vergehen und ihn zu Dingen zwingen würde, die abartig waren, hatte sie nur mit den Schultern gezuckt. Sie war der Ansicht, dass er sich nicht so anstellen solle. Schließlich bliebe es doch in der Familie.

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