Скачать книгу

war Mathias Graf von Hilgenberg.

      Mit dem hätte sie nun überhaupt nicht gerechnet, und deswegen blickte sie ihn auch ein wenig entgeistert an.

      »Bitte entschuldigen Sie die Störung, Frau Dr. Steinfeld«, sagte er artig. »Darf ich für einen Moment eintreten?«

      Natürlich durfte er das.

      In ihrem Kopf begann es zu rattern.

      Weswegen war er hier?

      Roberta bot ihm Platz an, trinken wollte er nichts, und dann kam er auch sofort auf den Grund seines Besuches zu sprechen.

      »Frau Dr. Steinfeld, ich würde mich gern mit Ihrer Freundin, mit Nicki, unterhalten. Sie war so plötzlich weg, und ich konnte ihr leider nicht direkt folgen. Schließlich hatte ich meine Verpflichtungen als Gastgeber.«

      Roberta erzählte ihm, dass Nicki fluchtartig abgereist war, und sie konnte sich nicht verkneifen zu sagen: »Es war ein wenig verwirrend für Nicki, Sie plötzlich als den Grafen Hilgenberg zu sehen. Sie hat Sie unter anderen Umständen kennengelernt.«

      Er nickte.

      »Und es war eine wunderschöne Begegnung, die mir unvergesslich geblieben ist. Ich hätte mich bei Nicki gemeldet und hätte alles aufgeklärt, wenn ich erst einmal mein Leben geordnet hätte. Im Chaos fängt man nichts Neues an.«

      Es hörte sich alles gut an, und Roberta glaubte dem Grafen auch. Doch es gab da noch einige Ungereimtheiten, und über eine wollte sie sprechen.

      »Herr von Hilgenberg, es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Sie sich nicht als Graf Hilgenberg geoutet haben. Aber die Sache mit der Currywurst.«

      Er blickte sie erstaunt an.

      »Mit der Currywurst?«

      Roberta gab wieder, was Nicki ihr erzählt hatte, dass sie und Mathias an einer Frittenbude vorbeigelaufen waren, dass er gesagt habe, schon seit Ewigkeiten keine Currywurst mehr gegessen zu haben und dass Nicki angenommen hatte, er habe kein Geld, sich eine Currywurst zu kaufen. Und deswegen habe sie ihn eingeladen.

      Nach diesen Worten war es erst einmal still. Das musste der Graf verdauen. Dann erzählte er, dass er tatsächlich lange keine Currywurst mehr gegessen hatte, doch das nicht, weil er das Geld dafür nicht hatte, sondern weil es im Ausland, da, wo er lange gelebt habe, keine Currywurst gab.

      Er blickte Roberta an.

      »Nicki wollte mich um jeden Preis einladen, ich hatte überhaupt keine Chance, da etwas richtigzustellen. Letztlich habe ich mich einladen lassen, um ihr die Freude nicht zu verderben.«

      Roberta glaubte dem Grafen sofort.

      Das war so typisch Nicki. So etwas konnte man sich nicht ausdenken.

      Jetzt bot sie ihm doch etwas zu trinken an, was er dankbar annahm. Es würde wohl noch ein längeres Gespräch werden.

      »Es ist alles ziemlich dumm gelaufen«, bemerkte Roberta, dann erzählte sie ihm, dass Nicki alles daran gesetzt hatte, diesen Mathias erneut zu treffen, und welcher Schock es für sie gewesen war, ihm plötzlich gegenüberzustehen. Nicht dem ein wenig abgerissen wirkenden Mathias, sondern dem Grafen von Hilgenberg.

      »So etwas muss man erst einmal verdauen«, schloss sie, und wieder war es erst einmal still.

      Er trank etwas, stellte bedächtig sein Glas ab, und Roberta dachte, dass er ein wirklich attraktiver Mann war.

      »Ich lege keinen großen Wert auf Kleidung, und wenn ich etwas gern anziehe, dann tue ich es auch, solange es möglich ist. Es war so erfrischend, Nicki zu erleben, und es war wohltuend, dass sie an mir als Mann interessiert war, ohne etwas über mich zu wissen, sie mochte den Mathias. Das hatte ich noch nie zuvor erlebt …, wenn Nicki mich nicht so überrollt hätte, hätte ich vermutlich noch alles richtiggestellt. Doch dann kam eine Frau auf uns zu, sprach Nicki an, und ich …, nun, irgendwie habe ich erst einmal kalte Füße bekommen. Ich bin gegangen, und, wie gesagt, ich hätte mich gemeldet, sehr bald schon. Das Herrenhaus ist fast eingerichtet, und in der Dependance können wir in Kürze anfangen zu arbeiten.«

      Roberta war kein neugieriger Mensch, aber es interessierte sie schon, was er da tun würde. In der Siedlung kursierten die wildesten Gerüchte.

      Ehe sie eine Frage stellen konnte, sagte er: »Ich habe eine Agentur für Film, Fernsehen und Print, und da habe ich mir einen Namen gemacht. Ich arbeite international auf allerhöchstem Niveau und konkurrenzlos. Wäre das nicht der Fall, könnte ich mir als Firmensitz nicht diese ein wenig …, nun ja …, verträumte Gegend erlauben.«

      Es klang interessant, der Graf gewann überhaupt. Sie hatte ihn ganz anders in Erinnerung. Und sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass es seine Art gewesen war, auf die Nicki gehüpft war. Er kehrte nicht den Adeligen mit einem ellenlangen Stammbaum heraus.

      Er trank noch etwas, dann wurde er allerdings ungeduldig: »Frau Dr. Steinfeld, wir können uns gern ein anderes Mal unterhalten, und ich gebe Ihnen gern Auskünfte über alles, was Sie wissen möchten. Doch jetzt würde ich gern mit Nicki sprechen, um alles aufzuklären.«

      Roberta erzählte ihm, dass sie bislang vergebens versucht hatte, Nicki zu erreichen.

      »Dann fahre ich eben zu ihr hin, wo wohnt sie?«

      Das brachte Roberta ein wenig in Verlegenheit, und sie sagte ihm, dass sie unmöglich Nickis Adresse herausgeben könne.

      »Ich kann nicht einfach über meine Freundin verfügen. Ich muss deren Privatsphäre schützen. Bitte, haben Sie dafür Verständnis.«

      So richtig hatte Mathias von Hilgenberg das nicht. Aber er wartete, während Roberta weiterhin versuchte, Nicki zu erreichen. Sie ging nicht ans Telefon, und das Handy blieb abgestellt.

      Es war nichts zu machen, und der Graf war ein höflicher, gut erzogener Mann.

      »Bitte, reden Sie mit Ihrer Freundin und versuchen Sie, ihr klarzumachen, dass ich eine Chance verdient habe, ihr alles zu erklären. Ich habe Nicki nicht in die Irre geführt, mich zu offenbaren, das hat sich halt nicht ergeben. Und um noch einmal auf die Currywurst zurückzukommen. Das hat sich wirklich so zugetragen, und ich hatte nicht die geringste Chance, Nicki zu erklären, weswegen ich für lange Zeit keine Currywurst gegessen hatte. Vermutlich hätte sie mir nicht einmal richtig zugehört, so besessen war sie von der Idee, mich einzuladen.«

      Im Grunde genommen war alles so einfach. Doch würde sie Nicki davon überzeugen können? Roberta war sich nicht einmal sicher, ob es all die Missverständnisse waren, die Nicki so sehr irritiert hatten. Nein, es war vielmehr die Tatsache, dass Mathias ein waschechter Graf mit einem stattlichen Besitz war.

      Nicki hatte es wirklich nicht so mit dem Adel.

      Doch legte man auch solche Maßstäbe an, wenn man verliebt war? Und das war Nicki doch, sonst hätte sie sich nicht beinahe ein Bein ausgerissen, um Mathias zu finden.

      Roberta versprach dem Grafen, sich sofort bei ihm zu melden, wenn sie mit Nicki gesprochen hatte. Und dann würde sich zeigen, ob Nicki sich auf ein Gespräch mit Mathias einlassen würde oder ob sie weiterhin schmollen wollte. Da konnte man bei Nicki leider niemals sicher sein, auch nicht als allerbeste Freundin.

      Sie brachte den Grafen noch bis zur Tür. Nachdenklich ging sie zurück in ihr Wohnzimmer, und jetzt schenkte sie sich erst einmal ein Glas Rotwein ein.

      Was für eine verrückte Geschichte!

      So etwas konnte man sich nicht ausdenken. Das passierte nur im wahren Leben.

      Graf Hilgenberg war an Nicki interessiert, keine Frage. Doch ging sein Interesse auch so weit, dass er in Erwägung zog, Nicki einen Antrag zu machen, sie zu seiner Frau zu machen.

      Stopp!

      Jetzt galoppierten ihre Gedanken aber gewaltig davon. Ihr war bislang überhaupt nicht bewusst gewesen, dass sie eine so romantische Ader hatte.

      Ihre Freundin Nikola Beck als Gräfin, Nikola Gräfin Hilgenberg. Das musste man sich auf der Zunge zergehen

Скачать книгу