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dem Einfluss ihres Vaters, und der war halt ebenfalls einer von den Spießern.

      Während Ilka noch darüber nachdachte, wie sie an Geld kommen konnte, rannten Maren und Tim um die Ecke. Als sie aus der Sicht ihrer Mutter waren, sagte Tim: »Maren, das war ganz schön schrecklich.«

      »Ja, Tim, das war es«, bestätigte Maren, »doch da müssen wir jetzt durch. Und ich finde auch, dass wir das dem Papa sagen müssen. Er ist so nett zu uns, wir können so froh sein, ihn zu haben, da hat er auch die Wahrheit verdient.«

      Damit war Tim einverstanden.

      Die beiden hatten immer ein gutes Verhältnis zu ihrem Vater gehabt, das war lediglich getrübt worden, als er mit ihnen in den Sonnenwinkel gezogen war. Da hatten sie gemeutert. Doch mittlerweile war ihnen klar, dass er nur in ihrem Interesse gehandelt hatte. Und so schlecht war es auch nicht. Sie kannte Pamela Auerbach, und wären sie nicht hergezogen, dann hätten sie auch nicht die nette Angela kennengelernt und deren wirklich coole Mutter, die Sophia.

      Es war schon richtig.

      Ihre Mutter war der größte Unsicherheitsfaktor in ihrem Leben. Käme der nächste Rockmusiker, würde sie erneut davonlaufen, um ein wenig Spaß zu haben.

      »Tim, wir gehen jetzt zu ›Calamini‹ und essen einen riesengroßen Eisbecher. Den haben wir jetzt verdient, der Bus ist weg, und der Papa kommt später nach Hause.«

      Eisbecher …

      Das klang verlockend, zumal der bei ›Calamini‹ so was von superlecker war.

      »Ich hab kein Geld«, sagte er voller Bedauern, »mein Taschengeld ist futsch. Ich habe mir ein neues Spiel gekauft.«

      Maren war nicht die Mutter, und sie war auch nur zwei Jahre älter als ihr Bruder. Doch irgendwie hatte sie die Mutterrolle übernommen. Und Tim akzeptierte das. Maren war, abgesehen von ihrem Vater, seine erste Bezugsperson. Und dann gab es zum Glück ja auch noch Angela.

      »Tim, du hast so viele Spiele. Warum gibst du dein Geld für einen solchen Quatsch aus? In Kürze ist alles überholt, da sind all die Spiele nichts mehr wert. Doch der Hersteller reibt sich die Hände, weil es Dumme wie dich gibt, die immer das Allerneueste haben wollen. Also gut, ich lade dich ein. Aber denk mal über meine Worte nach.«

      Das würde er natürlich nicht. Maren war ein Mädchen, die hatte keine Ahnung, aber es war wirklich super von ihr, dass sie ihn einlud. Er wusste auch schon, was er nehmen wollte. Den Schokoladenbecher mit kleinen Schokoladenstückchen drin, mit Schokosauce und obendrauf Sahne und gehackte Mandeln.

      »Danke, dass du das Eis für mich bezahlen willst, Maren«, sagte er. Danach blickte er sich noch einmal vorsichtig um.

      Von ihrer Mutter gab es keine Spur, also konnten sie davon ausgehen, dass sie ihnen nicht bis zu ›Calamini‹ folgen würde.

      Da saßen immer Schüler, manchmal auch Lehrer, herum. Die Mutter mit den bunten Haaren wäre voll peinlich.

      Er wollte nicht an die Mama denken, das tat trotz allem nämlich ganz schön weh.

      Das Leben mit Mama und Papa, mit Maren, all den Freunden und dem schönen Haus, das war mega gewesen.

      Er wollte nicht traurig sein.

      »Was für ein Eis nimmst du denn, Maren?«, lenkte er rasch ab.

      Maren war auch aufgewühlt, sie wollte sich jetzt nicht umsonst mit einem Eis belohnen.

      »Weiß ich nicht, mal sehen.«

      »Ich weiß, was ich nehme«, bemerkte Tim.

      Maren warf ihrem Bruder einen Seitenblick zu.

      »Das weiß ich auch, du nimmst, wie immer, diesen Schokoladenbecher. Kommt der dir nicht langsam zu den Ohren raus? Es stehen so viele Köstlichkeiten auf der Karte. Probier mal etwas anderes aus, Tim.«

      Manchmal war Maren komisch.

      »Warum soll ich das denn, wenn mir der Schokobecher mega schmeckt?«

      Er hätte jetzt am liebsten noch mehr gesagt, doch das ließ er besser bleiben, sonst überlegte Maren es sich nicht anders und lud ihn nicht ein.

      *

      Nicki meldete sich von sich aus, und ein solch langes Schweigen hatte es noch nie zwischen ihnen gegeben, nicht einmal, wenn sie Krach hatten, was äußerst selten vorkam.

      Roberta machte ihrer Freundin keine Vorwürfe, und sie ließ sie erst einmal ausreden. Überrascht war sie allerdings nicht von dem, was Nicki sagte. Sie wiederholte sich.

      Neu war allerdings, als sie sagte: »Roberta, ich bin aus allen Wolken gefallen, als sich herausstellte, dass Mathias dieser Graf ist. Warum hat er diese Schmierenkomödie gespielt? Warum hat er nicht die Karten offen auf den Tisch gelegt?«

      Es wäre weitergegangen, wenn Roberta sich nicht eingemischt hätte: »Nicki, Graf Hilgenberg war bei mir. Er wollte mit dir reden. Er hat mich auch um deine Anschrift gegeben, die ich ihm natürlich nicht gegeben habe, weil man so etwas nicht tut. Aber ich habe ihm versprochen, dir all das zu erzählen, was er mir gesagt hat, und ich habe ihm versprochen, mit dir zu reden und dich davon zu überzeugen, dass du dich mit ihm aussprechen sollst, wenn …«

      Nicki ließ sie nicht aussprechen.

      »Roberta, du fällst mir in den Rücken? Das hätte ich nie von dir gedacht. Buckelst auch du vor diesem Mann, bloß weil er ein Graf ist, so ein Blaublütiger, der glaubt, machen zu können, was er will. Ich sage es noch einmal, auch wenn es drastisch klingt: Der feine Herr Graf hat mich so was von verarscht.«

      Nicki war verbittert, enttäuscht. Es war alles anders gelaufen, als sie es sich ausgemalt hatte. Wie es gewesen war, entsprach nicht ihren romantischen Vorstellungen. Sie war sich irgendwie als seine Retterin vorgekommen. Wäre Mathias wirklich der, als den Nicki ihn gesehen hatte, wäre es eh nichts von Dauer gewesen. Nicki war durcheinander, weil Mathias sich als ein Graf entpuppt hatte. Sollte sie doch froh sein, sie hatte sich immer einen Prinzen gewünscht. Nun scharrte er mit den Hufen, und das war ihr auch nicht recht.

      »Nicki, kannst du mir jetzt mal eine Weile zuhören, ohne mich zu unterbrechen? Ich bitte darum.«

      »Na gut, meinetwegen«, sagte Nicki missmutig. »Obwohl ich nicht weiß, was das bringen soll.«

      Ehe Nicki es sich anders überlegte, begann Roberta ihr die Geschichte zu erzählen, die sie vom Grafen erfahren hatte.

      »Nicki, er ist immerhin sofort zu mir gekommen, um dich zu treffen, um alles aufzuklären, was dumm gelaufen ist. Dass mit der Einladung zur Currywurst, das hast du zu verantworten. Du warst es, die der Annahme war, dass er kein Geld hatte, um sich die zu erlauben. Hast du auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht, dass er keine gegessen hatte, weil er sich dort aufgehalten hatte, wo es die nicht gab? Du hattest ein Bild von ihm. Und er hat es genossen, dass sich eine Frau für ihn als Mann interessierte, nicht für den Grafen mit einem entsprechenden Background.«

      Es klang alles sehr vernünftig. Aber Nicki wollte nicht vernünftig sein. Sie hatte sich etwas zurechtgelegt, und das war nicht in Erfüllung gegangen. Und jetzt verhielt Nicki sich ein wenig wie ein kleines Mädchen, dessen Träume zerplatzt waren.

      »Er hatte Zeit, es aufzuklären. Er wusste, dass er mich über dich erreichen konnte. Ich habe es ihm gesagt.«

      »Nicki, auch dafür hat er eine plausible Erklärung. Er musste sich erst im Herrenhaus einrichten, und dann musste er dafür sorgen, dass er in der Dependance seine Firma etablieren konnte.«

      »Hör auf damit, Roberta. Alles ist ihm wichtiger als ein Treffen mit mir. Und wer weiß denn schon, wann das erfolgt wäre, hätte er mich nicht zufällig in diesem dämlichen Zelt getroffen.«

      Nicki war verbohrt. Manchmal konnte sie wirklich stur sein wie ein Esel.

      Roberta musste sich jetzt zusammenreißen, um nicht die Geduld zu verlieren.

      »Nicki, Graf Hilgenberg ist kein romantischer Träumer, sondern ein gestandener Mann, der Prioritäten setzen

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