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      Da war etwas, Julia spürte es. Doch es war ganz ausgeschlossen, jetzt alles stehen und lieben zu lassen, um mit Daniel zu reden.

      »Das können wir, mein Liebling. Aber doch nicht jetzt. Das Restaurant ist bis auf den letzten Platz besetzt, die Blumendekoration wird gleich geliefert, und da muss ich dabei sein, das kann ich niemandem überlassen. Ich habe da meine genauen Vorstellungen, wie es aussehen soll. Es kann doch nicht so wichtig sind, was du mir sagen willst, oder? Wichtig ist doch nur, dass wir uns lieben.«

      Sie umarmte ihn flüchtig, drückte ihm einen ebenso flüchtigen Kuss auf den Mund, schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln, und schon war sie fort.

      Daniel blieb wie bedröppelt stehen und blickte ihr hinterher. » … dass wir uns lieben …«

      Worte, nichts als Worte. Sie war so sehr in ihrem eigenen Ding, dass sie nicht einmal bemerkte, wie schlecht es ihm ging. Sie hatte nicht einmal gefragt, weswegen er mit ihr sprechen wollte. Und um diese Frage zu stellen, so viel Zeit wäre gewesen.

      Noch während Daniel überlegte, ob er nicht doch in die Redaktion fahren sollte, bekam er eine Nachricht. Die wollte er zunächst ignorieren, weil ihm nach überhaupt nichts zumute war. Er fühlte sich nur elend. Vielleicht schlitterte er ja sogar in eine Depression, etwas, was andere Leute bekamen, was er für sich immer ausgeschlossen hätte.

      Etwas veranlasste ihn schließlich doch, die Nachricht zu lesen. Und das tat er immer wieder, weil er nicht glauben konnte, was er da las.

      Sein früherer Chef bat ihn, nicht nur an seinen alten Posten zurückzukehren, weil sein Nachfolger kläglich gescheitert war, nein, er bot ihm nicht nur viel mehr Kompetenzen, sondern auch noch viel mehr Geld an.

      »Daniel, überleg nicht lange, mach dich auf den Weg. Du wirst gebraucht.«

      Dann folgte die Unterschrift.

      Daniel starrte immer wieder auf diese Nachricht, mit der er niemals gerechnet hätte, zumal sie nicht gerade im Frieden auseinander gegangen waren. Man hatte ihn halten wollen, ihm war sein Privatleben wichtiger gewesen.

      Und nun das!

      Er spürte, wie er aus seiner Lethargie erwachte.

      Zwei Seelen stritten in seiner Brust. Da war die Chance, wieder an seinen Job zurückkehren zu können, zu erheblich verbesserten Bedingungen. Doch auf der anderen Seite war Julia. An seiner Liebe zu ihr hatte sich nichts verändert. Er liebte sie von ganzem Herzen. Es war nur eine große Ernüchterung bei der Art ihres Zusammenlebens eingetreten, oder sollte man sagen, ihres Nebeneinanderlebens?

      Aus dem Festzelt heraus drangen Stimmen, ein Gehämmere, aus dem Restaurant kamen Gäste, gingen welche hinein.

      Nein, das war kein Ort, um nachzudenken, und das musste er jetzt tun.

      Er setzte sich in sein Auto, fuhr nach Hohenborn, ging in sein Büro, und dort angekommen, wusste er, was er auf jeden Fall zu tun hatte. Er würde hinschmeißen. Ja, das würde er. Vorerst war er nicht auf das Gehalt angewiesen, er besaß finanzielle Reserven.

      Er übertrug einer Kollegin, die außer sich vor lauter Freude war, den Auftrag, über das Fest im ›Seeblick‹ zu berichten, dann schrieb er seine Kündigung, wobei er gesundheitliche Probleme vorschob, was nicht einmal gelogen war. Dann packte er seine privaten Dinge zusammen, viele waren es nicht, und ohne sich noch einmal umzusehen, verließ er die Redaktion, das Gebäude.

      Dieser Weg war zu Ende.

      Weg …

      Mit Julia war alles offen. Würde es einen gemeinsamen Weg geben? Würden sie im letzten Augenblick das Ruder herumreißen können, oder würde ihr Weg in einer Einbahnstraße münden.

      Ihm wurde ganz schwer ums Herz. In der Regel waren Frauen vielleicht emotionaler, doch wenn es um die Liebe, die Lebensliebe ging, da unterschieden Männer und Frauen sich nicht voneinander.

      Der Tod einer Liebe war schmerzhaft.

      Als er seine Sachen im Kofferraum seines Autos verstaute, zuckte er betroffen zusammen.

      Wohin verirrten sich seine Gedanken? Tod der Liebe, an so etwas wollte und durfte er nicht denken.

      Er musste mit Julia reden, sofort!

      Die Zeit musste sie sich einfach nehmen, es gab nichts auf der Welt, was nicht warten konnte. Blumenarrangements konnten warten, Herde konnte man ausstellen, damit die sich darauf befindlichen Gerichte nicht verdarben.

      Es gab für ihn eine Chance, und es war schon ein wenig merkwürdig, dass die Nachricht genau in dem Moment gekommen war, in dem er ganz tief unten am Boden gewesen war. Das war er merkwürdigerweise jetzt nicht mehr.

      Ohne einen Block zurückzuwerfen, fuhr er los. Er wusste, dass er das Redaktionsgebäude von innen nicht mehr wiedersehen würde, und das bedauerte er in keiner Weise.

      Als er am ›Seeblick‹ ankam, hatte sich der Parkplatz mittlerweile ein wenig geleert, nur noch wenige Autos standen da, und auch im Festzelt war es recht still.

      Das war ein gutes Zeichen. Die Chancen, mit Julia reden zu können, standen gut.

      Daniel hatte das Haus noch nicht ganz erreicht, als Julia mit einer Frau an ihrer Seite um die Ecke gebogen kam. Die beiden Frauen unterhielten sich angeregt, und er hörte, wie Julia sagte: »Sie haben großartige Arbeit geleistet, und bringen Sie bitte auf jeden Fall noch ein paar Visitenkarten vorbei, die ich auslegen werde. Ich bin mir sicher, dass man mich auf diese herrliche Dekoration ansprechen wird, und da werde ich Werbung für Sie machen. Wir Frauen müssen zusammenhalten.«

      Werbung für jemanden zu machen, das war immer gut, doch Julias letzter Satz ließ Daniel ein wenig zusammenzucken. Das machte so deutlich, als was und wo Julia sich sah …, als eine clevere Einzelkämpferin!

      Er blickte sie an, und sein Herz wurde ganz weit vor lauter Liebe. Wie schön sie war mit ihren kurzen braunen Haaren, ihren blitzenden braunen Augen, ihrer schlanken Figur. Julia war nicht groß, doch von ihr ging eine unglaubliche Energie, ging eine unglaubliche Präsenz aus. Es war zu spüren, dass sie in ihrem Element war.

      Die Gärtnerin ging.

      Julia entdeckte Daniel, den sie zuvor überhaupt nicht richtig wahrgenommen hatte. Das war schon bezeichnend. Sie lächelte ihn an. »Warst du noch einmal weg?«, erkundigte sie sich, viel Interesse lag allerdings nicht in ihrer Stimme.

      »Ich war in Hohenborn, dort habe ich fristlos gekündigt.«

      Sie hatte nicht zugehört, weil sie mit ihren Gedanken schon wieder ganz woanders war. »Der Zugang zum Zelt muss noch geebnet werden«, rief sie einem Mann zu, der sich dort zu schaffen machte. »So kann es unmöglich bleiben, da stolpern die Gäste ja.«

      Der Mann versprach, sein Bestes zu geben, danach wandte Julia sich Daniel wieder zu: »Was hast du gesagt?«, erkundigte sie sich.

      Er winkte ab.

      »War nicht so wichtig. Ich will dich jetzt auch nicht länger stören.«

      Sie nickte.

      »Ich habe wirklich viel zu tun, wir sehen uns dann später«, rief sie erleichtert, ehe sie davonlief.

      Er blieb einen Augenblick stehen, blickte ihr nach, dann trottete er zum Seiteneingang, ging ins Haus.

      Er hatte ihr von der Kündigung erzählt, und sie hatte es nicht einmal registriert.

      Sagte das nicht alles?

      Er begab sich in die Wohnung, und dann ertappte er sich dabei, wie er seine Sachen zusammenpackte. Als er damit fertig war, die Taschen und Koffer vor der Tür standen, wurde ihm erst so richtig bewusst, was er da getan hatte, was er im Begriff war zu tun.

      Es ging ihm gesundheitlich nicht gut.

      Er fühlte sich verletzt.

      Er war mit seinem Projekt, mit der Frau seiner Liebe auf eine gemeinsame Reise zu gehen, gescheitert.

      Es tat so unglaublich weh, doch er wusste, dass er nicht

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