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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Ihr braucht es ja nicht zu verantworten, das tu' ich!« erwiderte Jutta.
Die Pröpstin seufzte und sandte einen verzweifelten Blick gen Himmel.
Der Stiftshauptmann rückte ärgerlich auf seinem Sessel und begann: »Aber unter welchem Vorwande, gnädigste Frau –«
»Vorwand?« sagte Graf Albrecht, der sich zugleich mit der Äbtissin erhoben hatte, »braucht es eines Vorwandes, wenn die Fürstin von Quedlinburg den Bischof von Halberstadt meiden will? Aber wenn Ihr darum verlegen seid, Herr Stiftshauptmann, so will ich Euch einen Vorwand sagen. Dem Bischof fehlt die Konfirmation des Heiligen Stuhles. Der Papst hat den Herzog Albrecht nicht bestätigt und wird ihn nie bestätigen.«
»Wie wollt Ihr das wissen, Herr Graf?« frug die Pröpstin herausfordernd dazwischen.
»Das schreibt, Herr Willekin!« gebot aber schnell die Äbtissin. »Schreibt dem Bischof, nächst des Kaisers Majestät wäre der heilige Vater unser Oberherr; wir könnten uns daher an einer Weihe nicht beteiligen, die ohne den päpstlichen Segen in unseren Augen keine rechte Weihe wäre.«
»Gut, gut!« frohlockte der Graf.
Der Stiftshauptmann schüttelte den grauen Kopf und sagte: »So erlaubt wenigstens, gnädige Fürstin, daß ich nach Halberstadt reite und Eure Ablehnung beim hochwürdigsten Bischof mit allem Glimpf selber ausrichte.«
»Tut das, Herr Stiftshauptmann!« erwiderte die Äbtissin, »meinen Willen wißt Ihr.«
»Das soll nicht geschehen,« widersprach der Graf.
»Herr Willekin reitet nach Halberstadt,« befahl die Äbtissin erhobenen Hauptes. »Euer Einspruch ändert daran nichts, Herr Graf!«
Graf Albrecht lachte hell auf: »Meinetwegen, laßt ihn auf allen vieren zum Bischof kriechen, hochgebietende Fürstin und Domina!«
Der Äbtissin schoß das Blut in die Wangen; zürnend wandte sie sich ab.
Der Stiftshauptmann war beleidigt aufgefahren, zu einer raschen Erwiderung bereit, aber ein stolzer Blick des Grafen band ihm die Zunge. Mit einem gnädigen Nicken gab die Äbtissin ihm Urlaub; er verließ das Gemach und begab sich von der Burg hinab in die Stadt zu geheimer Unterredung mit dem Bürgermeister und einigen Ratsherren.
Gräfin Kunigunde freute sich über die dem Grafen erteilte Zurechtweisung ebenso sehr, wie sie der Äbtissin die darauf erfolgte Antwort desselben gönnte. Selber jedoch verstimmt, daß sie mit ihrem schon so oft erprobten Rate nicht durchgedrungen war und die Äbtissin unter dem Einflusse des übermütigen Grafen von Regenstein wieder einmal einen großen Fehler beging, zog auch sie sich nach einem sparsamen Gruße zurück und ließ die Äbtissin mit ihrem mächtigen Schutzvogt allein.
Graf Albrecht machte eine tiefe Verbeugung hinter der mürrisch Davonsegelnden her und sagte dann: »Die Gunst unserer holdseligen Pröpstin hab' ich einmal wieder verspielt und muß nun ihre Ungnade tragen.«
Die Äbtissin antwortete nicht; sie stand am Fenster und schmollte. Des Grafen höhnisches Lachen hatte sie sehr empfindlich berührt, und sie wartete nun auf ein versöhnendes Wort aus seinem Munde. Hatte er denn nicht gemerkt, was in ihrem Schwanken zwischen Annahme und Ablehnung der bischöflichen Einladung den Ausschlag gegeben hatte? Freilich, – seiner großen Erregtheit mußte man etwas zugute halten, und Jutta hatte ihn gereizt. Das tat ihr jetzt leid, und an ihr war es, nun wieder einzulenken. Er mußte noch etwas Besonderes auf dem Herzen haben, daß er nicht ging. Sie wollte ihm zu Hilfe kommen.
Sich zu ihm wendend sprach sie ein wenig schüchtern: »Herr Graf, was glaubt Ihr, daß der Bischof tun wird, wenn wir beide nicht zu seiner Weihe kommen?«
Der Graf zuckte die Achseln und erwiderte: »Zunächst wird er sich gründlich darüber ärgern, und das gönn' ich ihm.«
»Wird er meine Bedenken wegen des Papstes gelten lassen?« frug die Äbtissin weiter.
»Schwerlich,« versetzte der Graf.
»Aber dann wird er nach einem anderen Grunde suchen, vielleicht wähnen, daß ich nur Euch – daß nach Eurem Streite –«
»Daß Ihr nur mir zu Liebe wegbliebet?« ergänzte der Graf. »Nun, laßt ihn doch in dem Irrtum, er hat ja keine Gewalt über Euch.«
Jutta schwieg und machte sinnend einige Schritte auf und ab. Endlich sagte sie: »Was meint Ihr, Herr Graf, wenn ich schon vorher zum Bischof ginge und versuchte, euch zwei miteinander zu befrieden?«
»Ich sage Euch so freundlichen Willens und Erbietens großen Dank, Domina!« erwiderte der Graf, »aber ich nehme das Opfer nicht an.«
»Das Opfer, Graf Albrecht, bring' ich Euch gern,« sprach Jutta, »Ihr habt mir schon mehr als eins gebracht.«
»Dafür bin ich Euer Schutzvogt, Domina!«
»So laßt mich auch einmal Euer Schutzvogt sein!« bar sie fast schmeichelnd.
»Nein, nein! Ihr dürft nicht nach Halberstadt, am allerwenigsten meinetwegen,« entschied der Graf. »Der Bischof will keinen Frieden mit mir. Und wenn Ihr darum selber zu ihm kämet und mit der Wärme, die ich an Euch kenne, meine Sache bei ihm führtet, so würde er denken –« Er vollendete nicht und preßte die Lippen zusammen, als sollte das Wort nicht darüber hinaus.
»Nun? was denn? was würde er denken?«
»Ich bring' es kaum heraus,» sagte der Graf.
»Sprecht es nur aus, Graf Albrecht,« lächelte Jutta dicht vor ihm stehend mit leuchtendem Blick, und ihre Brust hob sich in raschem Atemgange.
»Ihr werdet mich auslachen.«
»Wartet das ab!« sprach sie leise, mit tiefem Erröten die Augen niederschlagend.
»Er würde denken, – daß ich mich vor ihm fürchte!« stieß der Graf heraus.
Die Äbtissin hatte etwas ganz anderes erwartet. Sie trat einen Schritt zurück. »Ja, ja, – ganz recht, – Ihr habt ganz recht, – was sollte er auch anders denken?« sprach sie vor sich hinstarrend. Plötzlich warf sie den Kopf hoch und sagte schnell: »Übrigens könnten wir Euch auch kaum verteidigen, Herr Graf; es kommen zu viele Klagen über Euch.«
»Die Verteidigung gegen meine Kläger führ' ich am liebsten selber, Domina!« erwiderte der Graf bestimmt.
»Wenig kümmert uns, was Ihr in Eurer Grafschaft tut, aber im Stiftsgebiet solltet Ihr billig Frieden halten,« sprach sie in verweisendem Tone.
»Ist Euer Frieden gestört, gnädige Frau?«
»Ihr umlauert unsre gute Stadt Quedlinburg und fangt ihre Bürger weg. Das ist Friedensbruch, Herr Graf! Aber das nicht allein. Die Mönche von Sankt Wipertihausen [tun] gar übel hier unter unseren Augen. Ihr wüstes Treiben ist ein Ärgernis für Rat und Bürgerschaft,« erwiderte die Äbtissin immer heftiger werdend.
»Und das soll meine Schuld sein?«
»Ihr haltet die Hand über sie, habt ihr Kloster befestigt wie einen Burgstall. Was soll das? Habt Ihr nicht genug an der Gunteckenburg hier dicht vor den Toden der Stadt?«
»Aha!« lachte der Graf, »da hängen die Glocken, die mir so liebliche Vesper läuten! Rat und Bürgerschaft schilt den unbequemen, allzu wachsamen Nachbar. Gnädigste Domina, laßt's Euch nur gefallen, wenn ich Eure gute Stadt Quedlinburg scharf im Auge behalte; es ist nicht für mich, sondern für Euch. Denen da unten schwillt der Kamm gewaltig, seit sie zum Hansabund gehören; jetzt sind sie mir widerhaarig, nächstens bedrohen sie Euch, wenn wir ihnen nicht fest auf dem Dache sitzen.«
Da blickte sie ihn wieder freundlich an und sagte: »Ist's so gemeint? in der Sorge um mich? Das hab' ich nicht gewußt, das hatt' ich nicht gedacht, Graf Albrecht!«
»Was soll ich viel Rühmens darum machen!« erwiderte er. »Aber eins wollt ich noch fragen, Domina. Ist's Euch bekannt, wie es auf der Lauenburg aussieht?«
Die