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er mit der nächsten Rolltreppe wieder hinuntergefahren war, trat er durch eine von vielen Glastüren an der breiten Front in einen überfüllten, tunnelartigen Bereich, wo unzählige Autos Reisende herausließen oder abholten, während sich Parkplatzwärter darum bemühten, den Verkehrsfluss zu erhalten, und Bauarbeiter inmitten der Hektik vergeblich versuchten, ihren Job zu erledigen. Am nächsten Gehsteig reihten sich schwarze Mercedes-Limousinen und -Kombis mit gelb-schwarzen Taxischildern auf den Dächern aneinander, die Fahrer schnittig mit Anzug und Krawatte in Erwartung neuer Kundschaft. Declan schob die Sporttasche auf seiner Schulter erneut zurecht und ging dann auf die Wagen zu.

      »Netter Versuch!«, hörte er plötzlich eine Stimme von hinten.

      Verdutzt drehte er sich um und sah ein paar Yards entfernt mit saurer Miene Harper stehen, die gerade von zwei Männern eingeholt wurde. Er nahm sein Gepäck herunter, als einer der beiden einen Schlagstock auszog und auf sie loszugehen schien.

      »Was soll das?«, empörte sie sich, als der Mann an ihr vorbeihuschte und mit seiner Waffe ausholte.

      Declan wehrte den Schlag mit seiner Tasche ab und traf mit einem rechten Haken das Auge des Kerls.

      Während er sein Gepäck wie ein Schild in die Höhe hielt, entging er zwei weiteren Hieben von oben, ehe er einen Fuß in den Bauch seines Gegners rammte, der daraufhin umfiel.

      Als jemand neben ihm grunzte, fuhr er sofort herum, gerade als sich Harper mit ihrer Handtasche gegen den Angriff des anderen Schlagstockschwingers wehrte. Das kleine Accessoire half ihr allerdings kaum dabei, den Schlag abzulenken, weshalb sie rückwärts stolperte und hinfiel. Im Liegen trat sie allerdings noch mit den Absätzen ihrer Schuhe nach den Knien des Mannes.

      Dieser schob ihre Beine mit seinem Stock zur Seite und ging dann weiter auf Declan zu, erpicht auf sein eigentliches Ziel. Dies waren eindeutig keine Agentenkollegen von Harper. Er stieß dem Angreifer, der gerade erneut ausholte, seine Sporttasche entgegen, und drängte ihn auf diese Weise zurück. Als dieser nachsetzte, packte er den Stock und nutzte dessen Hebelwirkung, um dem Kerl den Arm zu verdrehen und ihn so niederzuzwingen.

      »Polizei! Polizei!«

      Declan wich zurück, während zwei Beamte in Uniformen in Trillerpfeifen blasend, angelaufen kamen, um die Raufenden auseinanderzunehmen. Schaulustige hatten einen weiten Kreis gebildet und gafften sie an. Declan sah sich hastig um, als er hörte, wie am Bordstein abrupt ein Wagen zum Halten kam. Es war ein weiterer schwarzer Mercedes, aber ohne Taxischild auf dem Dach.

      Die beiden Fremden wahrten Abstand, als sich ein Beamter zwischen ihnen und Declan aufbaute, wohingegen der andere Harper aufhalf. Die Männer schienen aber nicht besorgt darum zu sein, festgenommen zu werden. Ihre Nasenlöcher bebten vor Wut, während sie McIver finster anstarrten, als ob sie auf etwas warten würden.

      Der Polizist vor ihm drehte sich um und legte eine Hand an seine Brust. »Bitte steigen Sie in Ihr Auto«, verlangte er auf Deutsch. »Steigen Sie sofort ein.« Er drückte ihn sanft auf die Limousine zu, während der Fahrer ausstieg und ihm die Tür zum Rücksitz öffnete.

      »Das ist aber gar nicht mein Wagen.« Declan versteifte sich und weigerte sich, noch weiter zurückgedrängt zu werden.

      Nun wurde er von hinten gepackt und grob von zwei Händen zum Auto gezerrt.

      »Steigen Sie schon ein, Sir!«

      Declan schaute über seine Schulter. Der Fahrer hatte mehr oder weniger die gleiche Statur wie die beiden Schränke, die ihn gerade überfallen hatten, und ein Blick in seine Augen bestätigte ihm, dass er sich nicht hier eingefunden hatte, um ihn zu seinem Treffen zu geleiten. Deshalb stürzte er sich jetzt mit einem Ellbogen und seinem vollen Gewicht auf den Mann, der daraufhin gegen die Karosserie taumelte, wobei die Tür des Wagens zufiel. Er ächzte, als er einen Schlag gegen den Solarplexus bekam, hielt aber trotz allem Declans Hemd fest.

      Während dieser wild hin und her ruckte, um sich zu befreien, hörte er plötzlich etwas knacken und spürte einen stechenden Schmerz in seinem Bauch, gefolgt von einem Stromstoß. »Arch!« Seine Muskeln verkrampften sich unkontrolliert, und er kippte vorwärts, nur aufrecht gehalten von dem Fahrer der Limousine.

      »Stopp!«, rief Harper daraufhin. »Er ist derjenige, der angegriffen wird!« Sie versuchte, vorwärtszukommen, doch der andere Beamte hinderte sie daran.

      »Tun Sie's noch mal«, schrie der Fahrer.

      Der Polizist mit dem Elektroschocker drückte den Auslöser erneut, und es knisterte wieder.

      »Autsch!«

      Jetzt ließ der Fahrer los, woraufhin Declan sofort zusammenbrach. Er bäumte sich gegen die Schmerzen auf, war aber einfach nicht mehr Herr seiner eigenen Bewegungen.

      »Lassen Sie ihn in Ruhe!«, schrie Harper aufgeregt.

      Declan hörte es noch einmal laut knacken und dann ertönte ein schriller Schrei, als sie neben ihm zu Boden ging. Ihr Körper war unnatürlich angespannt, während sie unbeherrscht zitterte, nachdem der Beamte, von dem sie festgehalten worden war, auch ihr einen Stromschlag versetzt hatte. Declan wusste nicht, wer diese Männer waren, doch als er spürte, dass ihm einer ein Knie ins Genick drückte, bestätigte sich einmal mehr, dass es sich gewiss nicht um Polizisten handelte.

      Kapitel 18

       19:07 Uhr Ortszeit, Thames House, Millbank, Londoner Innenstadt, England

      Allardyce ging in seinem Büro im siebten Stock hinter dem Schreibtisch aus Mahagoni auf und ab, der prinzipiell zwar ihm gehörte, obwohl er nur selten daran arbeitete. Während er sich in dem spartanisch möblierten Raum umschaute, betrachtete er die Einrichtung, ohne sie aber richtig zur Kenntnis zu nehmen. Das Meiste davon hatten seine Vorgänger hergebracht, Männer und Frauen mit langen Karrieren beim Security Service, deren Berufung zur Generaldirektion nur eine etwas längere Aufzugfahrt nach oben bedeutet hatte. Sein Einzug hingegen, so dachte er, war doch ziemlich anders gewesen. Vor seiner Anstellung hatte er das Thames House noch nie von innen gesehen. Zum Arbeiten zog er seine vornehme Eigentumswohnung in Knightsbridge bei Weitem vor, doch die Umstände heute Abend erforderten seine Anwesenheit in dem burgähnlichen Gebäude nahe Millbank.

      Zwanzig Minuten zuvor hatte ihn ein Anruf von zwei der MI6-Agenten, die beauftragt worden waren, Declan McIver zu folgen, von seinen Erledigungen abgelenkt, die ihm beim Identifizieren der Bombenattentäter und Entführer von Shane O'Reilly weiterhelfen sollten. Wegen irgendwelcher Komplikationen mit den Ausweisen, die man den Agenten mitgegeben hatte, waren ihnen sowohl der Ex-Terrorist als auch ihre Kollegin am Züricher Flughafen abhandengekommen, und weder er noch sie hatten deshalb ihre vorgesehenen Zielorte erreicht. Noch beunruhigender waren allerdings die Berichte, welche die zwei Agenten von Zeugen am Flughafen gehört hatten. Dass ein Mann und eine Frau bei einem Handgemenge vor dem Haupteingang von Polizisten mit einem Elektroschocker angegriffen und anschließend in Verwahrung genommen worden waren.

      Wie konnte etwas so Einfaches so sehr schiefgehen? In ein Flugzeug steigen, wieder von Bord gehen und sich dann in ein Beförderungsmittel begeben … Allardyce schwirrte der Kopf, wenn er nur über die verschiedenen Möglichkeiten und wahrscheinlichen Szenarien nachdachte. Fest stand, dass Declan McIver und seine MI6-Aufpasserin wie vom Erdboden verschluckt waren, weshalb ein Gespräch von politischer Tragweite, von dem der gute Ruf des Generaldirektors abhing, auf der Kippe stand. Er brauchte unbedingt weitere Informationen. Und zwar schleunigst.

      Er schreckte auf, als er den Fahrstuhl in dem kleinen Aufenthaltsraum vor der Flügeltür seines Büros klingeln hörte. Nach einem schlecht verständlichen Wortwechsel mit Tom Gordon, der auf dem Flur stand, ging die Tür auf, und sein Vize Samuel Reed trat ein.

      Er war ein stämmiger Mann mit Glatze, breiten Schultern und einem Erscheinungsbild, das einem Bestattungsunternehmer zur Ehre gereicht hätte. Allardyce erkannte am Gesichtsausdruck des Mannes, der beim Herumschlendern mit den Händen in seinen Hosentaschen immer Münzgeld klimpern ließ, dass er die Neuigkeit bereits erfahren hatte.

      »Danke, dass Sie gekommen sind.«

      Reed

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