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inneren Geheimdienstkreis hatten, trafen im Umgang mit der Downing Street unweigerlich Welten aufeinander, und in der Ära nach Edward Snowden dürfen wir uns so etwas auf keinen Fall erlauben.«

      Allardyce lächelte wieder und nickte, obwohl ihn die Bestätigung des genauen Hintergrunds seiner Berufung zum Leiter des MI5 immer noch leicht beunruhigte. Innerhalb des Secret Service hatte seine Ernennung tiefe Empörung hervorgerufen. Er war ein vollkommener Außenseiter gewesen und die Wahl, die alle im Thames House auf die Nachricht hin, dass der Posten vakant war, befürchtet hatten, war eingetreten … dass jemand aus rein politischen Gründen zum Chef gemacht wurde.

      »Außerdem wollte ich Sie sprechen, weil ich darauf hingewiesen worden bin, dass der Innengeheimdienst erneut in Sachen Lukas Kreft ermittelt. Ist das wahr?

      Allardyce bestätigte dies nickend. »Aber nur, weil wir weitere Beweise gefunden haben, die ihn belasten.«

      »Und welche Beweise sind das genau?«

      »Er ist einer der Hauptinvestoren in einer Immobiliendachgesellschaft, der der Newton Place gehört, wo das Video mit unserem vermissten Offizier aufgenommen wurde.«

      »Deshalb also? Wegen seines Namens auf einem Investitionsvertrag?«

      »Im Augenblick ja.«

      »Das genügt aber nicht. Das Strafgericht Domville hat Kreft von oben bis unten durchleuchtet, eine direkte Aussage zu der Sache von ihm erhalten, und außerdem Zugang zu all seinen gewerblichen und privaten Dokumenten erhalten, und nichts gefunden, was auf eine Involvierung schließen lässt. Ich verlange deshalb, dass unverzüglich jedes Vorgehen gegen ihn unterlassen wird.«

      Allardyce verzog sein Gesicht. »Prime Minister, ich muss Ihnen da vehement widersprechen. Lukas Kreft besitzt weltweit mehrere Unternehmen, und nur ein schwindend geringer Teil davon befindet sich in Großbritannien. Und auf genau diesen hat sich der Zugang des Gerichts beschränkt. Wir können einfach nicht mit ruhigem Gewissen behaupten, er habe nichts mit der Sache zu tun.«

      »Aber ich kann das behaupten! Er und ich, wir kennen uns bereits seit dreißig Jahren. Zu zwei Gelegenheiten diente er diesem Land unter hoher Lebensgefahr in vom Krieg zerrütteten Gebieten, und das Gericht unter Domville konnte sich außerdem in keiner Weise über mangelnde Kooperationsbereitschaft seinerseits beschweren. Er ist in allen Punkten der Anklage unschuldig, die man gegen ihn erhoben hat, und ich dulde es nicht, dass er weiterhin durch Kontrollen belästigt wird. Ist das klar?«

      Der Generaldirektor holte tief Luft. Hier galt es, äußerst vorsichtig zu sein. Die Beziehung der Premierministerin zu Kreft war den Informationsbehörden einschlägig bekannt, dem Rest des Landes aber ein Geheimnis. Er fragte sich, ob diese Beziehung Clarke daran hinderte, den Mann als das zu sehen, wofür ihn viele hielten – einen Hai im maßgefertigten Anzug.

      »Sehen Sie mir meine Unverblümtheit bitte nach, aber sind Sie sicher, dass Sie, was Kreft betrifft, das größere Ganze deutlich im Blick haben? Ihm untersteht immerhin einer der größten kommerziellen Sicherheitsdienste Europas – eine Streitmacht, die in den letzten zwanzig Jahren nicht nur ein Mal, sondern gleich drei Mal wegen missbräuchlicher Gewaltanwendung vor Gericht stand – und das sind nur die offiziell dokumentierten Verfahren. Gegen ihn liegen zahlreiche andere Klageschriften vor, die aus dem einen oder anderen Grund nicht beachtet werden. Ich spekuliere zwar ungern darüber, was das Wesen der …«

      »Dann lassen Sie es auch lieber.« Imogen Clarke kniff ihre Augen wieder zusammen. »Jeder Sicherheitsdienst und jede Vollzugsgewalt auf dieser Welt, egal ob staatliche Behörden oder in Privatbesitz, musste sich bereits vor Gerichten behaupten, sei es öffentlich oder hinter verschlossenen Türen. Allein meiner Bekanntschaft mit Lukas ist es zu verdanken – und nur ihr – dass er sich überhaupt auf Domvilles Anhörung eingelassen hat. Man befand ihn immerhin für unschuldig, und das reicht mir hinlänglich. Ich dulde deshalb nicht, dass er weiterhin durch Kontrollen belästigt wird. Ist. Das. Klar?«

      Dennis nickte noch einmal nachdrücklich. »Jawohl, Ma'am. Und was ist mit dem Durchsuchungsbefehl für Newton Place, der schon genehmigt wurde?«

      »Sie haben das Gebäude doch bereits durchsucht. Wurde darin irgendetwas gefunden, dass Sie zu der Annahme geführt hat, dass jemand dort an den Anschlägen oder an der Entführung beteiligt gewesen ist?«

      »Noch nicht, nein, aber ein Großteil dessen, was wir dort sichergestellt haben, wird immer noch katalogisiert und untersucht. Vor allem die Computer.«

      »Dann fahren Sie damit fort, aber grenzen Sie Ihre Ermittlungen auf die vier Wände jener Wohnung ein. Es gibt schließlich Tausende Unternehmen im Königreich, die Immobilien mieten. Würden wir immer Nachforschungen anstellen und jeden Angestellten heranziehen, nachdem in einem ihrer Gebäude ein Verbrechen geschehen ist, hätte unser Rechtssystem einen Arbeitsrückstau bis ins nächste Jahrhundert hinein. Falls tatsächlich etwas in der Wohnung eine Verbindung zu der Firma vermuten lässt, teilen Sie es mir umgehend mit. Ansonsten hüten Sie sich bitte davor, dass mir etwas von weiteren Ermittlungen gegen Lukas Kreft zu Ohren oder unter die Augen kommt.«

      »Verstanden.«

      »Schönen Tag noch, Dennis.« Die Premierministerin ging auf das Haus zu. Damit war die Besprechung offensichtlich vorbei. Der Wachmann, der drinnen an der Glastür auf sie wartete, kam heraus und hielt die Tür offen, während Clarke eintrat. Einen Moment später rastete das Schloss mit einem leisen Klicken ein, und Allardyce stand alleine im Garten, um zu verdauen, was er gerade gesagt bekommen hatte.

      Kapitel 15

       14:43 Uhr Ortszeit, St. James Hotel, Waterloo Place Westminster, Londoner Innenstadt, England

      »Danke sehr.«

      Declan schaute dabei zu, wie der Träger die beiden kleinen Taschen abstellte, die Constance und er mitgebracht hatten. Er gab ihm ein Trinkgeld und drehte sich beim Schließen der Tür in die Dreizimmersuite um. Seine Frau kümmerte sich nicht um ihr Gepäck, so wie sie es normalerweise tat, wenn sie beide in einem Hotel eintrafen. Stattdessen ging sie in den Raum mit dem Doppelbett hinein, setzte sich auf die Kante und schaute still hinaus über die Dächer von London.

      Die vergangenen achtzehn Stunden waren äußerst stressig gewesen. Auf Declans Drängen hin hatten sie schnell ein paar Sachen gepackt und beim Verlassen des Anwesens, das mehrere Monate lang ihr Zuhause gewesen war, einen alten Landwirtschaftsweg genommen, um die Polizei zu meiden. Daraufhin waren sie über Nacht auf in beide Richtungen einspurig verlaufenden Straßen nach Dundalk gefahren, hatten ihren Mercedes-Minivan ein kurzes Stück vom Bahnhof entfernt stehenlassen und den letzten Schnellzug nach Dublin bestiegen.

      Dort hatte Declan Fintan McGuire angerufen und ihm geschildert, was geschehen war. Sein Freund hatte ihnen sofort Hilfe angeboten, aber er hatte diese abgelehnt und lediglich darum gebeten, den Beagle Shelby holen zu lassen, den sie erst einmal notgedrungen in einem Zwinger vor Ort abgeben würden. Für Declan gab es keinen Grund, Fintan noch tiefer in seine Angelegenheit hineinzuziehen. Der Mann hatte für sie beide bereits genug aufs Spiel gesetzt. Ein frühmorgendlicher Flug nach London war Declan lieber gewesen.

      Als er sich an den Rahmen der Zimmertür lehnte, wusste er nicht, was er zu ihr sagen sollte. Constance hatte seinen Plan, in die Schweiz zu reisen, nicht gut aufgenommen. Warum musste er ausgerechnet dorthin, hatte sie ihn gefragt. Die Antwort lag auf der Hand: Er versuchte genauso wie Allardyce, die Spuren zu verwischen, die er gemeinsam mit ihr hinterließ, und ein politisch neutrales Land wie die Schweiz als Unterschlupf zu wählen, ergab durchaus Sinn. Constance ließ sich davon jedoch nicht überzeugen. Zuerst hatte sie geweint und dann angefangen zu schweigen, was bis jetzt andauerte.

      »Du müsstest alles haben, was du brauchst«, bemerkte er zaghaft. »Im Laufe dieser Stunde werden außerdem Polizisten vor der Tür postiert. Sie sind ab sofort rund um die Uhr für dich da, aufgeteilt in drei Schichten.«

      »Ich will aber keine Polizisten, ich will meinen Ehemann!«

      »Ich bin spätestens Ende der Woche wieder bei dir, das verspreche ich dir.« Er ging von der Tür zum Bett und setzte

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