Скачать книгу

kränkten die besiegten Römer, als sie nach Capua kamen, weder durch Worte, noch durch die Tat, gaben ihnen vielmehr Nahrung und Pferde, und nahmen sie wie Sieger auf. Sie, welchen sie wegen des durch sie Erlittenen den Sieg nicht wünschten, bemitleideten sie in dem jetzigen Unglück. Die Römer waren auf die Kunde von diesem Unglück in großer Not, und sie wussten nicht, ob sie sich über die Rettung der Soldaten freuen oder ärgern sollten! Sie verwünschten die unwürdige, unerhörte Beschimpfung, zumal durch die Samniten, und hätten lieber die Ihrigen alle verloren gegeben; wenn sie aber bedachten, dass in diesem Fall auch alle Übrigen gefährdet gewesen wären, so kam ihnen doch ihre Rettung nicht unerwünscht.

      Alle Menschen müssen, ohne dass man es ihnen verargen dürfte, auf ihre Rettung bedacht sein, und, wenn sie in Gefahr sind, kein Rettungsmittel unversucht lassen.

      Bei Göttern und Menschen findet Verzeihung, wer wider seinen Willen etwas tut.

      Die Samniten schlossen die Römer in Engpässe ein und nötigten sie zu schimpflichen Verträgen, indem sie dieselben unbewaffnet einzeln durch das Joch ziehen ließen. Die Stadt aber erklärte den Vertrag für nichtig und lieferte die Konsuln, die diesen Vertrag geschlossen hatten, den Feinden aus, indem sie auf sie die Sühne des gebrochenen Vertrages abwälzte.

      Als die Samniten sahen, dass man weder den Vertrag hielt noch sonst erkenntlich war, vielmehr statt der vielen wenige unter Umgehung der eidlichen Verpflichtungen auslieferte, wurden sie äußerst aufgebracht und riefen, die Rache der Götter erflehend, einige namentlich auf, forderten, an ihre Eidschwüre mahnend, die Kriegsgefangenen zurück und hießen sie nackt zu demselben Joch zurückkehren, von dem sie sie aus Mitleid entlassen hatten, damit sie die Heilighaltung ihrer Eide durch die Tat bewiesen; die Ausgelieferten aber schickten sie zurück, sei es, weil sie diejenigen, die nichts verbrochen hatten, nicht verderben oder dem Volk den Eidbruch zuschieben und durch die Bestrafung einzelner Männer die anderen nicht für entbunden erklären wollten; dies taten sie, indem sie auf eine billige Genugtuung hofften.

      85. Im Jahr der Stadt 434 (320 v.Chr.).

      Die Römer wussten den Samniten für die Schonung der Ausgelieferten nicht nur keinen Dank, sondern begannen, als hätten sie dadurch eine neue Unbill erlitten, voll Erbitterung den Krieg, besiegten sie und taten ihnen dieselbe Strafe an; denn die Waffen sprechen gewöhnlich anderes Recht als die Gesetze; der Sieg ist nicht immer aufseiten der Beleidigten; der Krieg verfügt eigenmächtig alles zum Vorteil des Siegers und verkehrt oft die Satzung des Rechts in das Gegenteil.

      Die Römer besiegten die Samniten und schickten auch ihrerseits die Kriegsgefangenen unter das Joch, indem sie durch Vergeltung gleicher Schmach die ihrige hinlänglich gerächt zu haben glaubten. So zeigte das Glück, das beiden Teilen in kürzester Frist zum Gegenteil umschlug und den Samniten durch die von ihnen mit Schmach Belegten wiedervergalt, seine Allgewalt.

      86. Im Jahr der Stadt 435 (319 v, Chr.).

      Papirius rückte gegen die Samniten ins Feld, schloss sie (in der Stadt) ein und belagerte sie. Als ihm hier einer vorwarf, dass er zu viel Wein trinke, sagte er: »Dass ich kein Säufer bin, ersieht jedermann schon daraus, dass ich am frühesten aufstehe und am spätesten schlafen gehe; weil ich aber bei Tag und bei Nacht für das Gemeinwohl sorge und nicht leicht einschlafe, genieße ich den Wein, um mich in Schlaf zu bringen.«

      Als er einmal selbst die Wachen besuchte und den Anführer der Pränestiner nicht auf dem Posten fand, ließ er ihn kommen und befahl dem Liktor, das Beil bereitzuhalten. Als jener erblasste und erschrak, begnügte er sich mit dessen Furcht und verfügte weiter nichts gegen ihn, sondern befahl dem Liktor, einige Wurzeln neben den Zelten auszurupfen, damit die Vorbeigehenden sich nicht daran stoßen.

      87. Das Glück bleibt meistens einem nicht immer getreu, sondern verführt sogar viele zur Unvorsichtigkeit.

      88. Fabius Rullus. 445 (309 v.Chr.).

      In der Stadt wünschte man den Papirius zum Diktator. Da man aber besorgt war, Rullus möchte ihn wegen dessen, was ihm als Reiterobristen begegnet war, nicht ernennen wollen, bat man ihn durch Abgeordnete, das Gemeinwohl seiner Feindschaft vorzuziehen. Er gab den Abgesandten keinen Bescheid; als es aber Nacht wurde (denn zur Nachtzeit musste herkömmlicherweise der Diktator ernannt werden), erklärte er ihn dazu und erwarb sich dadurch das größte Ansehen.

      89. Im Jahr der Stadt 457 (297 v.Chr.).

      Appius der Blinde und Volumnius gerieten miteinander in Streit; wobei Volumnius, als Appius in der Versammlung gegen ihn äußerte, dass er durch ihn weiser geworden sei und es ihm nicht danke, zugab, dass er weiser geworden sei; dass aber jener an Kriegserfahrung nichts gewonnen habe.

      90. Im Jahr der Stadt 459 (295 v.Chr.).

      Im Augenblick wusste das Volk nicht, sollte es der Wahrsagung glauben oder nicht, denn es wollte überhaupt nicht hoffen, weil es nicht wollte, dass davon irgendetwas geschehe; dagegen wagte es auch nicht, allem den Glauben zu versagen, weil es lüstern nach dem Sieg war; so lebte es nun unter Schrecken und Furcht in der peinlichsten Ungewissheit. Als aber alles nacheinander eintraf, passten sie die Deutung der Erfahrung an, und er selbst suchte aus der Voraussicht des Unbekannten den Ruhm der Weisheiten erlangen.

      91. Im Jahr der Stadt 459 (295 v.Chr.).

      Die Samniten, ergrimmt über die ungünstigen Ergebnisse und nicht verwindend, dass sie immer die Besiegten waren, beschlossen, in einem entscheidenden verzweifelten Kampf entweder zu siegen oder männlich umzukommen. Sie hoben die ganze waffenfähige Mannschaft aus und ließen sie die furchtbarsten Eide schwören, dass sie selbst nicht von der Wahlstatt fliehen und jeden, der es zu tun versuchte, niederstoßen wollten.

      92. Im Jahr der Stadt 463 (291 v.Chr.).

      Auf die Nachricht, dass der Konsul [Quintus] Fabius [Maximus Gurges] eine Schlacht gegen die Samniten verloren habe, wurden die Römer sehr aufgebracht, riefen ihn in die Stadt und zogen ihn zur Rechenschaft. Er wurde in der Volksversammlung heftig angeklagt (seines Vaters Ruhm lag schwerer auf ihm als alle andere Beschuldigungen), und man erlaubte ihm nicht ein Wort zu seiner Verteidigung.

      Der Greis sprach zwar nichts zu des Sohnes Entschuldigung, zählte aber seine und seiner Vorfahren Taten auf und verbürgte sich, dass er nichts so Unwürdiges tun werde. So besänftigte er ihren Zorn, besonders da er die Jugend seines Sohnes zur Entschuldigung anführte.

      Er ging nun sogleich mit ihm zum Heer ab, schlug die auf ihren Sieg stolzen Samniten und eroberte ihr Lager nebst vieler Beute. Die Römer priesen jenen jetzt hoch und ließen dem Sohn auch künftig als Prokonsul den Oberbefehl, nur sollte er den Vater als Unterbefehlshaber bei sich behalten. Ohne Schonung des Alters unterstützte ihn dieser überall mit Rat und Tat; auch die Bundesgenossen gingen, seiner früheren Taten eingedenk, ihm willig an die Hand. Bei all dem merkte man nicht, dass alles durch ihn geschah; er blieb, als wäre er wirklich nur des Sohnes Ratgeber und Untergebener, sehr bescheiden und schrieb allen Ruhm der Taten diesem zu.

      93. Im Jahr der Stadt 463 (291 v.Chr.).

      Die Soldaten, welche mit Iunius und Postumius ausgezogen, erkrankten auf dem Weg; als Ursache wurden die Anstrengungen bei der Fällung des Waldes angegeben. Deswegen zurückgerufen gab er ihnen aber auch hier nicht viel Gehör, indem er sagte, dass der Senat über die Privatleute, aber nicht über die Konsuln zu befehlen habe.

      94. In den Jahren der Stadt 461–468 (293–286 v.Chr.).

      […] Als ihnen endlich die Vornehmen viel mehr, als sie anfangs gehofft hatten, zugestehen wollten, gaben sie sich nicht mehr zufrieden, sondern wurden, je mehr sie jene nachgeben sahen, als hätten sie ein Recht darauf gewonnen, nur noch dreister; und wegen der fortwährenden Zugeständnisse schlugen sie diese, als wären sie notwendig, für nichts mehr an und trachteten nach anderem, indem sie das bereits Errungene als Brücke gebrauchten.

      95. Im Jahr der Stadt 469 (285 v.Chr.).

      Als die Feinde einen zweiten Feldherrn ankommen sahen, waren sie nicht mehr auf das gemeinsame Heil des Heers bedacht, sondern jeder suchte, wie er sich selbst retten möchte, wie es bei Heeren zu geschehen pflegt, die nicht aus einem Volk bestehen, nicht die gleichen Veranlassungen zum Krieg haben noch unter einem Feldherrn stehen; solange

Скачать книгу