Скачать книгу

man müsse den Rheginern zuvorkommen, ehe man von ihnen gefährdet werde; wenn man sie unversehens überfalle, könnten sie schwerlich Widerstand leisten. Die einen stürzten jetzt in ihre Quartiere, die anderen in die Häuser und machten die meisten nieder. Einige wenige lud Decius zum Gastmahl und tötete sie.

      105. Der Befehlshaber der Besatzung, Decius, ermordete die Rheginer und schloss ein Bündnis mit den Mamertinern, indem er sie, die sich der gleichen Tat vermessen hatten, für die treusten Bundesgenossen hielt, weil ihm die Erfahrung sagte, dass viele Menschen sich wegen gleicher Verbrechen einander weit enger zusammenschließen, als es bei rechtmäßiger Genossenschaft und Verwandtschaft zu geschehen pflegt.

      Die Römer kamen deswegen in bösen Leumund, bis sie endlich gegen sie zu Felde rückten; weil sie nämlich durch wichtigere und dringlichere Angelegenheiten beschäftigt waren, glaubten einige, dass sie gar nichts aus der Sache machen wollten.

      106. Die Römer gerieten auf die Nachricht, dass Pyrrhos komme, in große Furcht, denn sie hörten von ihm, dass er ein guter Kriegsmann sei und ein kriegerisches, noch nie besiegtes Heer befehlige; wie es zu gehen pflegt, wenn man sich nach unbekannten, durch den Ruf gepriesenen Männern erkundigt.

      Menschen, die unter verschiedenen Sitten aufgewachsen sind und nicht dieselben Begriffe von Schlecht und Gut haben, können sich niemals befreunden.

      Ehrgeiz und Argwohn sind die beständigen Begleiter der Tyrannen, weshalb sie auch keinen wahrhaften Freund haben können; denn wer beargwöhnt und beneidet wird, kann nicht von Herzen lieben. Die gleiche Sinnesart und Lebensweise, dass man auf demselben Weg sein Glück und Unglück findet, macht allein wahre und beständige Freunde; gebricht es an einem dieser Dinge, so wird man bloß den äußeren Schein, keine zuverlässige Stütze der Freundschaft finden.

      107. Wenn die Feldherrnkunst über ansehnliche Mittel verfügt, so trägt sie sehr viel zur Rettung und zum Sieg bei; für sich allein aber vermag sie nichts; denn auch keine andere Kunst richtet ohne den Dienst und die Beihilfe anderer etwas aus.

      Publius Valerius bekam die Kundschafter des Pyrrhos gefangen und ließ sie, nachdem sie sich im Lager gehörig umgesehen hatten, unversehrt frei, um dem Pyrrhos die schöne Haltung des Heeres und gegen welche und in welcher Zucht gehaltene Männer er zu streiten hätte, zu verkündigen.

      Als Megakles gefallen war und Pyrrhos den Hut abwarf, änderte sich das Glück der Schlacht. Denn den einen gab die Rettung des Königs, und dass er gegen ihre Hoffnung nach solcher Gefahr noch am Leben war, weit mehr Mut, als wenn man ihn gar nicht gefallen geglaubt hätte.

      Die anderen, zum zweiten Mal getäuscht, verloren den guten Willen, da sie wiederum vergeblich Mut gefasst hatten und wegen dieses plötzlichen Übergangs zur Furcht vor Schlimmerem auch nicht mehr hofften, dass er sich später wieder ermannen werde.

      108. Als einige Pyrrhos zum Sieg beglückwünschten, nahm er zwar die Ehre des Kampfes hin, sagte aber, wenn er einen zweiten Sieg wie diesen erkämpfe, sei er verloren. – Auch erzählt man von ihm, dass er die besiegten Römer bewundert und denselben vor seinen Soldaten mit folgenden Worten den Vorzug gegeben habe: »Den ganzen Erdkreis wollte ich überwältigen, wenn ich König der Römer wäre.«

      Pyrrhos ließ die in der Schlacht gefallenen Römer mit aller Sorgfalt beerdigen. Den Ausdruck von Trotz bewundernd, der auf den Gesichtern der Männer lag, und dass sie alle Wunden vorne am Körper hatten, soll er die Hände zum Himmel gehoben und um solche Bundesgenossen gebeten haben. Denn so würde er leicht den ganzen Erdkreis bezwingen.

      Dieser Sieg verherrlichte den Pyrrhos und machte ihm einen so großen Namen, dass viele, die bisher parteilos geblieben waren, zu ihm übertraten und alle säumigen Bundesgenossen sich bei ihm einstellten. Zwar zeigte er keinen offenen Ärger über sie, vermochte aber doch sein Misstrauen nicht ganz zu verbergen; stattdessen machte er ihnen Vorwürfe über ihre Lässigkeit, doch so, dass er sie sich nicht entfremdete. Denn hätte er nichts geäußert, so müssten sie ihn, glaubte er, für einen Toren halten, der nicht einsehe, dass sie sich verfehlten, oder argwöhnen, dass er geheimen Groll wider sie trage, und ihn deshalb verachten oder hassen und ihm nachstellen, um seiner Rache vorzubeugen. Daher sprach er freundlich mit ihnen und teilte ihnen selbst von der Beute etwas zu.

      109. Im Jahr der Stadt 475 (279 v.Chr.).

      Pyrrhos suchte anfangs die gefangenen Römer, deren er viele hatte, zu überreden, unter ihm gegen Rom zu dienen. Da sie sich aber weigerten, suchte er sie auf jede Weise zu gewinnen, ließ keinen fesseln noch ungütig behandeln, sondern wollte sie ohne Lösegeld freilassen und sich durch sie ohne weiteren Kampf der Ergebenheit der Stadt versichern.

      Die Römer, welche die Elefanten, da sie noch nie zuvor solche Tiere gesehen hatten, in Schrecken versetzten, gewannen bei dem Gedanken, dass auch sie sterblich seien und dass kein Tier dem Menschen überlegen sei, sondern wenn auch nicht seiner Gewalt, doch seiner List unterliege, wieder Mut.

      Die Soldaten des Pyrrhos waren teils aus angeborener Raubsucht, teils weil sie als Bundesgenossen kamen, sehr aufs Plündern erpicht, zumal sie nur zuzugreifen brauchten und nichts dabei zu fürchten hatten.

      Die Epiroten, unwillig darüber, dass sie, unter großen Hoffnungen ausgezogen, nichts als Anstrengungen hatten, plünderten selbst in Freundesland und leisteten dadurch der Sympathie für die Römer großen Vorschub. Denn die Bewohner Italiens, welche der Partei Pyrrhos’ beigetreten waren, wurden ihm entfremdet, da sie sahen, dass sie ohne Unterschied das Gebiet der Verbündeten wie der Feinde verheerten; denn sie richteten ihr Augenmerk mehr auf das, was Pyrrhos tat, als auf das, was er verhieß.

      Pyrrhos fürchtete sehr, von den Römern in unbekannten Gegenden eingeschlossen zu werden,24 und als sich seine Bundesgenossen darüber aufhielten, sagte er, er sehe an dem Land selbst, wie weit sie von den Römern abstünden, denn das jenen unterstehende Land habe allerlei Bäume, Weinpflanzungen und kostbare Landbauarbeiten, das seiner Freunde aber sei so verheert, dass man ihm nicht einmal ansehe, dass es jemals bewohnt worden sei.

      112. Als er bei seiner Rückkehr das Heer des Laevinus weit stärker als das frühere sah, meinte er, die niedergehauenen Heere der Römer wüchsen wie die der Hydraköpfe wieder nach. Er wagte deshalb keine Schlacht, stellte sich zwar in Schlachtordnung auf, griff aber nicht an.

      113. Auf die Nachricht, dass der Gefangenen wegen Gesandte kämen und sich unter diesen Fabricius befinde, schickte er ihnen, um sie vor Misshandlungen der Tarentiner zu schützen, bis an die Grenzen eine Bedeckung entgegen und holte sie dann noch in Person ein. Er führte sie in die Stadt, bewirtete sie herzlich und behandelte sie sehr zuvorkommend; indem er hoffte, sie würden um Frieden bitten und Bedingungen, wie sich von Besiegten erwarten ließ, annehmen.

      Als aber Fabricius erklärte: »Die Römer haben uns gesandt, um die Rückgabe der in der Schlacht Gefangenen zu unterhandeln und für sie ein Lösegeld zu zahlen, über welches beide Teile übereinkommen würden, war er sehr verlegen, weil er nicht sagte, sie kämen, um Friedensanträge zu stellen. Er ließ sie abtreten und beriet sich mit seinen Vertrauten, die er beizuziehen pflegte, über die Rückgabe der Gefangenen, hauptsächlich aber über den Krieg und die Führung desselben, ob er ihn mit aller Macht verfolgen oder auf irgendeine Weise […] – »[…]25 zu richten und in ungewisse Kämpfe und Schlachten zu stürzen. Deswegen, Milo, folge mir und meinem erfahrenen Rat, und wende überall, wo es angeht, lieber Weisheit als Gewalt an. Denn Pyrrhos versteht alles, was zu tun ist, aufs Beste und braucht nicht erst von uns darauf gebracht zu werden.« So sprach er, und alle stimmten ihm zu, besonders da sie auf diesem Wege weder zu Schaden noch in Gefahr kamen, auf dem anderen aber beides zu befürchten hatten. Auch Pyrrhos war dieser Ansicht und sprach zu den Gesandten: »Weder habe ich euch früher willentlich bekriegt, Römer, noch tue ich es jetzt. Es ist mir alles an eurer Freundschaft gelegen, und deshalb entlasse ich die Gefangenen alle ohne Lösegeld und schließe Frieden.« Hierauf bezeigte er ihnen noch besonders alle Auszeichnung, damit sie ihm geneigt würden oder wenigstens den Frieden daheim bewirken möchten.

      Pyrrhos suchte nicht nur die anderen für sich zu gewinnen, sondern besprach sich auch mit Fabricius auf folgende Weise: »Ich brauche nicht länger mit euch Krieg zu führen, Fabricius; ja ich bereue sogar, dass ich mich von Anfang an von

Скачать книгу