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in der Lage, selbst nach Steinhausen zu fahren.«

      *

      Livia erschien pünktlich zu ihrem Termin, und sie mußte auch nicht lange warten, bis sie ins Sprechzimmer gerufen wurde. Dr. Daniel erhob sich hinter seinem Schreibtisch und reichte ihr höflich die Hand, dann wartete er, bis sie auf einem der beiden Sessel Platz genommen hatte, die dem Schreibtisch gegenüberstanden.

      »Nun, Frau Mangano, wie fühlen Sie sich?« erkundigte er sich, nachdem er sich ebenfalls wieder gesetzt hatte.

      »Ausgezeichnet, danke«, antwortete Livia überschwenglich. »Die Schwangerschaft bereitet mir keinerlei Probleme.«

      Dr. Daniel nickte. »Das ist schön. Dann können wir ja gleich in den Untersuchungsraum hinübergehen.«

      Livia zögerte. »Muß das sein? Ich meine…, wenn alles gut läuft, dann…«

      »Tut mir leid, Frau Mangano«, fiel Dr. Daniel ihr ins Wort. »Diese Untersuchung ist nicht zu umgehen.« Er lächelte beruhigend. »Ich verstehe schon, daß es nicht besonders angenehm ist, sich auf dem gynäkologischen Stuhl zu präsentieren, aber gerade in der Schwangerschaft ist die körperliche Untersuchung besonders wichtig.«

      Livia seufzte. »Na schön. Gehen wir also hinüber.«

      Sie trat hinter den Wandschirm und entkleidete sich. Dabei bemerkte sie, daß ihr Slip schon wieder blutverschmiert war. Rasch kramte sie in ihrer Handtasche nach einem Papiertaschentuch und wischte sich so sorgfältig wie möglich ab, in der Hoffnung, daß Dr. Daniel vielleicht nichts bemerken würde.

      Er wäre allerdings ein schlechter Gynäkologe gewesen, wenn er nicht sofort gesehen hätte, was mit Livia los war.

      »Sie haben Blutungen«, stellte er fest, dann sah er sie mit gerunzelter Stirn an. »Haben Sie das denn noch nicht bemerkt?«

      Livia schüttelte den Kopf, konnte aber nicht verhindern, daß sie unter Dr. Daniels forschendem Blick leicht errötete. Und dem Arzt entging das auch nicht, doch er ließ sich zu keinem Kommentar hinreißen.

      »Ich werde Sie sofort in die Klinik von Dr. Sommer überweisen«, erklärte er. »Sie brauchen strikte Bettruhe, sonst könnte es sein, daß Sie Ihr Baby verlieren. Außerdem sind Sie bei Dr. Sommer in Bezug auf die medizinische Betreuung bestens aufgehoben.«

      Livia erschrak sichtlich, hatte sich aber rasch wieder in der Gewalt. Der Gedanke, daß Dr. Daniel sie gleich in ein Krankenhaus überweisen würde, war ihr nicht gekommen, und nun überlegte sie fieberhaft, wie sie die drohende Gefahr abwenden konnte.

      »Aber, Herr Doktor, ich… ich möchte in keine Klinik«, wehrte sie ab. »Kann ich mich denn nicht zu Hause hinlegen? Ich verspreche Ihnen auch, daß ich brav im Bett bleibe.« Und dabei hoffte sie inständig, daß Dr. Daniel nicht bemerken würde, warum sie unter keinen Umständen in ein Krankenhaus gehen wollte.

      Dr. Daniel sah die junge Frau prüfend an, und eine innere Stimme warnte ihn, ihrem Wunsch nachzugeben, doch was blieb ihm schon anderes übrig? Er konnte Livia Mangano nicht zwingen, in eine Klinik zu gehen.

      »Es ist riskant«, gab er zu bedenken. »Und ich würde Ihnen dringend raten, die Klinik von Dr. Sommer aufzusuchen. Es wäre für Sie und das Baby mit Sicherheit am besten.«

      »Ich weiß, Herr Doktor«, meinte sie. »Aber ich möchte trotzdem zu Hause bleiben. Da fühle ich mich nun mal am wohlsten, und das kann für das Baby und mich doch auch nicht schlecht sein, oder?« Sie schwieg einen Moment, aber nach dem Dr. Daniel nichts erwiderte, setzte sie hinzu: »Ich werde mich auch ganz bestimmt schonen, das verspreche ich Ihnen.«

      Dr. Daniel seufzte. »Also schön, Frau Mangano. Ich verlasse mich darauf, daß Sie vernünftig sein und wirklich das Bett hüten werden. Können Sie von hier abgeholt werden?«

      »Das ist nicht nötig, Herr Doktor«, entgegnete sie. »Ich bin ja auch hergefahren und…«

      »Frau Mangano, mit Blutungen während der Schwangerschaft ist nicht zu scherzen«, fiel Dr. Daniel ihr ins Wort. »Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter. Ich sage es Ihnen noch einmal: Sie sind in Gefahr, Ihr Baby zu verlieren. Also, können Sie abgeholt werden?«

      Dr. Daniels strenge Stimme hatte Livia tatsächlich ein wenig eingeschüchtert.

      »Ich werde ein Taxi nehmen«, gab sie nach. »Mein Auto kann Ricky im Laufe der Woche abholen.«

      Dr. Daniel nickte. »Gut. Sie fahren nach Hause und legen sich sofort ins Bett. Und wenn die Blutungen trotz Bettruhe bis Freitag nicht aufhören, dann rufen Sie mich an.«

      »Ja, Herr Doktor«, stimmte Livia gehorsam zu, und dabei rieb sie sich innerlich schon die Hände, weil alles so hervorragend klappte. Natürlich würde sie Dr. Daniel nicht anrufen. Und am Samstag stand das große Springturnier an, bei dem sie mit ihrer Stute Silanka teilnehmen würde. Spätestens an diesem Tag würde sie ihr Baby verlieren, und künftig würde sie aufpassen wie ein Schießhund, damit sie niemals wieder schwanger werden würde…

      *

      Die Anzeichen waren untrüglich, trotzdem wagte Marina kaum, an ihr Glück zu glauben. Sollte sich ihr größter Wunsch tatsächlich erfüllen?

      »Frau Neumeister, kann ich morgen vormittag frei haben?« fragte sie ihre Chefin gleich nach der Mittagspause. »Ich muß zum Arzt.«

      Gesine Neumeister erschrak sichtlich. »Sie sind doch nicht etwa krank? Gerade jetzt… der vorweihnachtliche Betrieb fängt ja schon an und…«

      »Keine Sorge«, beruhigte Marina sie. »Es ist ein reine Routineuntersuchung.« Von ihrem Verdacht äußerte sie vorerst lieber noch nichts.

      »Na dann… selbstverständlich können Sie Ihren Arztbesuch hinter sich bringen.«

      »Danke, Frau Neumeister«, erklärte Marina und konnte dabei kaum noch erwarten, daß dieser Tag endlich verging. Sie wollte unbedingt Gewißheit haben.

      Gleich am folgenden Morgen fuhr sie zur Praxis von Dr. Daniel. Sie hatte sich zwar nicht angemeldet, hoffte aber, daß er sie trotzdem nicht abweisen würde.

      Die Empfangsdame schien über Marinas unverhofftes Auftauchen allerdings nicht sehr erfreut zu sein. »Da haben Sie sich heute ja genau den richtigen Tag ausgesucht«, entfuhr es ihr. »Das Wartezimmer ist brechend voll.« Sie zögerte, dann erkundigte sie sich: »Ist es wirklich so dringend, Frau Kampe?«

      Marina schluckte. »Tja, ich…, ich glaube, ich bin schwanger.«

      In diesem Moment trat die Sprechstundenhilfe Lena Kaufmann aus dem Labor. Sie hatte mitbekommen, worum es ging.

      »Einen Schwangerschaftstest kann ich auch vornehmen, Frau Kampe«, erklärte sie mit einem freundlichen Lächeln. »Wenn Ihnen das Ergebnis vorerst genügt, dann müssen Sie den Herrn Doktor heute nicht unbedingt aufsuchen. Frau Meindl wird Ihnen aber noch für diese Woche einen Termin geben.«

      Marina druckste ein wenig herum. »Wissen Sie, es ist… ich bin heute extra vom Geschäft weggeblieben… und wenn ich diese Woche noch einmal…«

      »Wir können den Termin bei Dr. Daniel auch abends machen«, schlug Lena Kaufmann vor.

      Da lächelte Marina. »Ja… wenn das geht…«

      »Natürlich«, versicherte Lena. »Am Donnerstag ist Dr. Daniel bis sieben Uhr in der Praxis. Schaffen Sie das?«

      Marina nickte eifrig. »Ich habe um sechs Schluß, und in einer Viertelstunde kann ich hier sein.«

      »Prima. Dann kommen Sie jetzt mit mir ins Labor, Frau Kampe.«

      Lena Kaufmann ging voraus, beschriftete einen Plastikbecher mit Marinas Namen und bat sie um eine Urin­probe. Wenige Minuten später stand das Ergebnis bereits fest. Es war eindeutig positiv.

      In Marinas hübschem Gesicht ging die Sonne auf.

      »Positiv?« stammelte sie. »Das heißt… ich bekomme ein Baby? Wirklich ein Baby?«

      Obwohl sie ja schon mit dieser

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