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nickte. »Ja, sie ist soweit wiederhergestellt. Die Operation hatte sie gut überstanden, aber es dauerte noch eine ganze Weile, bis sie ihre Arbeit wieder erledigen konnte. Eine kanadische Farm zu leiten ist kein Kinderspiel. Das habe ich in den vergangenen zehn Monaten nur zu deutlich gemerkt.« Nachdenklich blickte sie vor sich hin. »Ich habe sie ja schon damals bewundert, als sie nach Onkel Georges Tod beschlossen hatte, die Farm allein weiterzuführen, aber seit ich weiß, welche Arbeit dabei dahintersteckt, ist meine Bewunderung für sie ins Grenzenlose gestiegen.« Dann sah sie Marina wieder an. »Und du? Was hast du in diesen zehn Monaten getrieben?«

      »Nicht viel«, meinte Marina. »Wie du siehst, arbeite ich noch immer hier in der Boutique und sonst… na ja, viel Neues gibt es nicht von mir zu erzählen.«

      Annemarie zwinkerte ihr zu. »Nicht verliebt? Bei deinen Briefen stand da so einiges zwischen den Zeilen.«

      Marina errötete. »Stimmt schon, es gibt da jemanden. Er heißt Gerhard. Dreißig Jahre alt, und ein Mann wie Samt und Seide.«

      »Meine Güte, du bist ja noch immer hoffnungslos romantisch. Ein Mann wie Samt und Seide. Das hört sich nach baldiger Hochzeit an.«

      Marina winkte ab. »Da haben wir schon noch Zeit. Immerhin bin ich erst zweiundzwanzig.«

      Annemarie konnte ihre Neugierde nun nicht mehr zügeln. »Sag mal, hast du kein Foto von dem samtseidenen Mann dabei?«

      Marina lachte. »Doch, natürlich.« Sie holte ihre Geldbörse hervor und entnahm ihr ein kleines Bild. »Hier, das ist er.«

      Rasch griff Annemarie nach dem Foto.

      »Gerhard Riedl!« stieß sie überrascht hervor.

      »Du kennst ihn?«

      Annemarie nickte. »Das kann man wohl sagen. Immerhin ist er mit einer Schulfreundin von mir verheiratet… das heißt, möglicherweise ist er ja schon wieder geschieden, sonst könnte er schließlich nicht mit dir zusammensein.«

      Der Schreck war Marina in alle Glieder gefahren. Gerhard hatte nie etwas davon gesagt, daß er schon einmal verheiratet gewesen war.

      »Du hattest keine Ahnung«, stellte Annemarie fest, als sie das blasse Gesicht ihrer Freundin richtig deutete, und dabei stieg Mitleid in ihr auf. Warum mußte Marina nur immer an die falschen Männer geraten? »Er hat dir seine erste Ehe also verschwiegen.«

      Marina nickte. »Vielleicht… ich meine…, ich habe ihn ja auch nie gefragt…«

      »Kunststück. Wer fragt einen Mann auch gleich, ob er schon einmal verheiratet war?« Dann legte Annemarie einen Arm um Marinas Schultern. »Komm, nimm das nicht so tragisch. Viele Menschen sind geschieden. Ihr könnt ja deswegen trotzdem heiraten und glücklich werden.«

      Doch das war noch Marinas kleinstes Problem. Viel besorgniserregender war für sie der Gedanke, Gerhard könnte vielleicht nicht einmal geschieden sein…

      *

      »Hallo, Liebes, tut mir leid, daß ich mich verspätet habe.«

      Mit einem strahlenden Lächeln und einem zärtlichen Kuß begrüßte Gerhard Riedl seine Freundin, doch Marina war heute nicht so anschmiegsam wie sonst.

      »Hast du irgend etwas?« fragte Gerhard besorgt, während er sich mit gespreizten Fingern durch das dunkelblonde Haar fuhr. »Bist du sauer, weil ich so spät komme?«

      »Nein, Gerd, es ist nur…, ich muß mit dir sprechen.«

      Gerhard zog die Augenbrauen hoch. »Nanu, so ernst heute? Also dann, setzen wir uns ins Wohnzimmer. Da läßt es sich gemütlicher plaudern.«

      Doch Marina hatte alles andere als eine gemütliche Plauderstunde im Sinn.

      »Du hast eine Frau.«

      Drohend stand dieser eine Satz im Raum, und Marina bemerkte, wie Gerhard förmlich in sich zusammenkroch.

      »Woher… ich meine, wer hat dir das gesagt?« wollte er dann wissen.

      »Es stimmt also. Du bist verheiratet.«

      Obwohl sie die Worte nach außen hin so ruhig und gelassen aussprach, tobte in ihrem Innern ein Wirbelsturm. Sollte sie denn schon wieder von einem Mann enttäuscht werden?

      »Ach, Liebes, das ist so eine Sache«, wich Gerhard aus. »Sieh mal, Veronika und ich haben geheiratet, da war ich gerade erst vierundzwanzig. Wir glaubten beide an die große Liebe, aber… viel ist davon nicht mehr übriggeblieben. Wir leben seit fast einem Jahr getrennt.«

      Doch Marina blieb skeptisch. »Warum hast du mir das nicht erzählt?«

      Gerhard zuckte die Schultern. »Ich hielt es nicht für wichtig. Schau, Marina, unsere Ehe besteht nur noch auf dem Papier. Die Scheidungsanwälte sind schon beauftragt. Es ist wirklich nur noch eine Frage der Zeit, bis ich wieder frei bin.« Er zog sie in seine Arme. »Für dich, Liebling.«

      »Ist das auch wirklich wahr?« vergewisserte sich Marina.

      »Natürlich ist es wahr«, versicherte Gerhard mit Nachdruck, dann lachte er. »Du willst es dir von Veronika hoffentlich nicht noch bestätigen lassen.«

      Auch Marina brachte jetzt ein Lächeln zustande. »Nein, Gerd, natürlich nicht.«

      »Fein. Dann ist wieder alles in Ordnung?«

      Marina nickte, zögerte einen Moment und beugte sich dann zu Gerhard hinüber, um ihn zärtlich zu küssen.

      »Ich liebe dich, Gerd«, raunte sie ihm ins Ohr. »Wenn ich dich verlieren würde… ich wüßte nicht, was ich ohne dich anfangen sollte.«

      »Ich kann mir doch ein Leben ohne dich auch nicht mehr vorstellen«, entgegnete Gerhard. »Und ich verspreche dir, daß wir so bald wie möglich heiraten werden.«

      *

      Livia Mangano hatte in den vergangenen vier Wochen genau das getan, was sie als Schwangere eigentlich nicht tun sollte. Sie hatte geraucht, Alkohol getrunken und war voller Elan ihren beiden Hobbys, Tennisspielen und Reiten, nachgegangen. Zwei Tage vor dem Termin bei Dr. Daniel traten dann die ersten Schmierblutungen auf, doch das war für sie kein Grund, sich jetzt zu schonen – ganz im Gegenteil. Sie glaubte sich schon fast am Ziel ihres Vorhabens angelangt.

      »Liebling, morgen hast du doch den Termin bei Dr. Daniel«, meinte Ricky, als sie abends noch gemütlich zusammensaßen. »Soll ich dich begleiten?«

      »Nein, Ricky, das ist wirklich nicht nötig«, wehrte Livia hastig ab. Das hätte ihr ja gerade noch gefehlt! Schließlich wußte sie genau, was Dr. Daniel morgen sagen würde, und es wäre für ihren Plan nicht gerade gut gewesen, wenn Ricky diese Worte ebenfalls hören würde.

      »Na ja, wenn du meinst«, entgegnete Ricky gedehnt. »Ich dachte nur… die Fahrt von München nach Steinhausen… in deinem Zustand.«

      Da lachte Livia. »Ach was, ich bin doch nur schwanger, und eine Schwangerschaft ist keine Krankheit. Wenn ich mal im siebten oder achten Monat sein werde, dann kannst du mich noch genug chauffieren.«Abgesehen davon, daß es gar nicht soweit kommen wird, dachte sie.

      Ricky zögerte einen Moment, dann sprach er seine Gedanken doch aus. »Und wenn du dir einen Gynäkologen hier in München suchst? Vielleicht sogar einen, der Belegbetten in einer Klinik hat?«

      Livia schüttelte bestimmt den Kopf. »Nein, Ricky, das möchte ich nicht. Weißt du, als ich gerade sechzehn war, stand die erste Frauenarztuntersuchung bei mir an. Damals wohnten wir noch in Steinhausen, und Dr. Daniel war der einzige Gynäkologe am Ort. Ich hatte schreckliche Angst vor diesem ersten Termin, aber Dr. Daniel war so vorsichtig und rücksichtsvoll, daß die Untersuchung nur halb so schlimm war, wie ich befürchtet hatte Und jetzt würde ich um keinen Preis der Welt zu einem anderen Arzt gehen. Dr. Daniel ist ein erstklassiger Gynäkologe, und – was noch viel wichtiger ist – zu ihm habe ich volles Vertrauen.« Und in diesem Punkt sagte sie ausnahmsweise sogar einmal die Wahrheit.

      Ricky nickte. »Dafür habe ich natürlich Verständnis.« Er sah

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