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haben.«

      Impulsiv griff Melissa an ihren Bauch. »Trotzdem habe ich das Gefühl, als wäre ich immer noch dicker als früher.«

      »Das sind Sie auch«, stimmte Dr. Scheibler zu. »Zum einen konnte ich nur einen Teil des Wassers entfernen, und zum anderen bildet es sich immer wieder neu, solange die Ursache nicht erfolgreich bekämpft worden ist. Aber das werden wir bei der Operation am Donnerstag ja machen.« Er zog sich einen Stuhl an das Bett seiner Patientin und setzte sich. »Heute stehen aber erst mal Sonographie und CT an. Wissen Sie, was das ist?«

      »Sonographie ist Ultraschall, soviel ich weiß.«

      »Richtig, Frau Feller. Es ist im Grunde dasselbe, was Ihr Gynäkologe auch schon gemacht hat, aber Professor Thiersch verläßt sich grundsätzlich nicht auf Untersuchungsergebnisse von außerhalb. Das hat nichts mit Mißtrauen zu tun, aber er will sämtliche Untersuchungen hier in der Klinik durchführen lassen, damit er sich ein eigenes Bild von der Situation machen kann.«

      »Warum erzählen Sie mir das alles?« fragte Melissa.

      Dr. Scheibler lächelte. »Sie wollen doch bestimmt wissen, was mit Ihnen geschieht, oder?«

      Melissa zuckte die Schultern. »Ich bin nicht sicher. Vielleicht ist es besser, nicht zu viel zu wissen.«

      Dr. Scheibler betrachtete sie und fühlte Mitleid mit dieser Frau, die doch nur knapp zehn Jahre älter war als er. Dann zwang er seine Gedanken wieder auf das, was er seiner Patientin zu sagen hatte.

      »Heute nachmittag nehmen wir dann das CT vor«, fuhr er fort. »CT bedeutet Computertomographie. Sie werden zu diesem Zweck in eine Art Röhre geschoben, die uns sehr deutliche Aufnahmen Ihres Körpers liefert. Zuvor müssen Sie, verteilt auf eine Stunde, einen Liter Kontrastmittel trinken. Das ist nicht ganz angenehm, aber es muß sein.«

      Melissa nickte nur. Diese ganzen Untersuchungen machten ihr Angst. Irgendwie rechnete sie immer damit, daß die Ärzte sagen könnten, eine Operation sei nicht mehr möglich und sie müsse sterben.

      Jetzt stand Dr. Scheibler auf. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«

      »Nein«, antwortete Melissa, verbesserte sich jedoch sofort: »Das heißt ja.« Sie senkte ein wenig verlegen den Kopf. »Werden Sie diese Untersuchungen durchführen?«

      Die Frage erstaunte Dr. Scheibler ein wenig. »Ja, warum?«

      »Nun… es ist… ich habe ein bißchen Angst vor dem Professor.«

      Dr. Scheibler lächelte. »Das geht den meisten Patienten so, aber Sie müssen Professor Thiersch nicht fürchten. Er tut nur so ruppig. In Wirklichkeit liegt ihm das Schicksal seiner Patienten sehr am Herzen. Dann ging er zur Tür, doch dort drehte er sich noch einmal um. »Also, Frau Feller, Sie ruhen sich jetzt noch ein bißchen aus, und in einer Stunde holt Sie ein Pfleger zur Sonographie ab. Und wundern Sie sich bitte nicht, wenn Sie nichts zu essen bekommen. Das ist für das anschießende CT notwendig.«

      Dann war sie wieder allein – allein mit ihrer Angst und Sorge. Die Stunde dehnte sich endlos hin, und so war Melissa direkt froh, als endlich der Pfleger hereinkam und sie zu den anstehenden Untersuchungen abholte.

      Und das Ergebnis dieser Untersuchungen bestätigte Dr. Daniels Diagnose.

      »Das sieht schlimm aus«, urteilte Professor Thiersch, als Dr. Scheibler ihm die Aufnahmen zeigte.

      Auch der Oberarzt der Klinik, Dr. Rolf Heller, den der Professor ebenfalls zu dieser Besprechung gerufen hatte, nickte zustimmend.

      »Das wird eine sehr schwierige Operation«, meinte er. »Und wenn Blasen- und Darmspiegelung noch einen negativen Befund ergeben, dann können wir sie sowieso gleich bleiben lassen.«

      Professor Thiersch kratzte sich am Kopf. Er haßte solche Prognosen, andererseits mußte er dem Oberarzt in der Sache recht geben. Wenn sich in Blase oder Darm ebenfalls bösartige Wucherungen zeigten, dann war eine Operation wirklich bereits sinnlos.

      »Verdammt«, knurrte der Professor aus diesen Gedanken heraus. »So weit hätte es gar nicht kommen dürfen. Wäre sie doch nur früher zu Daniel gegangen.« Dann schaltete er den beleuchteten Schirm ab und wandte sich den beiden Ärzten zu. »Also, Scheibler, Sie führen morgen die Spiegelungen durch, und wenn sich hier kein negativer Befund ergibt, dann setzen wir die Operation für Donnerstagfrüh an. Ich werde operieren, Heller erste Assistenz, Scheibler zweite Assistenz. Noch Fragen?«

      Das war nicht der Fall, dann war alles klar, und daß Dr. Scheibler sich insgeheim ärgerte, weil er wieder nur für die zweite Assistenz eingeteilt worden war, ließ er sich nicht anmerken.

      *

      Dr. Daniel war noch mitten in der Sprechstunde, als das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Er entschuldigte sich bei der jungen Patientin, mit der er gerade gesprochen hatte, und ging an den Apparat.

      »Entschuldigen Sie die Störung, Herr Doktor«, erklärte seine junge Empfangsdame Gabi Meindl. »Ich habe Herrn Professor Thiersch in der Leitung. Er behauptet, es wäre dringend. Übernehmen Sie?«

      »Selbstverständlich«, entgegnete Dr. Daniel und drückte auf den Knopf, der das Gespräch auf seinen Apparat legte. »Herr Professor?«

      »Guten Tag, Daniel«, grüßte Professor Thiersch barsch wie immer. »Sie haben da ein recht zähes Telefonfräulein. Ich mußte meine ganze Energie aufwenden, um zu Ihnen durchgestellt zu werden.«

      Dr. Daniel konnte sich sehr lebhaft vorstellen, wie diese »Energie« ausgesehen hatte. Vermutlich hatte Professor Thiersch die arme Gabi ganz schön zur Schnecke gemacht.

      »Ich habe allerdings wirklich einen guten Grund für meinen Anruf«, fuhr Professor Thiersch fort. »Das CT, das wir bei Frau Feller durchgeführt haben, war sehr aufschlußreich. Es handelt sich da leider um einen äußerst schwierigen Fall. Bei der Tomographie war deutlich zu sehen, daß nicht nur das Bauchfell, sondern auch bereits Magen und Leber angegriffen sind. Wie schlimm es tatsächlich aussieht, können wir wohl erst nach der Operation sagen, aber die Chancen der Frau stehen – unter uns gesagt – nicht sehr gut.«

      Dr. Daniel sackte auf seinem Stuhl förmlich zusammen. Natürlich hatte auch er damit rechnen müssen, daß nach der Operation noch eine Weiterbehandlung mit Chemotherapie nötig sein würde, aber daß es so schlimm um Melissa Feller stand…

      »Morgen stehen noch Blasen– und Darmspiegelung an«, erklärte Professor Thiersch und riß Dr. Daniel damit aus seinen Gedanken. »Und ich muß es Ihnen gleich sagen – wenn sich auch hier bösartige Wucherungen zeigen, dann wird es keine Operation geben.«

      »Das können Sie doch nicht machen!« fuhr Dr. Daniel erregt auf. »Das wäre ja ein …« Todesurteil, hatte er sagen wollen, bremste sich dann aber angesichts der jungen Frau, die bei ihm im Zimmer saß.

      »Ich weiß, was das wäre«, entgegnete Professor Thiersch. »Und es würde mir absolut nicht leichtfallen, aber…« Er seufzte. »Na schön, Sie haben gewonnen. Ich operiere in jedem Fall, auch wenn es noch so aussichtslos ist.«

      »Danke, Herr Professor«, brachte Dr. Daniel mühsam hervor. »Und morgen komme ich auf jeden Fall zu Ihnen in die Klinik.«

      Die beiden Männer verabschiedeten sich, dann legte Dr. Daniel auf. Ihm war nach dem kurzen Gespräch mit Professor Thiersch richtiggehend übel, und er war heilfroh, daß die junge Frau für heute seine letzte Patientin war. Mit Mühe brachte er Gespräch und Untersuchung hinter sich, dann begleitete er die Patientin hinaus.

      »Herr Doktor, ist Ihnen nicht gut?« fragte die Sprechstundenhilfe besorgt, als die junge Frau gegangen war.

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Es geht schon wieder.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich gehe jetzt nach oben. Wenn Sie mich brauchen sollten, dann wissen Sie ja, wo Sie mich finden können.«

      »Ist in Ordnung, Herr Doktor.«

      Dr. Daniel nickte ihr und der Empfangsdame kurz zu, dann verließ er die Praxis, und dabei war er wieder einmal heilfroh, daß es ihm möglich gewesen

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