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      „Vielleicht wollte er seinen Chef irgendwie anschwärzen!“

      „Bewahre! Im Gegenteil, er hat sehr nett von Herrn Gumlowsky gesprochen. – Also – was wollte er hier?“

      Prießkorn blickte auf die Kassenscheine. „Wo fanden Sie die Dinger, Herr Harst?“ antwortete er mit einer Gegenfrage.

      „Auf dem Boden über dem Hühnerstall!“ Er schilderte, was für den Fund des Geldpäckchens in Betracht kam.

      „So so!“ meinte der Berufsdetektiv. „Jedenfalls ist Karl-Ernst Lehmann jetzt des Diebstahls überführt. Dieses Geld hat er Gumlowsky gestohlen.“

      „Sehr wahrscheinlich. Er wollte es los werden und verbarg es hinter dem Maissack,“ erklärte Harst völlig ernst.

      Ich verbiß mir mühsam ein Lächeln. Der gute Prießkorn merkte nicht, daß Harald ihn sehr fein „einwickelte“.

      „Nehmen Sie das Geld nur mit,“ fügte Harst hinzu. „Es gehört ohne Zweifel Herrn Gumlowsky. Ob er den Lehmann gerichtlich belangen lassen wird?“

      „Nein. Er will ihn nur an die Luft setzen.“

      Harald gähnte. Prießkorn verstand den Wink und verabschiedete sich. Das Pappschächtelchen mit dem Gelde steckte er ein. Die Zeitung aber hatte Harald unauffällig bei Seite gelegt.

      Wir begleiteten den Kollegen bis an die Tür des Vorgartens.

      „Ihre Maske ist übrigens ausgezeichnet, Prießkorn,“ sagte Harald noch. Dann stieg der Detektiv in das wartende Auto und fuhr davon.

      Harst schaute dem Auto nach, meinte leise:

      „Ich wußte es! Eine ganz große Sache –! Nun werden wir das Stück Fleisch mal auf Gift untersuchen. Den Umständen nach müßte entweder Karl-Ernst oder einer der beiden Detektive es Ajax hingeworfen haben.“

      „Unsinn! Daran glaubst Du selbst nicht!“ entfuhr es mir. „Gumlowsky ist eben als dritter bei uns im Garten gewesen und hat auch, als wir mit dem jungen Menschen ins Haus gegangen waren, das Päckchen auf dem Körnerboden versteckt, um Karl-Ernst Lehmann in Verdacht des Diebstahls zu bringen.“

      „Dann sind wir einig, mein Alter. Karl-Ernst hat uns nicht belogen, in keinem Punkte! Der Lügner ist Gumlowsky – ein ganz gefährlicher Schurke! Ausgerechnet heute nachmittag nach dem Telephongespräch zwischen dem schwarzen Mar und Lehmann, durch das Gumlowsky schwer bloßgestellt wurde, eilt er zu Prießkorn!“

      Wir waren langsam auf das Haus zugeschritten.

      Harald blieb plötzlich stehen, packte meinen Arm.

      „Da – das Fenster!“

      Und ich sah, wie über den Vorhang des einen erleuchteten Fensters von Harsts Arbeitszimmer blitzschnell ein schwacher Schatten hinglitt.

      „Was bedeutet das?“ flüsterte ich.

      „Wir hätten die Haustür nicht bloß anlehnen, sondern ins Schloß drücken sollen! Es ist jemand bei uns eingedrungen, und – wir haben nicht mal unsere Pistolen bei uns! Vielleicht ist es – der schwarze Mar, der vielleicht mit – Ottmar Orstra identisch ist!“

      „Wie – Orstra?!“

      „Vielleicht! – Gehen wir erst mal in den Flur –“

      Wir traten ein. Die Flurampel brannte.

      Harst zog die Tür zu, schloß ab, legte die Sicherheitskette vor, sagte ganz laut:

      „Der Koffer steht in Deinem Zimmer! Gehen wir und –“

      Er hatte die Tür rechts, die zu meinen beiden Räumen führte, geöffnet.

      Wir standen jetzt in meinem Wohnzimmer. Harst drückte die Tür zu, schob den Riegel vor.

      „Durch das Schlafstubenfenster in den Hof!“ flüsterte er.

      Wir sprangen in den Hof hinab. Harst holte die Leiter, lehnte sie an das Sims seines Schlafstubenfensters und streifte rasch die Schuhe ab.

      Ich tat dasselbe. Dann stiegen wir durch den offenen Fensterflügel in das Schlafzimmer ein.

      Harst zog ganz sacht die Nachttischschublade auf und nahm die neunschüssige Clement heraus.

      Er holte tief Atem.

      „So – nun steht die Partie gleich!“ meinte er. „Nun werden wir uns den Gast näher ansehen!“

      Meine Pistole lag leider auf Harsts Schreibtisch, wo ich sie nach der Entdeckung des Hühnerdiebes hingelegt hatte.

      Harst riß jetzt die Tür nach seinem Arbeitszimmer auf, trat schnell ein und – zielte auch schon auf den Menschen, der genau in derselben Sofaecke saß wie vorhin Kollege Prießkorn.

      In derselben Sofaecke – und genau derselbe Mensch.

      Genau dieselbe Maske – nur der Anzug war dunkler, und die Krawatte schwarz.

      Der Mann hielt die rechte Hand zwanglos im Schoß, und in dieser Hand eine lange, klobige Pistole.

      „Rühren Sie sich nicht!“ warnte Harald.

      Der Mensch lächelte und – hob den rechten Arm.

      Harst drückte ab.

      Das Schloß der Clement gab einen metallischen Klang, als der Schlagbolzen vorschnellte.

      Das war alles. Kein Schuß.

      „Der Patronenrahmen enthält nur Patronenattrappen,“ sagte der Mensch ohne jeden Hohn. „Meine Pistole aber ist geladen und hat den Vorzug, lautlos zu schießen! – Da – ich habe schon zwei Sessel zurechtgerückt. Setzen Sie sich! Ich bin Ottmar Orstra!“

      Harst ließ den Arm sinken.

      „Wir gehorchen, Orstra,“ erklärte er ebenso gelassen. „Ich habe mit Ihnen zu reden.“

      „Machen Sie keine Dummheiten!“ warnte Orstra. „Ich müßte abdrücken. Es geht um meinen Kopf, wenn Sie mich festnehmen. Das weiß ich. Und deshalb darf ich Sie nicht schonen.“

      Wir setzten uns in die beiden Klubsessel Orstra gegenüber.

      „Das Verhältnis zwischen Ihnen, meine Herren, und mir muß jetzt endgültig geklärt werden,“ begann der Verbrecher etwa in demselben Ton, als säße er in einem Salon mit zwei Gästen zusammen, die auf äußerste Höflichkeit Anspruch hatten. „Bevor wir die Verhandlungen beginnen, möchte ich mich gegen Ihre stets neu ersonnenen Tricks, einen Gegner unschädlich zu machen, nach Möglichkeit schützen.“

      Er faßte mit der Linken in die Tasche und warf mir eine kleine Rolle etwa millimeterstarken Drahtes zu.

      „Herr Schraut, Sie werden Ihrem Freunde die Hände fesseln,“ verlangte er etwas energischen Tones. „Ich warne Sie beide nochmals. Die Waffe, die ich hier auf Sie gerichtet halte, ist eine doppelläufige Luftpistole System Maux. Die Durchschlagskraft kommt der einer gewöhnlichen Scheibenpistole gleich. Bei der geringsten verdächtigen Bewegung – doch nein, ich will nicht drohen! Sie werden nicht so unvorsichtig sein, hoffe ich. – Also bitte, Herr Schraut!“

      „Tu’s nur!“ meinte Harst.

      Was blieb mir anderes übrig als zu gehorchen?

      Ich stand auf, wickelte die Rolle Draht auf. Harald hielt mir die Hände hin.

      „Etwas fester!“ sagte Orstra dann. „So – das genügt.“

      Der Rest der Drahtrolle, noch gegen drei Meter, fiel auf den Teppich.

      „Nein – werfen Sie mir den Draht zu, Herr Schraut,“ befahl Orstra ungeduldig.

      Ich tat es. Er griff danach mit der Linken und behielt das Drahtende in der Hand. Der übrige Draht, der noch mit Haralds Handgelenken verbunden war, bildete auf der Tischdecke

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