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Nachbargrundstück trennte. So sah er nur die schlurfenden Füße der Kranken im Schein der Straßenlaternen durch die Zweige der Sträucher; es waren viele.

      Oben an der Haustür klopfte es stetig. Paul drehte sich nach den fünfzehn Stufen und der dürftig verrammelten Tür am oberen Absatz um. Es war ein schwaches Hindernis, doch mehr konnte er nicht tun. Als das Klopfen abbrach, seufzte er erleichtert. Dann nahm er auf der untersten Stufe Platz und schaute sich um. Nur wenige der Werkzeuge im Keller eigneten sich als stumpfe Waffen, doch um sie einzusetzen, würde er dicht herangehen müssen und sich eventuell anstecken, falls er mit kontaminierten Flüssigkeiten in Berührung kam. Das wollte er auf keinen Fall, zumal er sowieso nicht genau wusste, wie sich die Krankheit übertrug, was offensichtlich extrem schnell geschah. Er stützte sein Kinn auf beide Hände und überlegte. Als er dabei zum Kellerfenster aufschaute, hätte er beinahe einen Schrei ausgestoßen: Direkt vor der Scheibe war ein Paar Füße aufgetaucht. Sie bewegten sich aber zurück in den Garten, sodass Paul wieder allein im Dunkeln saß.

      Mehrere Stunden vergingen, bis jemand vorm Haus brüllte. Er trat wieder zum Fenster und sah, dass noch ein Pechvogel unter einer Straßenlampe niedergerungen worden war. Warum zum Kuckuck stellte sich jeder ins Licht, wo es doch im Schatten viel sicherer war? Was für Trottel … Gleich darauf bemerkte Paul, dass seine Hecke wackelte, erkannte aber nicht, woran es lag. Er zog sich vom Fenster zurück, doch zuvor geriet noch etwas Interessantes in Sicht …

      Kapitel 5

      »Chris, auf sechs Uhr!«

      »Was?«

      »Hinter dir!«

      Er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, als eine junge Frau mit blutverschmierten, ausgestreckten Armen auf ihn zustürzte. Sie sah wie knapp unter zwanzig aus und hatte einen grausig zerschnittenen Hals. Chris hob seine .32er an und feuerte, doch sie erreichte ihn, bevor er höher als auf ihr Becken anlegen konnte. So schoss er ihr vergeblich in den Bauch. Sie rempelte ihn an, woraufhin beide zu Boden gingen und sie auf ihn fiel. Dabei verlor er die Pistole und fasste ihr mit beiden Händen an die Kehle. Sie hielt sein Shirt mit ungeheurer Kraft fest, knurrte oder fauchte und versuchte unentwegt, ihn zu beißen. Zuletzt drückte er ihren Kopf mit unbändiger Wucht nach oben, da barst die linke Schläfe auf wie eine ausgequetschte Zitrusfrucht. Einen Sekundenbruchteil später hörte er einen lauten Knall.

      »Steh auf! Da kommen noch mehr!«, rief Rick. Der Vater stand mit seiner Tochter, die sich beide Ohren zuhielt, neben einem Crown Victoria, seinem zivilen Dienstwagen. Er visierte unterdessen weitere Ziele durchs Fernrohr seines halbautomatischen AR-15A3 an. Dann traf er einen älteren Mann, der bis auf zwei schwarze Socken an den Füßen nackt war; dieser kippte mit einem Loch in der Stirn rückwärts um.

      Rick hatte einen simplen Plan ersonnen: So viel wie möglich zusammenpacken und zum Auto gehen. Sie hatten sich jedoch keine zehn Schritte weit vor die Tür gewagt, als Chris mit einem Taschengurt an dem schmiedeeisernen Gitter des Baums hängen- und deshalb stehen geblieben war. Er hatte sich zwar losmachen können, war aber schon von den Infizierten entdeckt worden. Rick bemerkte erst, dass Chris fehlte, als er fünfzig Fuß weiter beim Wagen ankam. Zu dem Zeitpunkt hatten die Kranken den jungen Mann fast erreicht, also musste er feuern.

      Chris wand sich unter dem Gewicht heraus, das auf ihm lastete, hob Pistole und Tasche auf und rannte zum Auto.

      Rick ließ Sam vorn einsteigen und lud das Gepäck in den Kofferraum, während Chris auf der Beifahrerseite hineinsprang und die Tür zuknallte.

      »Mr. Barnes, die verfolgen uns, beeilen Sie sich!«, drängte er.

      Rick schloss den Kofferraum und klemmte sich hinters Steuer. Zwei kostbare Sekunden vergingen, bis er den Schlüssel in die Zündung steckte, und das genügte den Untoten: Als er den Rückwärtsgang einlegte und den Kopf drehte, um nach hinten zu schauen, klatschte auf seiner Seite eine blutige Hand gegen die Windschutzscheibe und hinterließ einen roten Streifen.

      »Anschnallen, Schatz«, sagte er zu Sam. Nachdem er den Schalthebel zurückgezogen hatte, gab er Vollgas und erfasste einen bedauernswerten Zombie mit dem Heck, der daraufhin unter die Räder kam. Sie ließen das Appartementgebäude hinter sich und fuhren Richtung Freeway nach Süden.

      »Kein Plan überlebt die erste Feindberührung …«, zitierte Rick kopfschüttelnd.

      »Helmuth von Moltke der Ältere«, ergänzte Chris.

      »Was?«

      »Helmuth von Moltke, von ihm stammt dieser Satz; er war ein deutscher Generalfeldmarschall.«

      »Hut ab, ich wette, Sie haben bei Jeopardy ständig abgeräumt, nicht wahr?«

      »Habe Politikwissenschaften studiert.«

      Das verdutzte Rick. »Ich dachte, Sie seien eher ein Computertyp.«

      »Bin ich auch. Können Sie sich vorstellen, wie schwierig es ist, mit einem Abschluss in Politik einen Job zu finden? Computer waren ein Hobby für mich, also habe ich sie zu meinem Beruf gemacht.«

      Daraufhin wechselte Chris das Thema. »Sie haben sich eingesaut.« Er zeigte auf einen unschönen Fleck auf Ricks Shirt. Während er weiterfuhr, kramte der Jüngere in einer seiner Taschen und zog ein buntes Hawaiihemd heraus. Er gab es Rick, der anhielt, als kurzzeitig kein Untoter in der Nähe war. Vorsichtig streifte er sein Oberteil ab, damit sein Gesicht nicht mit dem Blut in Berührung kam, dann ließ er die Scheibe herunter und warf es hinaus. Mit mehreren Servietten von McDonald's, die er im Ablagefach der Tür fand, wischte er sich die ekelhaften Spritzer vom Körper. Nachdem er auch das schmutzige Papier hinausgeworfen hatte, schloss er das Fenster und zog das Hemd an. Insgesamt dauerte dies weniger als eine Minute, wobei er sah, dass fünf Kranke aus verschiedenen Richtungen näher kamen. Rick schüttelte wieder den Kopf und fuhr weiter.

      Über einer Straße rechts stieg dichter, schwarzer Rauch auf, und als er über die Kuppe eines der unzähligen Hügel von San Francisco fuhr, erkannte er, dass die Stadt verwüstet war. Mindestens vier Flächenbrände wüteten in ihrem Herzen, vereinzelte kleinere Feuer in den Außenbezirken. Es hatte Dutzende Verkehrsunfälle gegeben, und die Bürger schienen überallhin auszuschwärmen, teilweise mit Gepäck und kleinen Kindern im Schlepptau. Kein Mensch war zu sehen, der nicht von unbeholfen zuckelnden Gestalten verfolgt wurde. Wie konnte alles nur so schnell zerfallen?, fragte sich Rick. »Mein Gott …«, stöhnte Chris, während er die Straßen überblickte. Unten am Hügel stand ein Mann mit einem Gewehr, der auf alles anlegte, was er sah. Es war eine Vorderschaft-Repetierflinte, und vor seinen Füßen lag eine Schachtel Patronen. Er wurde von acht Untoten umzingelt, und weitere näherten sich. Während er feuerte, schrie er irgendetwas Unverständliches. Eine blutende Frau lief um Hilfe rufend auf ihn zu, doch er lud durch und schoss ihr in die linke Schulter. Sie fiel rücklings um, und als sie sich aufrecht hinsetzte, fehlte der Arm. Als sie an die Stelle schaute, wo ihr Schultergelenk gewesen war, fing sie zu brüllen an. Da schoss ihr der Mann in die Brust, sodass sie zurückgeschleudert wurde und sich nicht mehr rührte. Er stand über ihr und feuerte auf eine Gruppe von sechs Infizierten. Zwei fällte er, bevor ihm die Munition ausging. Er wollte nachladen, doch die übrigen vier Kreaturen erreichten und überwältigten ihn. Rick wollte nicht noch mehr Zeit vergeuden, also bog er links ab und jagte die Straße hinunter. Als sich Chris im Sitz umdrehte, sah er mit Entsetzen, wie die erschossene Frau Fetzen aus ihrem eigenen abgetrennten Arm biss.

      Die Fahrbahn war breit und wurde von dreistöckigen Gebäuden flankiert. Vor ihnen hatte ein Auto einen Strommast gerammt, war in der Mitte durchschnitten worden und ein Stück weiter in einen Hydranten gerutscht. Aus diesem stob eine Fontäne in die Luft, und das Wasser floss den Hügel hinunter. Ein Kabel, das von dem Mast herunterhing, sprühte Funken und knisterte über dem sprudelnden Wasser. »Dort kommen wir nicht weiter«, sah Rick ein, doch als er in den Rückspiegel schaute, machte er ungefähr zwanzig Untote aus, die von hinten kamen.

      »Vergiss das«, rief er, »ich muss da durchfahren!« Wieder legte er den Rückwärtsgang ein und rollte vorsichtig mit etwa zehn Meilen pro Stunde los.

      »Warum geben Sie nicht Gas und überfahren

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