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Rick. »Vielleicht meinen Dad«, fügte er hinzu.

      »Dann geht es eben nicht anders«, erwiderte Mike. »Bis morgen früh dann.«

      Er legte vor Rick auf, der dann leise fluchte. »Wie soll ich das Sam beibringen?«, fragte er sich. »Sie ist gerade erst hergekommen, und ich muss zur Arbeit?« Er griff wieder zum Telefon und wählte die Nummer seines Vaters.

      »Hallo?«, hörte er gleich darauf. »Hi Paps, wie geht's dir?«

      »Rick! Hi!«, grüßte sein Vater. »Dass ihr zwei morgen vorbeikommt, steht noch, oder?«

      »Also, deswegen rufe ich an, Dad«, begann Rick.

      »Junge, wenn du mir absagst, mach ich dich verdammt noch mal kalt«, drohte der Ältere. »Ich hab Sammy seit zwei Jahren nicht gesehen.«

      »Nein, nein, Dad«, beschwichtigte Rick. »Ich muss notgedrungen auf die Wache, also musst du morgen den Tag über Sams Kindermädchen spielen.«

      »Oh, das geht in Ordnung, kein Problem. Ist sonst alles okay? Das hat hoffentlich nichts mit dem Mist zu tun, der gerade im Osten passiert, oder? Ich hab etwas davon in den Nachrichten gesehen – Supertollwut oder so nennen die das.«

      »Könnte schon sein, Paps. Meara hat angerufen und gemeint, alle Einheiten würden zusammengetrommelt, also ist was im Busch. Du bist nach wie vor für alle Fälle gerüstet?«

      »Nein Rick, nach meiner kleinen Auseinandersetzung mit diesem Strolch wurde meine Dienstwaffe beschlagnahmt. Ich habe sie noch nicht zurückbekommen, das wird noch dauern, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind.«

      »Wirst du aber, Dad, weil du so reagiert hast, wie es jeder tun würde«, beteuerte Rick. »Der Mistkerl hat in jener Nacht zwei Leute umgebracht, und du hast dem Mann an der Tankstelle das Leben gerettet, indem du gegen den Abschaum vorgegangen bist. Darum bin ich stolz auf dich, sei dir dessen sicher.«

      »Ich bin aber nicht stolz darauf, jemanden auf dem Gewissen zu haben, auch wenn die Frau des Angestellten dort heilfroh gewesen ist, dass ich zufällig da war, als er überfallen wurde«, erinnerte sich Ricks Vater. »Sie hat mir ein paar dieser leckeren kubanischen Sandwiches gebracht, die mit den Essiggurken, und gesagt, sie würde für mich beten. Wie dem auch sei, in meinen dreißig Jahren bei der Polizei habe ich nie auf einen Verdächtigen geschossen; ein Monat in Rente, und ich lege jemanden um. Scheiße. Ein Junkie weniger, so muss ich es wohl sehen.«

      »Was du getan hast, war gut, Paps, er wird nie wieder jemanden töten. Aber zurück zur Sache: Ich bringe Sam morgen um halb sieben vorbei, oder ist dir das zu früh?«

      »Mir zu früh? Sohn, du weißt, dass ich Frühaufsteher bin. Jetzt im Alter denke ich, dass ich noch genug schlafen kann, wenn ich tot bin.«

      »Sag nicht so etwas, Dad«, mahnte Rick, »selbst wenn es irgendwie lustig ist.«

      »Lass einem alten Mann seine kleinen Freuden, Junge.«

      »Ich hoffe, dass ich später auch mal so zäh bin wie du, altes Schlachtross«, neckte ihn Rick.

      »Ich darf mich selbst alt nennen, aber wenn du es tust, verdienst du dir eine Tracht Prügel, du Rotzlöffel«, konterte der Vater.

      Rick lachte. »Na gut, Großmaul, aber sprich nicht so vor Sam, ja?«

      »Sam, wer ist das?«, feixte der Ältere weiter. »Ach je, mein Alzheimer …«

      »Ich bin witziger als du, also spar dir die Mühe – und bis morgen.«

      »Gute Nacht«, verabschiedete sich der Vater und legte auf.

      Nachdem auch Rick dies getan hatte, ging er in sein Schlafzimmer und öffnete eine verschlossene Kiste. Aus dieser holte er seine Taurus-Dienstpistole – Kaliber .40 – und entsicherte sie. Er nahm sie mit ins Wohnzimmer und machte sich daran, sie gründlich zu reinigen. Währenddessen ertönten draußen vor dem Appartementgebäude Sirenen. Es waren jene von Notarztwagen, nicht von der Polizei, und nichts Besonderes in der Stadt, also schenkte er ihnen kaum Beachtung. Nach der Pflege der Waffe entfernte er den Verschluss und legte sie unter einem Putzlappen auf seinen Nachttisch. Dann trat er vor seinen Schrank, sperrte ihn auf und entriegelte einen hohen Stahlkasten, der darin stand. Dieser enthielt mehrere andere Waffen, und er entnahm ein sorgfältig geöltes Halbautomatikgewehr vom Typ SPAS-12. Nachdem er sie geladen hatte, setzte er den Verschluss auf, legte sie wieder zurück in den Kasten und verriegelte ihn. Schließlich putzte er sich die Zähne und ging ins Bett, wobei er zu der Meinung gelangte, etwas beim Präsidium gut zu haben, weil es ihn dazu zwang, einen gemeinsamen Tag mit seiner Tochter zu opfern.

      Kapitel 3

      Als Rick von Lärm vor dem Appartementhaus geweckt wurde, war er zunächst verschlafen. Der Wecker auf seinem Nachttisch zeigte in grünen Digitalziffern 3:12 Uhr an. Jemand brüllte, also ging Rick benommen zum Balkon seiner Wohnung im ersten Stock und schaute hinunter. Er konnte das rotierende Blaulicht eines Krankenwagens sehen, und beim Blick auf die Straße fiel ihm ein Sanitäter ins Auge, der einen offenbar obdachlosen Mann von sich stieß. Ein zweiter Mann in Weiß hielt sich seinen Arm und schrie den Kerl an. Rick erkannte, dass jener blutete. Sein Kollege gab dem Angreifer einen kräftigen Schubs, sodass dieser nach einer halben Drehung unsanft auf seinen Hintern und einen Arm fiel. Vom Balkon aus hörte Rick Knochen brechen und wie der Verletzte den Sanitäter anbrüllte.

      »Hey! Hey, was soll das, Mann?«

      Der Gefragte blickte auf. »Gehen Sie wieder hinein, Sir, wir klären das hier«, versicherte er. Der Kerl mit dem gebrochenen Arm machte Anstalten, wieder aufzustehen, und wirkte dabei ungerührt.

      Rick rief wieder nach unten und zeigte auf den Sanitäter. »Ich bin Polizist, rühren Sie sich nicht von der Stelle!« Damit kehrte er in die Wohnung zurück und schaute nach Sam, die jedoch fest schlief. Er steckte die Taurus ein und – nach kurzer Überlegung – auch Handschellen. Während er zur Tür des Appartements eilte, entsicherte er die Pistole. Da Rick bei den städtischen Gesetzeshütern arbeitete, bestand der Eingang in seine vier Wände aus Stahl. Ein zwei Zoll dickes Metallrohr führte von der Mitte des Türblatts aus in eine Vertiefung im Fußboden. Folglich ließ sie sich nicht ohne Weiteres aufbrechen. Nachdem er den Riegel hochgezogen hatte, betrat er den Flur, sperrte hinter sich ab und lief zum Treppenhaus.

      Im Vorbeigehen sah Rick, dass die Wohnungstür seiner Nachbarin Mrs. McCreedy einen Spaltbreit aufstand; sie war Mitte achtzig, und er schaute von Zeit zu Zeit bei ihr nach dem Rechten. Jetzt behielt er die offene Tür im Hinterkopf, während er die Stufen nach unten nahm. Als er das Gebäude verließ, näherte sich der Obdachlose erneut den Sanitätern, wobei sei linker Arm unnatürlich verdreht an seiner Seite schlackerte. Den rechten hielt er vor sich ausgestreckt und griff ins Leere, während er schwerfällig auf die Rettungsleute zuging. Er hatte Rick den Rücken zugekehrt, doch irgendetwas stimmte nicht mit ihm, auch wenn es den Männern, die eigentlich in der Pflicht standen, ihm zu helfen, keinen Grund dafür gab, ihn ernsthaft zu verletzen.

      »Sir, ich denke, Sie setzen sich besser und lassen die beiden nach ihrem Arm sehen«, rief Rick von hinten. »Wir werden dieses Missverständnis klären.« Der Kerl beachtete den Polizisten nicht und trat weiter auf die Sanitäter zu, die jetzt zurückwichen.

      »Scheiße, Don, der Typ hat 'ne Kanone«, sagte einer der beiden.

      »Ich bin Polizist«, wiederholte Rick. »Sir, bitte setzen Sie sich, Ihr Arm ist gebrochen. Sie tun gut daran …« Dann dämmerte ihm, was mit dem Obdachlosen nicht stimmte: Er trug einen feinen Anzug und hochwertige Lederschuhe. Diese Kleidung deutete auf einen relativ wohlhabenden Yuppie hin. Was er trug, hatte mehr gekostet, als Rick im Monat verdiente. Als er ihn einholte, legte er eine Hand auf seine Schulter. »Mister, geht es Ihnen gut?« Der Mann drehte sich um und schlug nach Rick, der jedoch zurückwich und unversehrt blieb. Der Fremde stand fünf Fuß vor ihm und schwenkte seinen rechten Arm. »Hey, ganz ruhig, ich möchte Ihnen nur helfen!« Da ging der Kerl auf ihn los, und Rick trat den Rückzug an.

      »Sie da, schauen Sie in seine Augen!«, rief einer der Sanitäter. Rick tat es, indem

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