Скачать книгу

ist? Mir deucht, es ist ebenso unterhaltend, wie Eure alten Klostergeschichten.«

      »Wie es zugegangen ist – ja, Kamerad, um das zu erzählen, müßte man’s eben wissen,« sagte Fettzünsler.

      »Und wißt Ihr’s auch nicht?« wandte sich Johannes an den Spielmann.

      »Was ich davon weiß, will ich Euch sagen,« antwortete dieser. »Seht, es war ein alter Herr von Huckarde hier im Lande, der hatte hübsche Güter gehabt, und es waren immer angesehene, vornehme Leute gewesen, die Huckarde. Aber sie hatten wohl in alten Zeiten, schon zu Kurfürst Johann Wilhelms Tagen, immer mehr Geld gebraucht, als sie einnahmen, und waren auf diese Art in ihrem Wesen zurückgekommen. Unser Herr von Huckarde hatte dazu auch schlechte Zeiten erlebt, viel Mißwachs und Hagelschlag auf seinen Feldern und eine kränkliche Frau, die sich der Wirtschaft nicht annehmen konnte, und so war er immer tiefer hineingeraten und hatte endlich alle seine andern Güter verkauft, um herauszukommen, und nur die Rheider Burg, wo seine Voreltern seit undenklichen Jahren darauf gesessen, die hatte er behalten. Da wohnte er nun still und ruhig, wie er denn ein in sich gekehrter Mann war, der von Welt und Menschen nicht viel hielt und zufrieden war, wenn man ihn in Frieden ließ. Seine Frau starb hier in der Burg, und er war nun ganz allein mit seinem einzigen Sohne Robert, der ein wilder, kecker Junge war und ihm viel Geld kostete, solange er ihn auf Schulen und auf Reisen draußen hatte. Das ging aber nicht lange so fort! der Robert mußte heimkehren und schlug nun unserm Herrgott die liebe Zeit tot, hier bei dem Alten auf der Burg.

      »Nun liegt dort unten am Wasser der Hammer, den Ihr wohl gesehen habt, der Rheider Hammer, der dem Herrn Ritterhausen gehört, und der Hammer ist gebaut auf Grund und Boden der Burg, in alten Zeiten schon. Der Hammer mußte auch alljährlich an den Herrn von Huckarde einen Kanon zahlen oder Grundgeld, wie man auch sagt, zehn Taler bergisch Geld.

      »Als nun der Ritterhausen einmal hier oben bei dem alten Herrn ist, um seinen Kanon zu bezahlen, sagt ihm der von Huckarde: Mein lieber Ritterhausen, wie werden wir es nun halten, wenn die Hammerbesitzung, die Sie von uns in Erbpacht haben, mit Ablauf der nächsten Jahre pachtlos wird und an mich zurückfällt?

      »Pachtlos wird? Zurückfällt? antwortet Ritterhausen verwundert. Sie irren sich, Herr von Huckarde, der Hammer ist mein und hat seit undenklichen Jahren meiner Familie gehört. Aber weil er in Olims Zeiten auf herrschaftlichem Grund und Boden erbaut ist, so zahlt er ein Grundgeld an die Burg, das ist alles.

      »Der alte Herr aber schüttelt den Kopf und sagt: Nicht also, mein lieber Nachbar, ich kann Ihnen aus meinen Papieren beweisen, daß vor nunmehr beinahe hundert Jahren der Hammer den Ritterhausen in Pacht auf hundert Jahre gegeben ist. Ist die Zeit abgelaufen, so trete ich wieder in meine vollen Eigentumsrechte ein. Es versteht sich, daß ich Ihnen nicht die Besitzung zu entziehen gedenke, wir werden uns schon einigen darüber. Nur gedenke ich eine Pacht auf kurze Zeit eintreten zu lassen, und zehn Taler bergisch sind heutzutage kein billiger Satz für eine solche Besitzung mehr; dem werden Sie nicht widersprechen.

      »Ueber diese Worte des Herrn aber wird mein Ritterhausen ganz rot vor Zorn im Gesicht und wehrt sich aus Leibeskräften dawider, daß sein Haus und Hof und Hammerwerk nicht sein eigen sein solle; und endlich gehen beide in Zorn auseinander. Ritterhausen geht sogleich zum Advokaten und nun beginnen beide einen Prozeß, einen schweren, langen Prozeß, der Geld und Verdruß vollauf kostet und lange Zeit nicht weiter rückt. Endlich gewinnt der alte Herr auf der Burg den Prozeß. Er bekommt ein Urteil heraus, gegen das Ritterhausen nichts mehr machen kann. Und was nun das Schlimmste ist für Ritterhausen, der alte Herr hat bei all dem Aerger und all den Kosten, die ihm der Mann vom Hammer gemacht, den Koller gekriegt und hat geschworen und gelobt, nun solle der Ritterhausen herunter von dem Hammer, sobald seine Zeit um sei, und solle nicht darauf bleiben, wenn er auch zehnmal mehr Pacht biete als jeder andere; lieber wegschenken wolle er das ganze Anwesen, als den Ritterhausen darauf lassen!«

      »Der arme Herr,« fiel hier Claus ein, »der hatte schon damals nicht viel mehr wegzuschenken, aber genug zu tun, um sich die Juden vom Hals zu halten. Der Prozeß hatte ihm arg viel Geld gekostet!«

      »So war es,« fuhr der Spielmann fort, »und so standen die Dinge, und die Zeit war nahezu da, daß der Ritterhausen den Hammer hätte räumen müssen. Wer aber keine Anstalt dazu machte, das war der Mann vom Hammer. Er ließ sein Geschäft fortgehen nach wie vor, er hielt die Gebäude in Ordnung, wie er immer getan, reparierte, wo etwas schadhaft war und kaufte Vorräte von Kohlen und Erz und was er sonst brauchte, als ob er nicht daran dächte, den Hammer zu verlassen. Auch soll er wohl manchmal, wenn ein guter und vertrauter Freund bei ihm von der Sache zu reden angefangen – denn ein anderer hätte darüber nicht das Maul aufzutun gewagt, es war niemals gut Kirschenessen mit dem Ritterhausen, auch vorzeiten nicht, wo er noch nicht wie ein verdrießlich Häufchen Unglück, von der Gicht geplagt, vom Morgen bis zum Abend in seinem Sessel lag – also, wenn einer davon angefangen, soll er wohl gesagt haben: Meine Voreltern sind geboren und gestorben auf dem Rheider Hammer und gerade so gedenke auch ich zu tun, zu sterben darauf, wie ich darauf geboren bin!

      »Nun wohl, eines Abends – es ist im Novembermonat gewesen und es hat bereits angefangen zu dunkeln, so zwischen drei und vier, wo man an nebligen Tagen schon daran denken muß, daß man heimkommt, wenn man draußen einem Gewerbe nachgegangen ist; da kommt ganz unvermutet der Ritterhausen den Bergweg dahergestiegen, geht in die Burg und fragt nach dem Herrn. Der Herr ist wohl verwundert ob dem Besuch, er läßt erst zusehen, ob der junge Herr, der Robert, daheim ist, und den läßt er zu sich rufen, und dann mag der Ritterhausen zu ihm in seine Wohnstube da oben kommen.

      »Was die nun zusammen geredet haben, das weiß der liebe Gott. Lange haben sie gesprochen, oft still und ruhig, oft laut und hitzig – so viel weiß Claus Fettzünsler; denn der hat sicherlich, darauf könnt Ihr Euch verlassen, hinter irgendeiner Ecke gestanden und zugehört. Was sie aber eigentlich gesprochen haben, davon weiß er doch nichts Rechtes ...«

      Claus verzog hier seinen Mund zu einem bedeutungsvollen Lächeln und nickte ganz eigentümlich mit dem Kopfe.

      »Ihr habt doch etwas gehört, Claus?« fragte Spielberend. »Nun so rückt damit heraus, alter Fettzünsler, ehe Ihr damit in die Grube fahrt, was nicht lange dauern kann, wenn Ihr fortfahrt, so schwere fette Pfannkuchen zu essen, wie Ihr da just einen vom Feuer nehmt!«

      »Verstört Claus in seiner Bäckerei nicht, der hat einen Klostermagen und davon versteht ein herumstrolchender Spielmann, wie Ihr, nichts,« fiel der Lügenschuster ein. »Aber nun sag’, wie es denn war, Claus!«

      »Sie sprachen anfangs trutzig von Geld,« versetzte Claus, »und dann kam es mir vor, als hätte der Ritterhausen einen sehr höflichen Ton gegen den alten Herrn angenommen und ihm zu etwas zugeredet; von Verkaufen fielen dabei Worte! aber ob er ihm die ganze Rheider Burg oder nur den Hammer verkaufen sollte, das weiß ich nicht. Endlich sprachen sie wieder hitzig und laut, und nach einer Pause mischte sich Robert hinein und sprach lange und dann endlich ging die Tür auf und der Ritterhausen kam heraus und der junge Herr begleitete ihn höflich bis an die Treppe, und da schieden sie voneinander, als wenn alles in Richtigkeit wäre. Das ist, was ich von der Sache weiß, nicht mehr und nicht minder.«

      »Ist der Ritterhausen reich?« fragte Johannes.

      »Er hat wenigstens mehr als der alte Herr von Huckarde jemals besessen hat,« antwortete der Spielmann.

      »Nun, dann könnte ich mir schon einen Vers darauf machen, was die drei untereinander gesprochen haben,« bemerkte der Deserteur.

      »Und was denn?« fragte Claus.

      »Der Ritterhausen hat entweder dem Baron vorgeschlagen, er solle ihm den Hammer verkaufen. Oder er solle ihm seine ganze Rheider Burg verkaufen. Oder er ist so schlau gewesen und hat einen hübschen Posten von des Barons Schulden an sich gebracht und ihm eröffnet: Nun nimm dich in acht, daß du mich nicht von dem Hammer treibst, denn alsdann fordere ich Bezahlung meiner Schuldforderung von dir!«

      »Es mag wohl so sein, Kamerad, es mag so gewesen sein,« versetzte der Spielmann. »Aber nun hört, wie es weiter gegangen ist. Noch an demselben Abend kommt der Baron in seinen Mantel gewickelt aus seinem Zimmer heraus und geht, mit einer Laterne in der Hand, ganz mutterseelenallein, der alte Mann, hinten zur Burg hinaus und den

Скачать книгу