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fiel lächelnd Claus Fettzünsler ein.

      »Nun, das Alter auch nicht immer,« sagte hier der Deserteur, »das werdet ihr wohl bei euern Klosterherren gemerkt haben!«

      »Ja, wir merkten so allerlei,« versetzte Fettzünsler kopfnickend.

      »Weißt du noch, Claus, wie wir die leeren Tonnen über den Hof rollen mußten?« fragte Matthis, der Schuster.

      Claus Fettzünslers Lächeln ging in ein stilles Kichern über.

      »Und was war mit den leeren Tonnen?« fragte Spielberend.

      »Nun, sie waren leer und’ es war doch etwas darin ...«

      »So erzähl’ einmal die Geschichte, Matthis, aber lüg’ nichts hinzu!«

      »Es war einmal ein Abt,« begann der Lügenschuster, »der war ein fröhlicher, lebenslustiger Herr, aber darum nicht minder immer in Span und Händeln mit den Herren vom Konvent, wie das nun einmal für ein rechtschaffenes Kloster ehemals so herkömmlich und gebräuchlich war, wenn es auch nicht immer so scharf herging wie dazumal unter dem Abt Johann von Schlebusch, der von den Mönchen wegen seiner Ueppigkeit abgesetzt und zum Nonnenbeichtvater am Kloster Liebesberg gemacht wurde, wo er sich nachmals durch treue Pflichterfüllung ausgezeichnet haben soll. Unser besagter hochwürdiger Herr Abt hatte nun eines Tags einen Besuch von einem Paar recht hübschen jungen Damen; was sie bei ihm wollten, das weiß ich nicht, wenn Fettzünsler es nicht etwa weiß, der hatte dazumal die Aufwartung im Abteihaus und stand sehr in Gnade bei dem Herrn und mag mehr darüber sagen können. Ich denke, es waren ein Paar reuige Sünderinnen, die gekommen, dem frommen Herrn ihre kleinen unschuldigen Uebeltaten zu beichten. Muß auch wohl so sein, daß sie sich dabei auch ein wenig schämten, und daß sie darum so still und behutsam bei Nacht und Nebel gekommen waren. Denn es wußte niemand, daß sie da waren, bis auf ein paar schlaue Herren im Konvent; die erfuhren es – weiß unser Herrgott, wie sie’s ausspioniert hatten. Nun wußte es aber auch bald der ganze Konvent und der Konvent fing alsbald an, den Abteibau mit spähenden Augen zu belagern Tag und Nacht. Sie wollten durchaus die Freude haben, die beiden jungen Damen mit ihren erleichterten Gewissen abziehen zu sehen. Se. Hochwürden, der Herr Abt, bekamen aber auch bald Wind von der Sache, und wer nun nicht erschien, um sich den schadenfrohen Herren Konventualen zu zeigen, das waren die schönen Sünderinnen. Das dauert eine Weile so, bis den zweiten Tag gegen die Abendzeit, wo es zu dämmern beginnt. Da öffnen sich sänftiglich die beiden Klappen über der Kellertreppe an der Abtei, und herauskommen der gute Fettzünsler und meine Wenigkeit, der fromme Matthis, und wir rollen ganz sacht und lässig jeder eine Tonne herauf und dann vor uns her über den Klosterhof, dem Tore zu.

      »Eine Weile geht das nun gut, und wir sind schon dicht an der Brücke, die vor dem Klostertore über den Bach führt. Siehe, da kommt der gottselige Mann, der Pater Kellner daher und fragt uns ganz demütiglich: Wohin wollt ihr denn mit den Tonnen, lieben Leute?

      »Ehrwürdiger, sag’ ich, wir sollen die Tonnen nach dem Vorbau bringen, wohin alsbald der Fuhrmann sie abzuholen kommen wird. Der Herr Abt hat es uns also befohlen

      .

      »So, sagt der Pater Kellner, sollen sie abgeholt und wieder gebraucht werden? Es ist recht, Matthis, aber sie werden leck geworden sein. Sie müssen erst ins Wasser, damit sie quellen, die trocknen alten Fässer; sonst werden sie lecken. Rollt sie mir einmal da in den Bach hinein, lieber Matthis.

      »Um Gottes willen, Ehrwürden, sagte nun Claus Fettzünsler erschrocken, in den Bach dürfen wir sie nicht werfen – dann, dann ...

      »Nun, was dann, guter Bruder Nikolaus?

      »Dann schwimmen sie weg, sag’ ich, da ich sehe, daß Fettzünsler nichts Besseres einfällt.

      »Die schwimmen nicht weg, sagt der Pater Kellner, und indem legt er selbst Hand an die eine Tonne und gibt ihr einen derben Stoß, das Bachufer herunter.

      »In demselben Augenblick aber läßt sich ein wundersames Gekreische aus dem Innern der Tonne hören und gleich darauf zetert und schreit es auch aus der zweiten Tonne heraus – ganz kläglich und erbärmlich. Ich springe der Tonne nach und halte sie an, noch ehe sie ins Wasser geplumpst ist, und der Pater Kellner sagt ganz stille lächelnd: Ei, ei, es will mich bedünken, als ob aliquid vivum in den Tonnen stäke. Unser hochwürdiger Vater und Abt hat vielleicht ein Wunder getan und in seinen leeren Fässern ein Paar Schutzengelchen verspunnt, daß sie sie ihm hüten!

      »Und dabei schlägt er mit der Faust den obern Deckel der Tonnen ein, der nur ganz lose eingesetzt war, und heraussteigen mit blutrotem Gesicht und wütenden Mienen die beiden verspunnten Schutzengel des Abts.

      »Richtig, so ist es! sagt der Pater Kellner ganz ruhig. Daß aber die andern Konventsherren auch nicht weit waren, könnt ihr euch denken, und wie sie herbeistürzten und welchen Skandal es gab!«

      Spielberend lachte, auch der Deserteur ließ ein Lächeln über seine ernsten Züge gleiten.

      »War es dazumal, daß ihr beiden aus dem Kloster weggejagt wurdet?« fragte der Spielmann dann.

      »O noch lange nicht,« versetzte der Lügenschuster. »Wir sind noch lange dageblieben und haben noch lange in der Klosterschule gelernt, bis wir endlich eben zuviel wußten und um die Ecke gebracht wurden. Nicht wahr, Fettzünsler, wir haben noch mehr erfahren?« setzte er lachend hinzu.

      Claus Fettzünsler bestätigte des Lügenschusters Versicherung mit einem wiederholten lebhaften Kopfnicken, und während er an seinen Töpfen tätig blieb, ließ er allerlei einzelne Worte fallen, welche ebensoviele Andeutungen an alte gemeinsam erlebte Geschichten waren und jedesmal den Schuster hell auflachen machten. Weniger anziehend war diese hieroglyphische Art der Unterhaltung für den Spielmann und den Deserteur, welcher letztere namentlich es bedeutend vorgezogen haben würde, wenn das Gespräch eine Wendung genommen hätte, die ihm erlaubte, sich über den Ort, wo er sich befand und über die Verhältnisse der jungen Dame zu unterrichten, welche seine Helferin geworden.

      »Und seit Euch um all der Späße wegen, davon Ihr redet, die Mönche weggeschickt haben,« sagte er endlich zu dem Schuster gewendet, »seid Ihr hier in diesem alten Kastell Hofschuster geworden?«

      »So etwas,« antwortete Matthis. »Ich komme alle Vierteljahr einmal, um zu sehen, was bei Freund Claus neu zu besohlen ist.«

      »Ihr wandert also aufs Handwerk?«

      »Nach Landesbrauch.«

      »Und wenn das der Matthis nicht könnte, wie hielt er’s dann aus,« fiel der Spielmann ein, »wenn er nicht seine Geschichten von Haus zu Haus tragen könnte, so wüßte er ja nicht zu bleiben damit!«

      »Weiß er denn, wenn er solch ein Geschichtenerzähler ist, nicht auch eine Geschichte von diesem Hause hier?« fragte Johannes. »Es sieht wohl danach aus, als ob etwas drin vorgefallen sein könnte!«

      »Es ist auch schon mancherlei drin vorgefallen,« versetzte der Schuster, »aber das gehört in Spielberends Fach mehr als in meins. Ich habe die lustigen Geschichten lieber, und er die, wobei’s einem die Gänsehaut zusammenzieht.«

      »Und solche Geschichten sind hier vorgefallen?«

      »Er lügt wieder, der Schuster,« versetzte der Spielmann, »er lügt eben alles, was er sagt. Er hat noch von der Pfalzgrafenzeit her ein Privilegium darauf.«

      »Wem aber gehört es denn, das alte Kastell hier, und weshalb ist’s so verfallen und verlassen?« fuhr der Deserteur fort.

      »Ja, wem gehört’s! Claus Fettzünsler, weißt du’s?«

      Claus Fettzünsler schüttelte den Kopf.

      »Den Herren Franzosen wird’s wohl gehören,« sagte er, »denen gehört ja jetzt alles, was sie gebrauchen können.«

      »Soviel ist wenigstens gewiß, wenn’s denen nicht gehörte, so würde es dem Herrn Ritterhausen oder der Mamsell Sibylle gehören,« sagte der Schuster, »Sie sollen gewaltig darüber ausgewesen sein, es zu kaufen, als der alte Herr von Huckarde den Hals gebrochen hatte und sein Sohn so plötzlich verschwunden war.«

      »Den

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