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      Die Patientin wurde rot, blickte beschämt nach unten.

      »Nicht immer, die vergesse ich manchmal. Aber ist das denn schlimm?«

      Roberta bemühte sich, ruhig zu bleiben. Verflixt noch mal, die Frau war nicht dumm, und sie war von ihr lange und gründlich beraten worden. Das machte Roberta bei allen Patienten.

      »Frau Schiffer, einen Herzinfarkt kann ich ausschließen, doch jetzt hören Sie mir bitte noch einmal ganz genau zu.«

      Sie klärte die Frau noch einmal auf mit allen Konsequenzen, die es haben konnte, wenn sie sich nicht an die ärztlichen Anweisungen hielt.

      »Frau Schiffer, es ist Ihr Leben, mit dem Sie spielen, und jeder ist in erster Linie für sich selbst verantwortlich. Wenn Sie sich nicht an meine Vorschläge halten wollen, dann bitte, ist es Ihre Entscheidung. Doch dann kommen Sie nicht zu mir, sondern fahren Sie nach Hohenborn ins Krankenhaus. Ich möchte meine Zeit nicht verschwenden, sondern sie für die Patienten aufbringen, die hierherkommen, um wirklich gesund zu werden.«

      Frau Schiffer zuckte betroffen zusammen, doch das war Roberta egal.

      Mit Tränen in den Augen blickte Frau Schiffer die Ärztin an.

      »Bitte, tun Sie mir das nicht an. Ich möchte weiterhin zu Ihnen kommen, weil Sie eine großartige Ärztin sind, Frau Doktor.«

      »Frau Schiffer, dagegen ist nichts einzuwenden, aber bitte halten Sie sich dann gefälligst an das, was ich Ihnen vorgeschlagen habe. Nehmen Sie pünktlich, wie ich es Ihnen auf den Medikamentenplan geschrieben habe, alles ein, und halten Sie sich auch an die Diätvorschriften. Dann müssen Sie keine Angst haben und nicht panisch zu mir gelaufen kommen. Ihren nächsten Termin haben Sie, dann sehen wir uns wieder.«

      Frau Schiffer bedankte sich, verließ das Behandlungszimmer, und Roberta bat die großartige Ursel Hellenbrink, ihr den nächsten Patientin zu schicken.

      Diesmal handelte es sich um die Besprechung der Un­tersuchungsergebnisse, Roberta konnte der Patientin gute Nachrichten übermitteln, denn alle Werte hatten sich verbessert, aber diese Frau hielt sich auch an alles, und nur so ging es. Wenn Medikamente ihre Wirksamkeit zeigen sollten, dann musste sie auch pünktlich und nach ärztlicher Vorschrift eingenommen werden.

      Mit dieser Patientin war Roberta schnell fertig, und dann ging es zügig weiter. Über Patientenmangel konnte man sich in dieser Praxis wirklich nicht beklagen.

      *

      Inge Auerbach fand sich selbst unleidlich. Sie wusste nicht genau, was eigentlich mit ihr los war. Irgendwie war früher alles anders gewesen.

      Dabei bemühte sich ihr Werner um sie wie in den Anfangszeiten ihrer Liebe, ihm war klar geworden, dass er einiges gutzumachen hatte.

      Und auch sonst lief alles rund, Jörg war noch einmal da gewesen, und jetzt, nachdem Inge, gemeinsam mit Werner, alles nicht nur noch mal durchgesprochen hatte, sondern auch, nachdem Jörg Unterlagen vorgelegt hatte, konnte man ihm tatsächlich nur gratulieren. So eine Chance bot sich einem nur einmal im Leben, und er wäre töricht gewesen, da nicht zuzugreifen.

      Und Ricky mit ihrem grenzenlosen Optimismus hatte gleich mehrere Interessenten für das Haus an der Hand, ohne sich bemüht zu haben.

      Ja, es stimmte wirklich, man riss sich um Häuser im Sonnenwinkel. Jetzt mussten sie und Fabian sich nur noch entscheiden.

      Ihre Eltern waren fit, dem Hund Luna ging es gut, er wurde von allen Seiten verwöhnt.

      Und Hannes im fernen Australien …

      Und ihre geliebte Jüngste …

      War es das, was Inge so übellaunig machte? Dass sich Bambi alias Pamela nicht meldete?

      Sie machte den Geschirrspüler an, überlegte einen kurzen Moment, was sie jetzt machen sollte, um sich ein wenig abzulenken, Arbeit half ja manchmal.

      Inge zuckte zusammen, weil es an der Haustür stürmisch klingelte …, sie kannte das …, doch das konnte nicht wahr sein …, oder doch?

Wir lieben dich, Pamela!

      Inge Auerbach hielt mitten in der Bewegung inne. Sie wurde abwechselnd rot und blass. Sie glaubte, ihr Herz müsse zerspringen. Das Klingeln kannte sie!

      Inge wusste, wie jedes ihrer Kinder sich bemerkbar machte. Doch das war unvergleichlich. So stürmisch konnte nur einer klingeln, und das war ihr jüngster Sohn Hannes, der im fernen Australien lebte.

      Wieso war er hier? Viele Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Hannes hatte seinen Besuch nicht angekündigt. Es klingelte erneut, diesmal fordernder.

      Inge musste zur Tür laufen, ehe er die Klingel abriss. Sie spürte, wie große Freude sie erfüllte und wie ein winziger Hoffnungsschimmer in ihr aufkeimte.

      Inge hatte auf ihren langen Brief an ihre Jüngste niemals eine Antwort bekommen, jenen Brief, in dem sie versucht hatte, ihr zu erklären, warum sie und Werner niemals über die Adoption gesprochen hatten. Sie hatte sich dafür entschuldigt, dass Pamela, Pam, wie sie genannt werden wollte, durch Fremde erfahren musste, dass sie keine echte Auerbach war. Und sie hatte mit vielen aus dem Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Worten geschrieben, wie sehr sie sie, ihr Herzenskind, doch liebten.

      Wenn nun …

      Das wäre zu schön, um wahr zu sein! Inge riss die Haustür auf.

      Es war Hannes, der vor der Tür stand, braun gebrannt, verwegen, lässig, strahlend, fantastisch aussehend. Er war das Bild eines jungen Mannes, und es war überhaupt nicht verwunderlich, dass man Hannes weltweit vermarktete, als das Gesicht von ›Sundance‹, einem Surfbrett der neuen Generation.

      Inge freute sich riesig, ihren Sohn zu sehen, doch irgendwo war ihr ihre Enttäuschung wohl anzusehen, dass er allein vor der Tür stand.

      »Was ist das denn für eine Begrüßung?«, erkundigte Hannes sich, nahm seine Mutter in die Arme, wirbelte sie herum. Ja, das tat er wirklich, denn Hannes war groß und stark. »Freust du dich nicht, mich zu sehen? Ich habe extra einen Umweg gemacht, um euch hier hallo zu sagen.«

      Inge blickte sich um, da war niemand. Sie kämpfte ihre Enttäuschung herunter, dann realisierte sie erst richtig, dass es wirklich Hannes war, der plötzlich hereingeschneit kam.

      Er schmiss, ganz wie gewohnt, seinen Rucksack in eine Ecke, ein altes Ritual.

      »Und wie ich mich freue, mein Junge«, rief Inge, und das tat sie wirklich. »Warum hast du deinen Besuch nicht angekündigt, ich hätte mich darauf vorbereitet, dein Lieblingsessen für dich gekocht.«

      Er grinste.

      »Mama, alles was du kochst ist eine Offenbarung, und ich habe mich nicht gemeldet, weil alles plötzlich kam. Für ›Sundance‹ soll es eine neue Version geben, und auch dafür soll ich wieder das Aushängeschild sein, und sie haben einen Fotografen verpflichtet, der weltweit arbeitet und nur für ein paar Tage Zeit hat.«

      Er wollte mehr erzählen, doch da kam Luna aus irgendeiner Ecke gerannt, sie begrüßte Hannes, den sie sehr mochte. Doch als er sie hingebungsvoll streicheln wollte, befreite Luna sich, rannte zur Tür, begann daran zu kratzen.

      Das tat sie sonst nie, schon gar nicht, wenn da jemand war, von dem sie Streicheleinheiten bekam.

      Luna war außer sich, sie kratzte, sie winselte.

      Hannes lief zur Tür, öffnete sie und ließ die weiße Labradorhündin hinaus.

      Als Inge zur Tür gehen wollte, um nachzusehen, was das zu bedeuten hatte, hielt Hannes seine Mutter zurück.

      »Wahrscheinlich will sie zu den Großeltern, weil es da immer ein Leckerli für sie gibt«, bemerkte er leichthin. »Ich hätte jetzt Lust auf einen Kaffee, und so weit ich mich erinnere, bist du auch die allerbeste Kaffeeköchin der Welt, und du hast ja auch vielleicht ein leckeres Stück Kuchen oder einige von den köstlichen Keksen, die niemand so backen kann wie du.«

      Alles war ein

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