Скачать книгу

das möchte ich genießen, ich möchte mein Kind aufwachsen sehen, Zeit mit der Kleinen verbringen, Susanne und ich möchten noch mehr Kinder haben. Mein Job ist nicht dienlich für die Familie, in der halben Nacht zum Großmarkt, das hat ja auch schon Nicki bemängelt, und das war letztlich auch der Grund für unsere Trennung. Und jeden Abend im Restaurant …«

      Wieder machte er eine Pause, blickte Roberta an.

      »Ich möchte meine Kinder ins Bett bringen, ihnen Gutenacht-Geschichten erzählen, bei meiner Frau sein. Weißt du, Roberta, so etwas begreift man erst, wenn man Kinder hat. Und ich denke, man muss sich entscheiden. Für Karriere oder für die Familie. Ich habe mich entschieden, für die Familie natürlich.

      Die ist das Beste, was wir haben, und da lässt sich auch nichts nachholen, Kinder werden groß, gehen aus dem Haus. Man hat sie nur für eine begrenzte Zeit.«

      Roberta hätte mit allem gerechnet, mit einer solchen Eröffnung nicht. Sie war ein wenig verwirrt.

      »Roberto, und wie soll das gehen? Susanne als Hausfrau, du als Hausmann? Das Leben, Kinder, das kostet alles.«

      Er lächelte.

      »Ach, jetzt höre ich wieder die vernünftige Roberta. Natürlich will ich nicht das Leben eines Hausmannes führen, das passt nicht zu mir. Aber ich war in meinem Beruf erfolgreich, ehe ich auf die Idee kam, den ›Seeblick‹ zu eröffnen, mich da zu verwirklichen. Ich könnte freiberuflich arbeiten. Das ist ja ohnehin ein Zukunftsmodell und wird jetzt schon praktiziert, dass die Menschen nicht mehr ihre vierzig Stunden und mehr pro Woche an ihrem Arbeitsplatz sind, Homeoffice ist das Zauberwort, Menschen arbeiten tageweise von zu Hause. Eine andere Alternative wäre, ich kaufe einen Weinberg oder alte Olivenbäume. Ich bin ein kreativer Mensch, mir wird schon etwas einfallen, und ganz arm bin ich nicht, und ich denke, für den ›Seeblick‹ kann ich auch einen guten Preis erzielen.«

      Er lachte.

      »Guck nicht so, freue dich mit mir. Susanne ist total begeistert, und so kompromisslos sie mit mir hier gearbeitet hat, will sie auch mit nach Italien gehen. Susanne liebt Herausforderungen, und ich bin Italiener. Und Italien ist nicht weit, du bist jetzt schon herzlich eingeladen, bei uns deine Ferien oder Kurzurlaube zu verbringen.«

      Er meinte es wirklich ernst.

      »Roberto, wenn …«

      Roberta kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden, denn eine der Bedienungen trat an ihren Tisch. Es waren neue Gäste angekommen, die vom Chef nicht nur begrüßt, sondern vor allem beraten werden wollten.

      Roberto entschuldigte sich, doch Roberta nahm die Gelegenheit wahr, sich zu verabschieden. Das jetzt würde länger dauern, und sie hatte keine Lust, zu warten und sich derweil das Gehirn zu zermartern.

      Sie musste alles erst einmal verdauen.

      Roberto umarmte sie, es gab die obligatorischen Küsschen links und rechts.

      »Glaub mir, Roberta, alles ist gut.«

      Sie nickte, dann ging sie.

      Was für Neuigkeiten!

      Roberta hätte mit allem gerechnet, damit allerdings nun wirklich nicht.

      Was war dann auf einmal los?

      Alles war in Bewegung geraten.

      Sie war froh, nicht mit dem Auto hergekommen zu sein, dann hätte sie erst einmal nichts trinken können, und dann hätte sie jetzt nicht die Möglichkeit, wieder hinunter in den Sonnenwinkel zu laufen.

      Laufen machte den Kopf frei, Roberta glaubte allerdings nicht, dass sie das bis zu ihrem Haus hinbekommen würde.

      Toscana …

      Klar, war die traumhaft, und klar, Roberto war ein Italiener.

      Aber von einen Tag auf den anderen sein ganzes Leben umzukrempeln, und das alles wegen der kleinen Valentina, wegen der Kinder, die er und Susanne noch haben wollten.

      So konsequent zu sein, dazu gehörte ganz schön viel Mut.

      Wie würde sie handeln? Die Frage stellte sich nicht, sie hatte keine Kinder, sie hatte nicht einmal einen Ehemann, und als sie den hatte, den Schwerenöter Max, da war klar gewesen, dass Kinder erst einmal kein Thema waren, die Praxis musste aufgebaut werden, die den vollen Einsatz erforderte, und Max wollte eh keine Kinder haben.

      Und Lars …

      Da wusste sie nicht, was kommen würde, und damit wollte Roberta sich jetzt auch nicht beschäftigen, das würde sie nur traurig machen. Traurig genug war, dass sie Roberto und Susanne verlieren würde, unter einem neuen Besitzer würde sich im ›Seeblick‹ auch alles wieder ändern. Und die kleine Valentina würde sie nur nach auf Fotos zu sehen bekommen.

      Schade, dass sie Roberto nicht gefragt hatte, ob sie seine Neuigkeiten Nicki erzählen konnte, die würde sie sonst nämlich gleich sofort anrufen. Hinter seinem Rücken und ohne Zustimmung würde sie so etwas niemals tun.

      Außerdem war Roberta sich nicht einmal sicher, ob sie Nickis Interesse wecken würde. Die war nur fixiert auf Mathias und sonst nichts.

      *

      Professor Werner Auerbach kam mit Getöse ins Haus.

      »Hallo, mein Schatz, ich bin wieder da«, rief er, als er in die Küche gestürmt kam, wo er seine Frau bei einer Tasse Kaffee am Tisch vorfand.

      Normalerweise sprang Inge auf, lief ihm strahlend entgegen, ließ sich von ihrem Mann umarmen, küssen.

      Diesmal war es anders, sie blieb sitzen und sagte nur: »Ach, da bist du ja wieder.«

      Werner Auerbach blieb vor seiner Frau stehen.

      »Bist du jetzt sauer, weil ich meinen Aufenthalt verlängert habe, Inge? Das ist doch nicht das erste Mal, und du hattest nie etwas dagegen. Es waren auf dem Kongress zwei Kollegen, die an einem ähnlichen Thema arbeiten, mit denen musste ich mich unbedingt austauschen. Es war genial, sie vor Ort zu haben, denn der eine kommt aus Hongkong, und der andere Kollege ist in Belo Horizonte, in Brasilien, zu Hause. Bei solchen Entfernungen kommt man doch sonst nicht persönlich zusammen, es war großartig, ich bin mit meiner Arbeit jetzt einen ganzen Schritt weiter, und ich konnte ihnen ebenfalls sehr helfen, es war eine Win-Win-Situation für jeden von uns, in jeder Hinsicht.«

      Er setzte sich ebenfalls an den Tisch, ergriff Inges Hand. »Habe ich dich jetzt überzeugt, dass ich überhaupt nicht anders konnte?«

      Inge entzog ihm ihre Hand. Normalerweise verstanden Werner und sie sich gut, und so kleine Auseinandersetzungen gab es in jeder Ehe.

      Jetzt allerdings war Inge wirklich wütend, sie fühlte sich überfordert, und sie fühlte sich allein gelassen. Als sie jung war, da hatte sie mit allem leichter umgehen können. Es war auch eine andere Situation gewesen, da hatten sie ein Ziel vor Augen, da hatte sie ihm den Rücken freigehalten, da war sie die starke Frau an seiner Seite gewesen.

      Er hörte nicht auf, sich zu profilieren, sich in seinem Ruhm zu sonnen, obwohl er ihr nicht nur einmal versprochen hatte, mehr Zeit für sie zu haben. Nichts davon hatte er gehalten, und zunächst hatte es ihr auch nicht so viel ausgemacht, sie hatte ihre Familie, sie hatte ihre Aktivitäten.

      Doch ihr Leben flog ihr um die Ohren, alles löste sich auf, zuerst das Drama um ihre Jüngste, dann Hannes, der bis Australien gegangen war, und nun Jörg, der ihr verkündet hatte, dass er samt Familie nach Schweden gehen würde.

      Es fühlte sich nicht gut an, dass ihr alles genommen wurde, was ihre Welt ausmachte.

      Werner Auerbach hatte sich seine Heimkehr anders vorgestellt, freudig empfangen von seiner Frau, und nun spielte sie die Beleidigte.

      Werner hatte ein schlechtes Gewissen, doch das überspielte er einfach: »Wenn du schon nicht mit mir reden willst, kann ich dann wenigstens einen Kaffee haben?«

      Sie blickte ihn an, und er fand, dass seine Inge noch eine verdammt attraktive Frau war, und ihr Zorn ließ ihre schönen Augen blitzen.

      »Du weißt, wo du die Tassen

Скачать книгу