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eine Leonie Schulz, und die arme Isabella würde sich die Augen ausweinen. Du kannst so stolz auf dich sein, und ich verspreche dir eines, sollte sich noch einmal irgendeine Situation ergeben, dann werde ich dir niemals mehr dazwischenreden. Du hast mir bewiesen, dass du mehr kannst als über Eisbären zu schreiben.«

      Er schaute ihr tief in die Augen.

      Lars konnte mit Lob ebenfalls nicht umgehen. Das hatten sie gemeinsam, und deswegen ging er auch nicht auf das ein, was Roberta gerade gesagt hatte, sondern wollte wissen: »Wichtig ist für mich zu wissen, ob ich dir beweisen konnte, dass ich dich aus tiefstem Herzen aufrichtig liebe?«

      Roberta war überwältigt. Es verschlug ihr die Sprache. Sie lehnte sich ganz fest an den Mann, den sie so sehr liebte, sie genoss seine Nähe, seine Wärme und den unvergleichlichen Duft nach Zitrus und edlen Hölzern, der ihn immer umgab, und der sehr männlich wirkte.

      Lars liebte sie, natürlich wusste und spürte sie das. Doch es war immer wieder schön, so etwas auch gesagt zu bekommen.

      Sie musste endlich damit aufhören, sich Gedanken um eine Heirat, um Kinder zu machen. Ihre Freundin Nicki fiel ihr ein, die immer sagte: »Es kommt, wenn es dir vorbestimmt ist.« Roberta glaubte nicht unbedingt an die Vorbestimmung, doch allmählich war sie geneigt, so etwas zuzulassen. Sie hatte in kürzester Zeit erfahren, dass nichts für die Ewigkeit bestimmt war, dass alles einem ständigen Wandel unterworfen war.

      An ihrer Liebe zu Lars würde sich nichts ändern, ob nun mit Ring an ihrem Finger oder ohne. Und sie würde ihn dann auch nicht mehr lieben.

      Heirat …

      Kinder …

      Das waren Wünsche, die in einem erweckt wurden, wenn man solche Bilder von außen sah, dann kamen die Sehnsüchte. Roberta war fest entschlossen, ihr Glück nur noch zu genießen und an nichts sonst zu denken. Der Augenblick zählte. Sie küssten sich, zärtlich, leidenschaftlich und sehr ausdauernd. Sie waren sich unglaublich nahe.

      Irgendwann ließ er sie los, blickte sie mit seinen unglaublich blauen Augen erneut lange an, dann lief er zu seinem Schreibtisch, kam mit einem Foto zurück, das in einem wunderschönen, sehr geschmackvollem Silberrahmen steckte. Es war ein Foto von ihm.

      Roberta hatte auf ihrem Handy viele Fotos von ihm, aber eines, das man aufstellen, das man in die Hand nehmen konnte, das man immer vor Augen hatte, das besaß eine ganz andere Qualität.

      Roberta bekam Herzklopfen. Nicht, weil er auf diesem Foto unglaublich gut aussah, sondern weil sie ahnte, dass es einen Grund dafür gab, dass er ihr ausgerechnet jetzt dieses Foto schenkte.

      Sie betrachtete das Foto eine Weile, presste es an sich, dann blickte sie ihn an.

      Lars, der Souveräne, der Coole, sagte nichts. Er suchte nach den passenden Worten, und das war jetzt beinahe unheimlich, es konnte nichts Gutes bedeuten. Er räusperte sich, dann führte er sie zum Sofa, sie setzten sich.

      Er sollte endlich etwas sagen! Diese Spannung war geradezu unerträglich.

      Er ergriff ihre Hand, und dann begann er endlich: »Roberta, Liebes, ich habe die Kapitel fertig, die der Verlag noch haben wollte. Ich konnte es nicht länger hinauszögern.«

      Sie schloss die Augen.

      Er musste nicht mehr sagen, sie wusste auch so, was das bedeutete.

      Seine Abreise stand bevor!

      Sie atmete tief durch, ehe sie sich erkundigte: »Und wann fährst du?«

      Roberta wunderte sich über sich selbst, wie gelassen sie das ausgesprochen hatte, dabei hämmerte ihr Herz wie verrückt.

      »Ich möchte unbedingt das Wochenende noch mit dir verbringen, und ich hoffe, dass wir nicht gestört werden. Am Montagfrüh geht dann mein Flieger.«

      Jetzt war es ausgesprochen, und jetzt war der Zeitpunkt da. Sie hätte gewusst, das er zu weiteren Recherchen noch einmal in die Arktis zu den Eisbären musste. Etwas zu wissen oder mit Tatsachen konfrontiert zu werden, darin lag ein gewaltiger Unterschied.

      Sie nickte.

      Sie machte kein Theater.

      Eigentlich hätte Lars Magnusson jetzt mit der Reaktion seiner Freundin zufrieden sein müssen, er war es nicht, weil er sie mittlerweile so gut kannte, um zu wissen, wie es in ihr jetzt aussah, wie enttäuscht sie war.

      »Roberta, mein Liebling, ich habe dir von Anfang an nichts vorgemacht, ich habe dir gesagt, worauf du dich einlässt. Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich niemals wie ein Beamter von Montag bis Freitag meine acht Stunden im Amt verbringe oder wie sonst jemand, der fest angestellt ist. Bei mir kann es bedeuten, dass ich monatelang weg sein werde. Diesmal werden es lediglich ein paar Wochen sein. Eine echte Liebe muss das aushalten, und du wirst doch auch nicht in einem stillen Kämmerlein sitzen und auf mich warten. Du hast deinen Beruf, der dich ausfüllt, der dich …«

      Sie unterbrach ihn.

      »Lars, hör bitte auf. Du musst dich nicht rechtfertigen, und du musst mir nicht sagen, was ich zu tun habe. Ich habe nichts von deinen Worten vergessen, ich habe mich auf dich eingelassen. Und ja, du hast von Anfang an mit offenen Karten gespielt.« Sie machte eine kleine Pause.

      »Verflixt noch mal, ich liebe dich, ich bin gern mit dir zusammen, und ich bin eine Frau, die Gefühle zeigen darf. Ich bin enttäuscht und traurig, eine andere Reaktion wäre nicht normal, und ich …«

      Diesmal ließ er sie nicht aussprechen, er zog sie ganz fest an sich, und dann küsste er sie.

      Welch ein Glück!

      Sie war dabei gewesen, sich um Kopf und Kragen zu reden. Jetzt genoss sie nur noch seine Gegenwart, und die war so beglückend, dass wenigstens vorübergehend all die grauen Wolken verzogen, die über ihnen schwebten.

      Sie hatten noch den Samstag, den ganzen Sonntag, und dann würde sie ihn natürlich am Montag zum Flughafen bringen, das wollte sie sich nicht nehmen lassen.

      Und dann …

      Oh nein, darüber würde sie sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen, sondern jeden Augenblick genießen, und sie würde noch etwas tun, zum ersten Mal in ihrem Leben, sie würde beide Handys ausschalten. Sie hatte keinen Bereitschaftsdienst, und deswegen konnte sie das guten Gewissens tun. Wer sie erreichen wollte, der konnte das dann am Montag tun. Da hatte sie Zeit für alles und jeden.

      »Roberta, ich liebe dich über alles«, gestand er ihr zwischen zwei Küssen, »und glaube mir, ich wäre froh, die Reise nicht machen zu müssen. So sehr mich auch die Eisbären faszinieren, du faszinierst mich viel, viel mehr.«

      Sie kuschelte sich noch enger an ihn, obwohl das kaum noch ging.

      Zwischen all ihre grauen und trüben Gedanken schob sich ein winziger Lichtblick. Und das war gut so. Sie musste positiv sein, nach vorne blicken. Ändern konnte sie eh nichts, und was waren schon ein paar Wochen. Die ließen sich doch aushalten.

      Wenn sie an seine Rückkehr dachte …, für das, was dann sein würde, gab es keine Worte.

      *

      Heute hatte es Marianne von Rieding eilig, zu ihrer Tochter zu kommen. Sie hatte Neuigkeiten und war gespannt darauf, wie Sandra reagieren würde.

      Als sie ins Krankenzimmer kam, blieb sie zunächst einmal irritiert stehen.

      Was war geschehen?

      Sandra lag in ihrem Bett wie ein Häufchen Elend, und es war nicht zu übersehen, dass sie geweint hatte. Warum das denn? Es hatte sich alles doch so positiv entwickelt, Felix und Sandra waren auf einem guten Weg.

      Marianne eilte zum Bett ihrer Tochter.

      »Sandra, was ist los?«, wollte sie wissen.

      Sandra antwortete nicht sofort, dann flüsterte sie kaum verständlich: »Ich war auf der Neugeborenenstation.«

      Marianne setzte sich, weil sie jetzt überhaupt nichts mehr begreifen konnte.

      »Ich … ich habe heute einen

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