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wurde, dann lief sie niemals weg, wenn jemand sie streicheln wollte.

      Da stimmte etwas nicht!

      Das musste sie jetzt überprüfen.

      Sie ging an Hannes vorbei zur Tür, riss sie auf, und dann stockte ihr der Atem.

      Auf der Auffahrt kniete Pam, umarmte Luna, die sich vor lauter Freude überhaupt nicht einkriegen konnte.

      Es war ein rührendes Bild, Luna hatte Pam nicht vergessen, die sie nach dem Tod des Collies Jonny aus dem Tierheim geholt hatte.

      Obwohl so viel Zeit vergangen war, waren sie wieder ein Herz und eine Seele.

      Es war ein berührender Anblick, doch das war es nicht, was Inge beinahe den Boden unter den Füßen wegriss.

      Der liebe Gott hatte ihre Gebete erhört!

      Ein Traum war in Erfüllung gegangen.

      Inge war überwältigt, sie konnte es kaum glauben, ihre Gedanken wirbelten durcheinander.

      Ihre Jüngste war wieder zu Hause!

      Mit Tränen in den Augen blickte Inge zu Pamela. Wie groß sie geworden war, und wie wunderschön. So richtig erwachsen!

      Ja, das war kein Bambi mehr, und spätestens jetzt hätten sie damit aufhören müssen.

      Sie konnte sich nicht verstehen, wenn das jetzt ihre Sorgen waren, banaler ging es ja wohl nicht.

      Hannes war neben seine Mutter getreten, legte einen Arm um ihre Schultern. Er lachte: »Es hätte alles anders kommen sollen, aber Luna hat uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht. Schon verrückt, sie hat Pam durch alles hindurch gerochen. Und du komm jetzt erst mal herunter, Mama, sonst bekommst du noch einen Herzinfarkt, du bist ja vollkommen aufgelöst. Alles ist gut. Gleich wird viel zu erzählen sein, doch eines kann ich dir jetzt schon sagen, Pam ist nach Hause zurückgekehrt, obwohl sie in Australien ein großartiges Leben hatte, hatte sie immer Heimweh nach dem verträumten Sonnenwinkel. Das vorab, sie kann dir gleich alles selbst erzählen, wenn sie und Luna sich hinreichend begrüßt haben. Ich denke, ich gehe jetzt erst mal selbst in die Küche und kümmere mich um meinen Kaffee, den brauche ich jetzt nämlich wirklich.«

      Er trollte sich, und Inge war noch immer wie gelähmt, es war alles so unwirklich, sie hatte Angst, aus einem wunderschönen Traum zu erwachen.

      Es war kein Traum, das merkte sie spätestens dann, als Pamela sich erhob. Sie schob die sich wie verrückt vor Freude gebärdende Luna beiseite, dann näherte sie sich ganz langsam ihrer Mutter.

      Das war für Inge ein Signal, sie hielt es nicht länger aus, rannte die Eingangsstufen hinunter, und dann lagen sie sich in den Armen und umklammerten sich wie zwei Ertrinkende.

      Es war, als habe es niemals eine Trennung gegeben, niemals böse Worte, niemals ein langes, verzehrendes Schweigen.

      Alles war wie weggewischt.

      Sie hielten sich umklammert, weinten, sagten nichts. Doch es gab auch überhaupt keine Worte für das, was sich da gerade abspielte.

      Ihre Herzen, die fanden den richtigen Weg.

      Sie verloren das Gefühl für Zeit und Raum.

      Es war Hannes, der irgendwann sagte: »Darf ich bitten, der Kaffee ist fertig. Außerdem finde ich, müsst ihr nicht ein Schauspiel für Neugierige bieten. Nicht, dass die euch gleich noch applaudieren.«

      Inge und Pamela lösten sich voneinander. Es ging die Leute wirklich nichts an, was sich da gerade bei den Auerbachs abspielte.

      Außerdem … hatte Hannes da nicht gerade von Kaffee gesprochen? Den brauchte Inge in allen Lebenslagen, und wenn das jetzt nicht der rechte Augenblick dafür war.

      Sie nahm Pamelas Hand, und so gingen sie ins Haus hinein. Hannes grinste, blickte seine kleine Schwester an. »Habe ich dir nicht gesagt, dass alles ganz einfach ist? Ich kenne doch meine Eltern. Apropos Eltern, wo ist eigentlich Papa? In seinem Arbeitszimmer?«

      »Nein, obwohl er das Gegenteil versprochen hat, ist er schon wieder überall und nirgends. Er kann es nicht lassen. Und ich habe es mittlerweile aufgegeben, darauf zu hoffen, dass Papa irgendwann einmal kürzertreten wird und endlich mehr Zeit mit mir verbringt. Aber das hat er jetzt davon, er hat diesen wundervollen Augenblick verpasst.«

      Inge blickte verzückt ihre Jüngste an. Sie konnte noch immer nicht fassen, dass sie wieder daheim war, und sie konnte sich an ihr nicht sattsehen, weil sie so wunderschön war.

      »Du bleibst doch, oder?«

      Hannes hatte es ihr zwar zugeflüstert, doch Inge wollte es lieber aus Pamelas Mund hören.

      Pamela lächelte, und Inge hatte das Gefühl, die Sonne ginge auf. Wie sehr sie dieses schöne, warme Lächeln vermisst hatte.

      »Ja, Mama. Ich bleibe. Der Sonnenwinkel ist das aller-, allerschönste Fleckchen Erde auf der ganzen Welt. Ich möchte hier niemals mehr weggehen. Nicht aus dem Sonnenwinkel, niemals von euch. Ich hatte großes Heimweh, und ich habe euch so sehr vermisst. Es war töricht von mir abzuhauen. Doch man ist erst immer hinterher schlauer.«

      Sie strahlte ihre Mutter an.

      »Welch ein Glück, dass du mir diesen Brief geschrieben hast. Ach, Mama, er ist schon ganz zerknittert, weil ich ihn immer wieder lesen musste.«

      Inge hatte verräterische Tränenspuren in ihren Augen, und wer weiß, wie es weitergegangen wäre, hätte Hannes sich nicht eingemischt.

      »Wenn ich wieder weg bin, dann habt ihr Zeit, miteinander zu reden, miteinander zu lachen, zu weinen. Was auch immer, im Augenblick möchte ich auf jeden Fall gern mit euch Kaffee trinken. Und Mama, es ist dir doch recht, dass ich den Kuchen angeschnitten habe, der zum Abkühlen auf der Fensterbank stand, oder? Ich liebe Streusel-Apfel-Kuchen. Unbewusst hast du ja doch etwas für mich getan.«

      Er strahlte seine Mutter an, und Inge wurde das Herz weit. Hannes war ein Sonnenschein, und er war so herrlich unkompliziert.

      Auch wenn es ein ganz besonderer Augenblick war, beinahe so wie Weihnachten, hatte Hannes nicht im Wohnzimmer den Tisch gedeckt, sondern in der Küche. Die war groß, gemütlich, und in ihr stand ein herrlicher alter großer Tisch. Dieser Tisch war der Lebensmittelpunkt der Auerbachs, an ihm wurde gegessen, getrunken, gespielt, diskutiert. Es wurde gelacht und geweint. Hier hatten die Kinder auch schon mal ihre Hausaufgaben gemacht, während ihre Mutter kochte. Hier hatte Inge von einer schlechten Schulnote erfahren, von einer guten Schulnote und von dem Zoff mit der allerbesten Freundin oder dem allerbesten Freund. Es waren schöne Zeiten gewesen, die Inge vermisste und die sie manchmal wehmutsvoll werden ließen.

      Aber es stimmte wirklich – alles hatte seine Zeit.

      Sie setzten sich. Jeder von ihnen hatte seinen angestammten Platz, und niemand käme auf den Gedanken, den jetzt zu wechseln, weil die Zeiten sich geändert hatten.

      Inge trank erst einmal etwas von ihrem Kaffee, und als sie zur Kuchengabel griff, um etwas von dem Kuchen zu essen, da war Hannes bereits bei seinem zweiten Stück.

      Es war schön, ihm zuzusehen, wie er voller Behagen aß, und man konnte sich nur wundern, dass er so schlank war. Doch das kam vermutlich von dem vielen Sport, den er mit Leidenschaft betrieb. Außerdem hatte er die Statur seines Großvaters geerbt. Magnus von Roth konnte auch essen was er wollte, ohne zuzunehmen.

      Ihre Eltern …

      Die wussten ja noch überhaupt nichts von dem, was sie gerade ereignet hatte.

      Noch während Inge überlegte, ob sie ihre Eltern nicht rasch anrufen sollte, ertönte die triumphierende Stimme ihrer Mutter: »Magnus, ich habe mich nicht getäuscht, es ist Hannes.«

      Sie stand im Türrahmen, schaute, dann rief sie verdattert: »Aber das glaube ich jetzt nicht …«

      Sie war unfähig, ihren Satz zu beenden, sie starrte ihre jüngste Enkelin an wie einen Geist, der sich jeden Moment in Luft auflösen konnte.

      Magnus von Roth schob seine Frau beiseite,

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